Was sind die Hintergründe?

Bedeutung der lokalen Öffentlichkeit:
Die Relevanz der lokalen Öffentlichkeit ist unbestritten. Unsere Demokratie lebt von politischer und sozialer Partizipation und Teilhabe kann vor allem vor Ort realisiert werden. Mit den traditionellen Milieus verloren lokale gesellschaftliche Organisationen an Bedeutung und Bindungskraft. Bürger engagieren sich eher spontan, punktuell, auf konkrete Anliegen bezogen und außerhalb etablierter Strukturen. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch neue Teilöffentlichkeiten im Internet. Die lokale Öffentlichkeit ist somit komplexer und beweglicher geworden. Im Zentrum der verschiedenen Teilöffentlichkeiten steht traditionell die lokale Tageszeitung. Sie schafft für den lokalen Raum ein allgemeines öffentliches Forum, sorgt für Thematisierungen, Information, Transparenz, Diskussionen und stimuliert lokales Interesse und Engagement. Allerdings haben die Zeitungen in den letzten Jahrzehnten an Reichweite und Auflage eingebüßt. Sie erhielten Konkurrenz durch Anzeigenblätter und Internetangebote, z.B. Veranstaltungsplattformen oder auch Informations- und Serviceportale. Gerade wegen der Zunahme massenmedial verbreiteter lokaler Informationen gewinnt aber lokaler Journalismus, der recherchiert, Hintergründe erläutert, lokale Entwicklungen kritisch begleitet, kurzum kompetent und umfassend orientiert, an Bedeutung. Hier ist die Zeitung – gedruckt oder im Netz – nach wie vor das wichtigste Medium. Dazu kommen neuerdings professionell gemachte lokal-journalistische Alternativangebote im Internet, die auch als „Hyperlocals“ bezeichnet werden.

Literatur: Krüger, Thomas: Was tragen lokale Öffentlichkeiten zur politischen Partizipation bei. In: Pöttker, Hörst/Vehmeier, Anke (Hrsg.): Das verkannte Ressort. Probleme und Perspektiven des Lokaljournalismus. Wiesbaden 2013, S. 15-24.

Forschungslücke Lokaljournalismus:
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Lokaljournalismus begann in Deutschland Ende der 1960er Jahre. Hintergrund war die fortschreitende Pressekonzentration. Die damals durchgeführten Studien erbrachten zwar kein klares Ergebnis über die Auswirkungen der Pressekonzentration, enthielten jedoch Hinweise auf allgemeine Defizite in der Lokalberichterstattung. Diese Defizite wurden in den 1970er und 1980er Jahren genauer erforscht. Die verschiedenen Untersuchungen stellten dabei immer wieder erhebliche Mängel fest: Die redaktionelle Eigenleistung ist gering, die Quellen der Informationen werden nicht genannt, die Zeitungen sind unkritisch, es gibt nur wenig Hintergrundinformationen, der Einfluss lokaler Eliten ist hoch, nichtorganisierte Bürger kommen kaum zu Wort und das Spektrum an Themen und Darstellungsformen ist eingeschränkt. In den 1990er Jahren stand der lokale Hörfunk im Mittelpunkt der Lokalforschung. Zahlreiche Studien zeigten hier, dass bei den Lokalsendern das journalistische Programm nur eine ungeordnete Rolle spielt und eher weiche Themenbereiche dominieren. Ab Ende der 1990er Jahre geriet das Lokalfernsehen stärker in den Fokus der Forschung. Auch hier zeigte sich zumeist, dass die Informationssendungen einen eher unpolitischen Charakter haben. Vergleichsstudien, die verschiedene lokale Medien einbezogen, kamen einhellig zu dem Ergebnis, dass die Zeitung im Vergleich zu den Funkmedien das lokale Leitmedium darstellt.
Inzwischen sind jedoch im Internet ebenfalls zahlreiche lokale Angebote entstanden, die teilweise professionell betrieben werden, häufig aber auch auf einem Mitmachprinzip beruhen. Diese Angebote sind in Deutschland bisher kaum näher untersucht worden.

Fazit: Es liegen keine aktuellen und umfassenden Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit des wichtigsten Lokalmediums, der Lokalzeitung vor – egal ob es um die gedruckte Zeitung oder um die entsprechenden Internetauftritte geht. Ebenso wissen wir so gut wie nichts über die neuen journalistischen Informationsanbieter im Internet.

Literatur: Jonscher, Norbert: Inhalte und Defizite des lokalen Teils in der deutschen Tagespresse. Inhaltsanalytische Erkenntnisse und Überlegungen zur Verbesserung der örtlichen Berichterstattung von Tageszeitungen in der Bundesrepublik Deutschland.
Göttingen 1989.

Qualitätsforschung:
Seit Mitte der 1990er Jahre wird in Deutschland in verschiedensten gesellschaftlichen Foren über die Qualität der Medien und speziell des Journalismus diskutiert. Grund dafür sind die massiven Strukturumbrüche, die den Medienbereich in den letzten Jahrzehnten geprägt haben. In der Kommunikations- und Medienwissenschaft wurden verschiedene Konzepte zur Messung von Leistung und Qualität entwickelt sowie eine Reihe empirischer Studien durchgeführt. In dem Projekt wird als Basis für die Leistungsmessungen im Lokaljournalismus ein integrativer theoretischer Ansatz verwendet, der im Rahmen einen DFG-Projekts zur Qualität von Tageszeitungen aus Publikumssicht entwickelt wurde. Bei diesem Ansatz wurden verschiedene theoretische Begründungsstränge in einem Konzept verknüpft, bei dem zwischen einer funktional-systemorientierten, einer normativ-demokratieorientierten und einer nutzerbezogen-handlungsorientierten Perspektive unterschieden wird. Kurz umrissen ist in der funktionalsystemorientierten Perspektive die historisch entstandene gesellschaftliche Funktion des Journalismus der Ausgangspunkt. Davon werden zentrale Qualitätskriterien abgeleitet wie Vielfalt, Aktualität, Relevanz, Zugänglichkeit, Glaubwürdigkeit, Recherche oder Kritik. Viele dieser Kriterien sind auch in Gesetzen oder Ethikkodizes enthalten, wobei sie hier über das Konstrukt „öffentliche Aufgabe“ mit gesellschaftlichen Werten verbunden und semantisch aufgeladen werden (normativ-demokratieorientierte Ebene). In rechtlichen Regelungen werden vor allem „Objektivitätskriterien“ wie die Unparteilichkeit betont, was mit den Anforderungen der Politik in einer Konkurrenzdemokratie mit oligopolartiger Medienstruktur zusammenhängt. Journalistische Angebote müssen weiter so konfiguriert sein, dass sie vom Publikum gerne genutzt werden und es etwas mit ihnen anfangen kann. Deshalb sind die Unterhaltsamkeit/Originalität sowie der Bezug zur Lebenswelt weitere wichtige Qualitäten (nutzerbezogen-handlungsorientierte Ebene). Für das Projekt werden diese Kriterien für den konkreten Untersuchungsgegenstand spezifiziert und ergänzt werden.

Literatur: Arnold, Klaus: Qualitätsjournalismus. Die Zeitung und ihr Publikum. Konstanz 2009.