Veranstaltungsbericht - Das Phänomen eSport in rechtlicher Hinsicht

Das Thema eSports gewann in den letzten Jahren an immer größerer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung, sodass auch rechtspolitische und juristische Diskussionen zu diversen Problematiken entstanden. Dies nahm das Institut für Rechtspolitik zum Anlass, am Donnerstag, den 4. Februar 2021, erstmals ein digitales Rechtspolitisches Kolloquium mit dem Titel: „Das Phänomen eSports in rechtlicher Hinsicht“ zu veranstalten.

Herr Prof. Dr. Raab stellte nach einer kurzen Begrüßung Herrn Prof. Dr. Martin Maties vor, dessen Vortrag gefolgt von einer Diskussion, den inhaltlichen Schwerpunkt der Veranstaltung darstellte. Obwohl er sich selbst, wie er betont, ebenfalls noch als Lernender in dem sich ständig weiterentwickelnden Gebiet des eSports betrachtet, verfügt Prof. Dr. Maties als Leiter der Forschungsstelle für eSport-Recht an der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg über eine fundierte Expertise. Denn, was allen Zuhörern sofort ins Bewusstsein gerufen wurde, eSport-Recht lässt sich keineswegs in nur ein klassisches Rechtsgebiet wie das Öffentliche Recht oder das Zivilrecht einordnen. Ganz im Gegenteil finden sich unterschiedlichste Problemstellungen in vielfältiger Form in verschiedenen Zweigen des Rechts wieder.

So stellte Prof. Dr. Maties zu Beginn einige Schlagzeilen, die den eSport betreffen, vor (Beispielhaft: „Im E-Sport gibt es jetzt einen achtjährigen Fortnite-Profi“). Dabei rückten vor allem die teils enormen Summen, die eSportler bei Wettkämpfen gewinnen können, und der wachsende Markt bezüglich der Zuschauer und der Streamingdienste, die das Zuschauen vereinfachen, in den Fokus. Wie in herkömmlichen Sportarten, spielt innerhalb des eSports das Sponsoring eine große Rolle. Prof. Dr. Maties erläuterte beispielhaft, wie Sponsoren einzelnen Teams die Teilnahme an Wettkämpfen, bei denen Videospiele, die kriegerische Kämpfe zum Inhalt hatten, verboten oder verweigert haben, weil sie mit dieser Art von Gewaltdarstellung nicht in Verbindung gebracht werden wollten. Viele Teams waren dadurch gezwungen, die Teilnahme an solchen Wettkämpfen auszusetzen.

Eine besonders mächtige Stellung hat laut Prof. Dr. Maties der „Publisher“ eines Spiels inne. Dieser lässt Spiele entweder unter seinem Namen entwickeln oder ist selbst für die Programmierung und Veröffentlichung verantwortlich. Dabei verfügt er über alle Rechte des Spiels. Dazu gehören der Verkauf einzelner Lizenzen, damit Wettkämpfe sowie deren Streaming kontrolliert werden können, Entscheidungen über die Preishöhe der Lizenzen, Bestimmungen über die Verfügbarkeit einzelner In-App-Käufe und vieles mehr. Hierbei entsteht eine oft künstlich geschaffene Knappheit, die den Gegenwert einer Sache pusht (in die Höhe treiben). Ein Publisher kann mitunter negativ auffallende, professionelle Spieler von seinem Spiel bannen (ausschließen) und sie damit berufsunfähig machen, da sich eine „Umschulung“ auf ein neues Spiel als zu zeitaufwändig und schwierig erweist. Diese Art der Monopolstellung des Publishers ist rechtlich gesehen neu und bedarf weiterer Aufbereitung.

Strafrechtlich bedeutsam ist ein Phänomen, bei dem virtuelle Bilder von Fußballspielern nach dem Zufallsprinzip geöffnet und gesammelt werden („Fifa Ultimate Team“). Dabei ist ein Markt entstanden, innerhalb dessen diese Bilder gewinnbringend gehandelt werden. Durch diesen Handel könnte der Tatbestand des illegalen Glückspiels erfüllt werden. Zivilrechtlich zeigte er das Beispiel der sogenannten In-Game-Käufe auf. Bei einem solchen Kauf erwerben Spieler innerhalb eines Videospiels durch einen Kaufvertrag ein relatives Recht, welches sie nur innerhalb des Spiels nutzen können, wie beispielsweise einen Kleidungsartikel (sogenannte „Skins“) für ihren virtuellen Avatar. Problematisch ist hierbei, dass der Inhaber dieses Rechts davon nicht mehr profitieren kann, wenn das Spiel vom Markt genommen wird. Hinzu kommt, dass solche relativen Rechte häufig von Minderjährigen erworben werden. Hier stellt sich die Frage nach der Rückabwicklung des Erworbenen, wenn der Kaufvertrag unwirksam sein sollte.

Prof. Dr. Maties betonte durch seinen Vortrag, welche ausgeprägten Fähigkeiten ein eSportler haben muss. So bedarf es einer präzisen Augen-Hand-Koordination, da zur Reaktion in den Spielen extrem viele Klicks pro Minute von den Spielern gemacht werden müssten und das Ergebnis wenig von Glück abhänge. Der eSport sei durchaus mit herkömmlichen Sportarten vergleichbar. Deshalb fordert er eine breite Anerkennung und Gleichstellung des eSports. Zukünftig sollte zusätzlich besonders an der steuerrechtlichen Klarheit für Vereine, die eSport betreiben möchten, gearbeitet werden und Überlegungen hinsichtlich der Frage, ob professionelle Spieler ein Persönlichkeitsrecht bzw. einen Schutz ihrer digitalen Identität erhalten sollen, angestellt werden.

Auf den breitgefächerten und sehr informativen Vortrag von Prof. Dr. Maties folgte eine Diskussionsrunde, geleitet von Prof. Dr. Raab. Sowohl Studierende als auch wissenschaftliche Mitarbeiterinnen, Professorinnen, Rechtsanwältinnen für eSport-Recht, als auch eSportlerinnen hatten viele Fragen an Prof. Dr. Maties, die von Vereins- und Verbandsrecht über Datenschutzrecht, Zivilrecht, Arbeitsrecht, Strafrecht und andere Rechtsgebiete reichten. So beantwortete und erläuterte Prof. Dr. Maties die Fragen nicht nur aus wissenschaftlich-theoretischer Perspektive, wodurch aufgezeigt wurde wie einzelne Problemfelder rechtlich analysiert und eingeordnet wurden. Vielmehr konnte Prof. Dr. Maties darüber hinaus auch alltagsrelevante Fragen klären, die beispielsweise bezüglich der Darlegung der „Gemeinnützigkeit“ eines eSport-Vereins entstehen oder zum „Abwerben“ von Sportlern durch größere Vereine.

Mit seinem Vortrag und der anschließenden Diskussion hat Prof. Dr. Maties nicht nur rechtliche Problemfelder erläutert, sondern auch bei allen Zuhörern Interesse und Aufmerksamkeit für rechtliche Fragestellungen im eSport wecken können. Dies bietet mit Sicherheit das Potenzial für eine Fortführung der Zusammenarbeit mit dem Institut für Rechtspolitik.

 

Interessierte finden nachstehend eine Liste mit weiterführender Literatur.