Lehrkonzept

Lehre bedeutet für mich zunächst ganz klassisch Vermittlung von Wissen und Kompetenz. Wichtig ist mir dabei aber auch Metawissen und Verständnis für die zugrundeliegende Lehrstrategie und Methodik zu vermitteln. Im Sinne der Selbst-Determinations-Theorie von Ryan und Deci (2000) kann man Lehre als autonomiefördernde soziale Unterstützung begreifen. Diese fördert die intrinsische Motivation und das Erleben von Kontrolle im Prozess einer gemeinsamen Lernerfahrung, die zu einer Emanzipation des Schülers beiträgt. Lernen führt aus dieser Perspektive nicht zu einem unanfechtbaren Status als Experte:in, sondern bedeutet, eigene Stärken selbstbewusst zu vertreten, aber auch Problembewusstsein zu entwickeln und die Fähigkeit sich konstruktiv zu hinterfragen. Im Idealfall entsteht so die Fähigkeit zur eigenverantwortlichen Weiterentwicklung auch über das unmittelbare Lehrangebote hinaus unter Nutzung des vermittelten Metawissens und den formalen Stützen der Wissenschaftlichkeit als qualitätssichernde Elemente. Die intensive Auseinandersetzung im direkten Kontakt empfinde ich dabei als unverzichtbar.

In der praktischen Umsetzung sehe ich Potenzial in der Integration innovativer Lehrkonzepte in den Kanon traditioneller Lehrformate, wie z.B. von Reinmann-Rothmeier, G. & Mandl, H. (1998) formuliert:
„Lernen für und durch die Lebenswirklichkeit; Selbstbestimmtes und selbstreguliertes Lernen. […] lehrerunabhängige Lernmotivation, lehrerunabhängige Lerninstruktion […] vom individuellen zum kooperativen Lernen, von der Systematik zum situativen Kontext […] "Von der Belehrung zur Herausforderung" oder "Von der passiven Wissensvermittlung zur aktiven Wissenskonstruktion" (sog. Konstruktivismus)“ mit den Komponenten: „1) Selbststeuerung und lebenslanges Lernen […] 2) Kooperation: Förderung der Teamfähigkeit. 3) Problemlösen: Erwerb spezifischer Problemlösefähigkeiten. 4) Authentische Lernumgebung: Anwendungsbezug, Prozeduralisierung.“
Die Möglichkeiten digitaler Formate (digitaler Kursraum; Chat und Diskussionsforen; Online-Tools zur Diskussion und (Meinungs-)Abstimmung; Abgabe von Seminararbeiten in Form von Webseite, Video, oder Podcast) nutze ich bereits seit einigen Jahren und habe diese durchaus als Bereicherung erlebt. Die aus der Not entstandene Umstellung auf rein digitale Lehre im letzten Jahr, stark geprägt durch die Nutzung von Videokonferenzen und Streaming von Lehrvideos, zeigt hier aber deutliche Grenzen auf. Dennoch ist es positiv überraschend was mit engagierten Studierenden möglich ist.
Weiterhin kann der Prozess des Wissenserwerbs meiner Ansicht nach nicht isoliert von einer bewussten Reflektion der damit verbundenen Verantwortung passieren, insbesondere, wenn dieses Wissen unmittelbar den Umgang mit Menschen betrifft. Ich möchte daher immer zur kritischen Auseinandersetzung mit Inhalten auch vor dem Hintergrund eigener Werte und Haltungen anregen.

Dabei nutze ich z.B. Techniken des aktiven Zuhörens um Sender-Empfänger Interferenzen zu reduzieren, und gehe in den aktiven Dialog um die Pluralität von Sichtweisen auf ein Thema am hohen Standard der Wissenschaftlichkeit mit Ihren Kriterien der Reliabilität, Validität, Objektivität und Evidenz-Orientierung zu schärfen, ohne deren Grenzen zu verschweigen. Ziel ist es dabei diesen Standard zu vermitteln, ihn dabei aber auch mit dem eigenen Wertekanon in Beziehung zu setzen, um eine eigenen Haltung zu entwickeln und diese bewusst und damit explizit diskutierbar zu machen. Meine eigene Grundhaltung orientiert sich an zentralen Werten der Psychotherapie: Wertschätzung, Empathie, Echtheit, Transparenz und der Betonung von Evidenz gegenüber „Eminenz“.

Literatur
Edward L. Deci, & Richard M. Ryan (2008): Self-Determination Theory: A Macrotheory of Human Motivation, Development, and Health, S. 183. In: Canadian Psychology 49, 182–185.
Reinmann-Rothmeier, G. & Mandl, H. (1998). Wissensvermittlung. Ansätze zur Förderung des Wissenserwerbs. Enzyklopädie der Psychologie. Kognition Bd. 6: Wissen. Göttingen. Hogrefe.