TP 2 (Digitale Edition / Romanistik): LOD für die editorische Erschließung Ärzteliteratur der frühen Neuzeit mit Fokus auf Botanik und Medizin (Bamberg, Gernert, Moulin)

Im vorliegenden Teilprojekt interessiert besonders im Rahmen der frühneuzeitlichen medizinischen Fachprosa neben der medizinischen Fachterminologie auch die Botanik, die damals wie heute eine lexikographische Herausforderung darstellt. Das Teilprojekt exploriert Textensembles der frühen Neuzeit aus Romania und Germania, die in einem europäischen Kontext von Bedeutung sind. Bereich Romanistik: Eine der zentralen Dioskorides-Übersetzungen in Spanien, die noch nicht modern ediert ist und im 16. Jahrhundert ein Bestseller war, fügt in den Originaltext an verschiedenen Stellen amüsante Anekdoten ein, die das Werk für literaturwissenschaftliche und linguistische Fragestellungen interessant machen (vgl. zur mittelalterlichen Überlieferung: dioscorides.usal.es/). Insbesondere zu verfolgen wäre etwa, wie die Pflanzennamen, die auch in literarischen Texten wichtig sind, in die unterschiedlichen romanischen Sprachen übersetzt worden sind; welche Rolle die "deutschen Väter der Botanik", die als Protestanten in der katholischen Welt verboten waren, rezipiert worden sind. Eine Übersetzung von Leonhart Fuchs (1501-1566) stammt von einem gewissen Juan de Jarava, einem interessanten Autor, der auch in der Wissenschaftlichen Bibliothek der Stadt Trier vertreten ist und der zu edieren wäre. Ebenfalls relevant ist, die frühneuzeitlichen Arzt-Schriftsteller mit ihrem literarischen und wissenschaftlichen Werk in einer Datenbank zu erfassen und ggf. mit Editionen zu verbinden (vgl. Projekt ‘Frühneuzeitliche Ärztebriefe des deutschsprachigen Raums (1500-1700)’, Würzburg). Bereich Germanistik: Das medizinische Traktat Der Swangern Frauwen und hebammen Rosegarten des Apothekers und Arztes Eucharius Rösslin der Ältere erschien zuerst im Jahr 1513 in Straßburg. In viele europäische Sprachen übersetzt sowie vielfach aufgelegt, war die Schrift bis weit ins 17. Jahrhundert eines der weitest verbreiteten und zentralen gynäkologisch-obstetrischen Referenzwerke im europäischen Kulturraum: Das Rösslin’sche Traktat verbreitete sich rasch über ganz Europa. Ausgehend von der lateinischen Fassung, die auch außerhalb des deutschsprachigen Raumes gedruckt wurde, wurde das Werk rasch in weitere europäische Sprachen (etwa ins Französische, Italienische, Englische und Polnische übersetzt) übersetzt. Von der deutschen Fassung ausgehend wurden Drucke auf Tschechisch (1519), auf Niederländisch (1528) sowie u. a. handschriftliche Übertragungen der Druckfassung ins Dänische und Niederdeutsche angefertigt. Insgesamt gibt es über hundert Druckausgaben; hinzu kommt eine kleine handschriftliche, auf der Druckfassung beruhende Überlieferung, die ebenfalls für linguistische Fragestellungen von Interesse ist. Neben medizinisch-obstretischem Wortschatz überliefert das Werk auch botanisches Wissen, zum Teil in Wörterlisten. Erste Vorarbeiten zum Erschließen des Textes (ausgehend von der handschriftlichen Überlieferung sowie der editio princeps 1513) sind bereits am TCDH gemacht worden, u.a. liegen diese frühen Quellen bereits als digitale Transkriptionen vor. Ziel dieses Teilprojekts ist es, ein kontrolliertes, auf Grundlage der bereits vorhandenen Wortlisten und speziell für die Themenbereiche Medizin und Botanik entwickeltes Schlagwortsystem, wie es sich aus den genannten Werken extrahieren lässt, zu erarbeiten und dieses erstmals als LOD zu modellieren.

Team

  • Dr. Claudia Bamberg
  • Prof. Dr. Folke Gernert
  • Prof. Dr. Claudine Moulin
  • Dr. Hannah Schlimpen

Literaturhinweise

  • Claudine Moulin: “Textwandlungen – Eucharius Rösslin, Der Swangern Frauwen und hebammen Rosegarten als sprachhistorische Quelle”, in: Luise Czajkowski, Sabrina Ulbrich-Bösch, Christina Waldvogel (Hg.): Sprachwandel im Deutschen. Berlin/Boston: De Gruyter 2018, 319-336. 

Vorträge 

  • Folke Gernert, Hannah Schlimpen: “La botánica dialogada en Nicolás Monardes y otros médicos altomodernos”, IX Congreso Internacional de la SEMYR (Sociedad de Estudios Medievales y Renacentistas). Madrid, 5. September 2025.
  • Claudine Moulin: “Annotationen: Theoretische und praktische Implikationen”, Workshop Annotationen als Forschungsfeld. Praktiken - Materialität - Kontexte. Universität Kassel, 22. Juli 2025.
  • Folke Gernert: “Ce gentil humeur, pere d'invention. René Bretonnayau et l'atrabile à la lumière des publications contemporaines sur la mélancholie”. Colloque International René Bretonnayau. Un médecin poète au seuil de la modernité. Montpellier, 22. Nov. 2024.
  • Folke Gernert: “Contagious cancer. The efficacy of a metaphor in 16th century Spain bridging biblical imagery and medical discourse”. International Conference Social Diseases. Heresy, Sedition and Political Pathologies in the XVIth century. Bernkastel-Kues, 8. Nov. 2024.
  • Folke Gernert: “La disidencia de los médicos y la lectura como fármaco”. Congreso Internacional Disenso y disidencia en la España del siglo XVI: la vigilancia de la ideas político-religiosas. Napoli, L'Orientale, 3. Dec. 2024. Maria Hinzmann, “Atomizing Literary History in the Linked Open Data Paradigm”, Workshop Modeling Literary History, 06. Nov. 2024, Würzburg.
  • Folke Gernert: “Luciano y las plantas. Formas de ficcionalización de saberes botánicos”. Seminar Ciencia y literatura entre los siglos XVI y XVII. Madrid, Universidad Complutense, 16. Sept. 2024.

Publikationen