Arbeits- und Organisationssoziologie

Die Arbeits- und Organisationssoziologie untersucht zwei Fragen, die nur schwerlich voneinander getrennt werden können: Wie prägen Arbeitszusammenhänge und ihre Organisation heutige Gesellschaften? Und: Wie werden heutige Arbeitszusammenhänge und ihre Organisation zugleich von gesellschaftlichen Dynamiken geprägt? Im Zentrum steht ein Verstehen und Erklären der alltäglichen Organisation des Zusammenarbeitens vor dem Hintergrund organisationaler Koordination bzw. der Kooperation oder des Konfliktes zwischen Organisationen, das immer auch Aussagen über gesamtgesellschaftliche Tendenzen mit einbezieht und umfasst.

Das Forschungsprofil der Professur kombiniert ein sozialtheoretisches Interesse an neuartigen Formen kollektiver Handlungsfähigkeit in organisierten Arbeitszusammenhängen mit einem empirischen Interesse an Integrationsarbeit und Energiewende als Kontexten, an die gesellschaftlich eine starke Kooperationserwartung gerichtet wird. Die Forschungen haben vier Schwerpunkte:

1. Typen sozialer Ordnung und neue Formen kollektiven Handelns

Im Zentrum der sozialtheoretischen Grundlagenforschung steht die Verfeinerung einer abstrakten Heuristik zur vergleichenden Analyse kollektiven Handelns. Bedeutsam ist dabei eine graduelle Konzeption, die keine stabilisierten Kollektivakteure voraussetzt. Untersucht werden subtile, mitunter situativ erst entstehende Formen kollektiven Handelns in Relation zu dauerhafteren Formen. In diesem Schwerpunkt untersuchen wir Mischformen bekannter Ordnungen bzw. das Entstehen neuartiger Ordnungen in „neuen“ Kollektiven im Anschluss an die interdisziplinäre Governanceforschung. Gemeinsam mit Kathia Serrano Velarde (Heidelberg) und Ingo Bode (Kassel) wird etwa analysiert, welche Mischformen aus staatlichen Organisationen, Netzwerken, sozialen Bewegungen und weiteren Governances staatliche Handlungsfähigkeit in Krisen ermöglichen.

2. Governance der Transformationsfelder Energieversorgung und Integrationsarbeit

Als Transformationsfelder bezeichnen wir Formen der Ordnungsbildung zwischen hochgradig heterogenen Instanzen (bspw. von Aktivist*innen, Initiativen, Gruppen, Unternehmungen, Netzwerken, Parteien, NGOs und Verwaltungsorganisationen), die sich wechselseitig als relevant für die umfassende Wandlung eines Modells der Daseinsfürsorge anerkennen. Diese Felder bilden sich quer zu den klassischen Funktionsbereichen und fungieren als Ordnungsrahmen ihrer Re-Integration. In diesem Schwerpunktbereich analysieren wir, was diese Form der Ordnungsbildung für die Praxis des organisierten Zusammenarbeitens und für die aktive Gestaltung gesamtgesellschaftlicher Wertkomplexe durch Geflechte von Organisationen bedeutet. Vergleichend untersucht werden die Transformationsfelder der Integration von Migrant*innen und der Energieversorgung.

3. Robuste Innovation in interorganisationalen Forschungsnetzwerken zur Energiewende

Im Zentrum dieses Forschungsbereiches steht das Konzept der „Robustheit“ interorganisationaler Innovationsnetzwerke (Ferrary/Granovetter 2009) in der interdisziplinären Grundlagenforschung zur Energiewende. Robustheit bedeutet das wiederkehrende Produzieren von Innovation unter beständigem Wandel von Umweltbedingungen und internen Strukturen eines Netzwerkes. Hierbei interessieren wir uns insbesondere für die Konstellationen sozialer Praktiken im Zusammenspiel mit Akteurs- und Ordnungskonstellationen, die das Aufrechterhalten des Innovierens im Wandel ermöglichen. Angewendet werden dabei standardisierte Netzwerkanalysen als Teil von Mixed-Methods-Designs.

4. Einfluss der Digitalisierung auf Arbeitskritik und Produktion der Daseinsfürsorge

Digitalisierung ist ein Prozess im Werden und die konfrontierten Akteure nehmen ihn nicht passiv hin, sondern reflexiv-kritisch auf und formen ihn. Wir untersuchen, welche Vorstellungen und Rahmungen einer digitalisierten Arbeitswelt diese Aufnahme in kleinen Sozialunternehmen des ländlichen Raums und globalen Onlineprotestformen informieren.