Vom Recht und von den Juristen

"Wer sich bemüht, das Recht zu erlernen, muss zunächst wissen, woher der Name "Recht" [ius] stammt. Es ist nach der Gerechtigkeit [iustitia] so genannt worden. Denn, wie Celsus so schön definiert, das Recht ist die Kunst des Guten und Billigen [ars boni et aequi]. ... Um deswillen könnte man uns (Juristen) Priester nennen: Denn wir dienen der Gerechtigkeit, und wir widmen uns der Verkündung des Guten und Billigen, indem wir Billiges und Unbilliges scheiden, indem wir Erlaubtes und Unerlaubtes trennen, ... Gerechtigkeit ist der unwandelbare und dauerhafte Wille, jedem sein Recht zu gewähren. Die Regeln des Rechts sind die folgenden: ehrbar leben, andere nicht verletzen, jedem das Seine zubilligen." (Ulpian, Dig. 1.1.1., 1.1.10 [ca. 200 n.Chr.])

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"Ein Richter, der ein gerechtes Urteil fällt, ist gleichsam ein Mitarbeiter Gottes am Schöpfungswerk." (Talmud)

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 "Denn das Recht ist nichts anderes als die in der staatlichen Gemeinschaft herrschende Ordnung, und eben dieses Recht ist es auch, das darüber entscheidet, was gerecht ist." (Aristoteles)

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 "Ein Gesetz ist nichts anderes als eine Vorschrift der praktischen Vernunft, festgelegt durch den Herrscher, der eine vollkommene Gemeinschaft regiert [...] Im Begriff des Gesetzes ist erstens eingeschlossen, dass es vom natürlichen Gesetz abgeleitet ist; zweitens, dass es auf das allgemeine Gute gerichtet ist; und drittens, dass es von demjenigen festgelegt wird, der die staatliche Gemeinschaft regiert." (Thomas von Aquin [1225-1274], Summa theologica)

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"Das Studium der Rechtswissenschaft ist das herrlichste." (Goethe, These 41 der Disputation, 1771)

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"Es erben sich Gesetz und Rechte / wie eine ew'ge Krankheit fort; / sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte / und rücken sacht von Ort zu Ort. / Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage; / weh dir, dass du ein Enkel bist! / Vom Rechte, das mit uns geboren ist, / von dem ist leider! nie die Frage." - Goethe, Faust I (Mephistopheles)

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"Recht ist [...] der Inbegriff derjenigen Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit zusammen vereinigt werden kann." (Immanuel Kant, Metaphysik der Sitten, 1797, Einleitung in die Rechtslehre)

"Es kann sich niemand für praktisch bewandert in einer Wissenschaft ausgeben und doch die Theorie verachten, ohne sich bloß zu geben, daß er in seinem Fach ein Ignorant sei." (Immanuel Kant, Abhandlung über den Spruch: Das mag zwar in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis)

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"Das Gesetz ist das Eigentum einer unbedeutenden Klasse von Vornehmen und Gelehrten, die sich durch ihr eigenes Machwerk die Herrschaft zuspricht. Diese Gerechtigkeit ist nur ein Mittel, euch in Ordnung zu halten, damit man Euch bequemer schinde; sie spricht nach Gesetzen, die ihr nicht versteht, nach Grundsätzen, von denen ihr nichts wisst, Urteile, von denen ihr nichts begreift." (Georg Büchner, Dantons Tod)

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"Ich studierte also Jus. Das bedeutete, dass ich mich in den paar Monaten vor den Prüfungen unter reichlicher Mitnahme der Nerven geistig förmlich von Holzmehl nährte, das mir überdies schon von tausenden Mäulern vorgekaut war. Aber in gewissem Sinn schmeckte mir das gerade, ..." (Franz Kafka, Brief an den Vater, 1919)

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a) "Für den Richter ist es Berufspflicht, den Geltungswillen des Gesetzes zur Geltung zu bringen, das eigene Rechtsgefühl dem autoritativen Gesetzesbefehl zu opfern, nur zu fragen, was rechtens ist, und niemals, ob es auch gerecht sei." (Gustav Radbruch, Rechtsphilosophie [1932])
b) "Der Rechtsbegriff kann nicht anders bestimmt werden denn als die Gegebenheit, die den Sinn hat, die Rechtsidee zu verwirklichen. Recht kann ungerecht sein ..., aber es ist Recht nur, weil es den Sinn hat, gerecht zu sein. ... Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, dass das positive, durch Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, dass der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, dass das Gesetz als 'unrichtiges Recht' der Gerechtigkeit zu weichen hat." (Gustav Radbruch, Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht [1946]).

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"Natürlich achte ich das Recht! Aber auch mit dem Recht darf man nicht so pingelig sein." (Konrad Adenauer)

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„Die Rechtswissenschaften bringen mich um, verblöden und lähmen mich, es ist mir unmöglich, dafür zu arbeiten. Wenn ich drei Stunden meine Nase in das Gesetzbuch gesteckt habe, während derer ich nichts begriffen habe, ist es mir unmöglich, noch weiter fortzufahren. Ich würde sonst Selbstmord begehen (was sehr betrüblich wäre, denn ich berechtige zu den schönsten Hoffnungen). Wie dem auch sei, ich scheiße auf die Rechtswissenschaften. Das ist mein 'Delenda Carthago'." ... "Das Studium der Rechte verbittert meinen Charakter in höchstem Maße: Ich knurre unaufhörlich, wettere, murre und brumme sogar gegen mich selbst und auch wenn ich ganz allein bin. Vorgesternabend hätte ich hundert Francs (die ich nicht besaß) darum gegeben, wenn ich irgend jemand eine Tracht Prügel hätte verabreichen können." und: „Zahnschmerzen sind noch gar nichts, und die Tränen, die mir bei den schlimmsten Anfällen in die Augen kommen, sind nicht mit den furchtbaren Krämpfen zu vergleichen, die mir diese reizende Wissenschaft verursacht, die ich studiere." (Gustave Flaubert, 1842 = kurz vor dem Abbruch seines Jura-Studiums!)

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"Wen von den praktischen Juristen überfällt nicht manchmal das tiefe Gefühl der Leere und des Ungenügenden seiner Beschäftigung? ... Die heilige Justizia ist noch bis heute der Gegenstand des Spottes im Volke; und selbst der Gebildete, auch wenn er im Rechte ist, fürchtet, in ihre Hände zu geraten. ... Welche Masse von Gesetzen, und doch, wie viele Lücken! Welches Heer von Beamten, und doch, welche Langsamkeit der Rechtspflege! Welcher Aufwand von Studien, von Gelehrsamkeit, und doch, welches Schwanken, welche Unsicherheit in Theorie und Praxis. ... Die Nachteile des positiven Gesetzes für das natürliche Recht sind allbekannt, ...der Inhalt des positiven Gesetzes (enthält) neben dem Wahren auch genug des Unwahren. ... Das positive Gesetz ist in seiner letzten Bestimmtheit bare Willkür. ... Das positive Gesetz ist endlich die willenlose, allzeit bereite Waffe, nicht minder für die Weisheit des Gesetzgebers wie für die Leidenschaft des Despoten. ... Die Juristen sind durch das positive Gesetz zu Würmern geworden, die nur von dem faulen Holz leben; von dem gesunden sich abwendend, ist es nur das kranke, in dem sie nisten und weben. Indem die Wissenschaft das Zufällige zu ihrem Gegenstand macht, wird sie selbst zur Zufälligkeit; drei berichtigende Worte des Gesetzgebers und ganze Bibliotheken werden zur Makulatur. ... Der äußere Gang des Prozesses ist wie dazu geschaffen, diese Ansicht zu unterstützen. Selbst der Richter, der Gelehrte wissen nicht unmittelbar, was in dem vorgelegten Falle rechtens ist. Erst müssen dicke Gesetzbücher, staubige Kommentare nachgeschlagen werden ... Was mit Scharfsinn und Gelehrsamkeit in erster Instanz als das Wahre künstlich bewiesen ist, das wird mit gleichem Scharfsinn und gleicher Gelehrsamkeit in zweiter Instanz als das Unwahre bewiesen, und ein Glück, wenn in dritter Instanz die Wahrheit sich nicht nochmals verkehrt ... Die Rechtspflege ist durch die Wissenschaft zum Glücksspiel geworden; nebenbei führt niedrige Leidenschaft durch sie einen kleinen Krieg, weil der Frieden einen größeren ihr unmöglich macht." (Julius von Kirchmann, Die Wertlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft [1847])

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 "Das Studium des Rechts ist schmutzig und gewinnsüchtig, denn sein letzter Zweck ist Geld; man studiert die Rechte nicht zur Ergötzung und um der Kenntnis der Dinge willen. ... Ein Jurist, der nicht mehr ist als nur ein Jurist, ist ein arm Ding." (Martin Luther)

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"Je tiefer die Erkenntnisse eines Juristen sind, und je länger er sich dem Studium der Rechtswissenschaften widmet, umso stärker werden seine Hemmungen gegenüber der so einfachen Frage: 'Was ist das Recht'?" (Sir Frederick Pollock)

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"Es ist mit der Jurisprudenz wie mit dem Bier; das erste Mal schaudert man, doch hat man's einmal getrunken, kann man's nicht mehr lassen." (Johann Wolfgang Goethe)

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"Keinem jungen Juristen bleibt der innere Kampf mit seiner Wissenschaft erspart, und es sind nicht die schlechtesten unter ihnen, die durch eine Periode geradezu des Abscheus vor ihrem Beruf hindurch müssen." ... "Denn ein guter Jurist kann nur der werden, der mit einem schlechten Gewissen Jurist ist." ... "Gerade jener jugendliche Ringkampf mit der Jurisprudenz hat sich für meine spätere juristische Produktion fruchtbar erwiesen: nur weil ich an mir selbst alle Schwierigkeiten und Widerstände erlebt hatte, welche die Jurisprudenz jungen Menschen bereitet, konnte ich ein Buch schreiben, das dann so zahlreichen jungen Juristen als erste Einführung in die Rechtswissenschaft gedient hat. Nur durch Erfahrungen an der eigenen Seele konnte ich die Antinomien und Paradoxien des Rechts so herausarbeiten, wie es in meiner 'Rechtsphilosophie' geschehen ist." (Gustav Radbruch)

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"Die Juristenausbildung gleicht der Dressur von Zirkusflöhen. Die werden in einer Zigarrenkiste gehalten, auf die man eine Glasscheibe legt. Das wiederholt sich in immer niederen Kisten: hohes Hüpfen wird dem Tierchen abgewöhnt; schließlich kriechen die Flöhe nur noch, auch wenn sie über sich keine Glasscheibe mehr haben. Dieser Effekt ist etwa zum Zeitpunkt des Assessorexamens erreicht." (Klaus Eschen)

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"Juristen haben keine Freunde, Juristen haben Bücher. In riesigen Bibliotheken leben und schlafen sie, den Kopf gebettet auf ein Buch, neben ihnen weitere Stapel Literatur mit seltsamen Beschriftungen wie 'Inhalt und Funktion des Handlungsunwerts im Rahmen der personalen Unrechtslehre'." (DIE ZEIT)

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"Sweetheart, you don't need law school. Law school is for people who are boring and ugly and serious. And you are none of those things." (Elles Vater, in: Legally Blonde, Hollywood 2001)


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Sie sind nicht allein ...

  

Zahlen zum Jurastudium in Deutschland (2021/22, gerundet)

 

90.000

Studierende (Hauptfach Rechtswissenschaft an Universitäten)

55.000

- davon weiblich

20.000- Studierende BA und Nebenfach

20.000

Studienanfänger p.a.  (Hauptfach Rechtswissenschaft an Universitäten)

41

juristische Fachbereiche

820

Professoren (ohne Juniorprofessoren)

1.500

Wissenschaftliche Mitarbeiter

10.000

Teilnehmer des 1. jur. Examens p.a.

8.000

- davon erfolgreich

2.500

- davon mit gutem Erfolg (Gesamtnote ab vollbefriedigend)

11

durchschnittliche Studiendauer bei erfolgreichem Abschluss des 1. jur. Examens in Semestern (Median)

26,7

Durchschnittsalter bei erfolgreichem Abschluss des 1. jur. Examens

8.000

Teilnehmer des 2. jur. Examens p.a.

7.000

- davon erfolgreich

1.500

- davon mit gutem Erfolg (ab vollbefriedigend)

1.400

abgeschlossene Promotionen p.a.

600- davon weiblich
30abgeschlossenene Habilitationen p.a.
 

Zahlen zum Jurastudium in Trier (2018)

 

1.800

Studierende (Hauptfach Rechtswissenschaft)

1.050

- davon weiblich

800

- davon aus Rheinland-Pfalz

19

Professoren

29

Wissenschaftliche Mitarbeiter

250

Absolventen des 1. jur. Examens p.a.

200

- davon erfolgreich

30

- davon mit gutem Erfolg (ab vollbefriedigend)

11

durchschnittliche Studiendauer in Semestern (Median)

25

erfolgreiche Doktoranden p.a.

 

Zahlen zu den  juristischen Berufen (1.1.2022)

 

160.000

zugelassene Rechtsanwälte (mit Syndikus-RAe, Anwaltsnotare)

60.000- davon weiblich

70.000

- zugelassene Rechtsanwälte 1994 (zum Vergleich)

35.000

Verwaltungsjuristen

40.000

Wirtschaftsjuristen (inkl. Syndikus-RAe)

20.500

Richter

5.500

Staatsanwälte

1.600

Notare

ca. 260.000

Erwerbstätige in juristischen Berufen insgesamt

ca. 5.000

Erwerbslose mit rechtswissenschaftlichem Abschluss

  
 (alle Angaben m+w+d)