Simulationsbasierte Entscheidungsunterstützungen zur Gestaltung der Pflege

Steigende Nachfrage von Pflegedienstleistungen sowie der aktuell herrschende Fachkräftemangel führen zum Umdenken für verschiedene Aspekte der Leistungserbringung. Auch die teilweise unklare Entwicklung dieses Zustands und die damit verbundenen Auswirkungen auf Empfänger und Erbringer von Pflegedienstleistungen motivieren zur Nutzung technischer Möglichkeiten zur Entwicklung von Verbesserungen in verschiedenen Bereichen rund um den Prozess der Pflegedienstleistung.

Aktuell stehen dazu an der Professur für Wirtschaftsinformatik I die Interaktion mit Anreizsystemen zur Verbesserung und Prävention der eigenen Pflegebedürftigkeit sowie die technische Unterstützung von Empfänger und Erbringer von Pflegedienstleistungen im Fokus. Dazu wird die Entwicklung eines Modells eines Empfängers von Pflegedienstleistungen für die Integration in eine Agenten-basierte Simulation betrachtet, die letztendlich als Entscheidungsunterstützung für die Planung, die Gestaltung und die Umsetzung von Assistenzansätzen dienen soll. Somit wird ein modellhaftes Verhalten eines Pflegebedürftigen in Bezug auf verschiedene äußere Anreize entwickelt, welche die Nachfrage von Pflegedienstleistungen dieses Individuums beeinflussen können. Des Weiteren lässt sich zusammen mit weiteren Modellkomponenten zur Interaktion mit der äußeren Umgebung die zeitliche Entwicklung der Nachfrage einer Vielzahl von Individuen simulieren sowie die daran anzupassenden Prozessabläufe von Erbringern von Pflegedienstleistungen analysieren und gestalten.

In Bezug auf den Empfänger von Pflegedienstleistungen wird neben der Entwicklung eines Simulationsmodells hinsichtlich Anreizen zur Verbesserung und Prävention der eigenen Pflegebedürftigkeit die Entscheidung zur Auswahl der Art und des Umfangs von Pflegedienstleistungen thematisiert. Beispielsweise können Pflegedienstleistungen abhängig von einer Reihe verschiedener Faktoren in stationären Einrichtungen, durch das familiäre Umfeld sowie durch einen ambulanten Pflegedienst erbracht werden. Die Entscheidung zur tatsächlichen Nachfrage ist Gegenstand dieses weiterführenden Simulationsmodells. Zusammen mit der zeitlichen Entwicklung einer Population, entsteht so eine Nachfrageentwicklung über den betrachteten Zeitraum. Methodisch wird für diesen Zweck die Kombination von statistischer Microsimulation und Agentenbasierter Simulation als "Dynamic Agent-based Microsimulation" zur Prognose des Bedarfs an Pflege in einer Region untersucht.

Des Weiteren wird für stationäre Pflegeeinrichtungen die plötzliche Evakuation in Notfallsituationen, wie beispielsweise einem Brand, in Form von Evakuationssimulationen betrachtet. Insbesondere der Einsatz von Entfluchtungshelfern ist in Verbindung mit Empfängern von Pflegedienstleistungen relevant. Sowohl im Kontext von Evakuationssimulation als auch im Kontext von Anreizsystemen zur Prävention und Verbesserung von Pflegebedürftigkeit stellen Daten über die Bewegung eines Empfängers von Pflegedienstleistungen in seinem Umfeld einen unabdingbaren Bestandteil dar. Um derartige Daten in ein Simulationsmodell integrieren zu können, werden diese an der Professur für Wirtschaftsinformatik I experimentell unter Verwendung eines Alterssimulationsanzugs generiert. Die gegebenenfalls eingeschränkte körperliche Beweglichkeit und Wahrnehmung eines Individuums wird dabei in einem künstlichen alltäglichen Bewegungsprozess nachgebildet, wodurch verschiedene Messgeräte zur Analyse des Bewegungsprozesses zum Einsatz kommen können.