Perspektiven der Kantrezeption: Der Deutsche Idealismus
Direkt an die Kantische Philosophie schließen Philosophen aus der nächsten Generation, die sogenannten Deutschen Idealisten, deren Hauptvertreter Fichte (1763-1814), Schelling (1775-1854) und Hegel (1770-1834) sind, an. Sie alle sind zu Beginn mehr oder minder Anhänger Kants, halten sein philosophisches System jedoch nicht für abgeschlossen und machen sich so dessen Abschluss zur Aufgabe. Fichte stand mit Kant, den er im Ton der Zeit als „verehrungswürdigster Mann“ oder „verehrungswürdigster Gönner“ ansprach, in Briefkontakt. Fichtes anonym erschienene religionskritische Schrift "Versuch einer Kritik aller Offenbarung" (1792) wurde sogar Kant selbst zugeschrieben. Nachdem Kant sich allerdings mehrfach gegen Fichtes „Wissenschaftslehre“ ausgesprochen und sogar in einer eigenen öffentlichen Erklärung zu verstehen gegeben hatte, dass er sie als „ein gänzlich unhaltbares System“ (Kant (1799)) begreife, kam es zur Abkehr von Kant bzw.zum Neuentwurf in Anlehnung an ihn. Wenngleich sich Kant dem spezifischen Entwurf Fichtes, insbesondere seinem Begriff vom reinen absoluten Ich, gegenüber skeptisch zeigte, ist ein Weiterdenken seiner Gedanken ganz in seinem eigenen Sinne. Schließlich schreibt er, dass es möglich sei, „sowohl im gemeinen Gespräche, als in Schriften, durch die Vergleichung der Gedanken, welche ein Verfasser über seinen Gegenstand äußert, ihn sogar besser zu verstehen, als er sich selbst verstand“ (KrV B 370).