PLAFIG129

Christus-Skulptur aus gelbem Sandstein, möglicherweise ursprünglich in der Marienkapelle aufgestellt oder als Teil eines Statuenportals inszeniert, das sich an der Eingangsseite des Hospitals mit angeschlossener Katharinenkapelle befunden hat (Bunjes / Irsch, S. 261).

Die Skulptur misst 1700 mm.

 

Ein langes, schmales Gesicht mit einer hohen Stirn, die von vier in sich gerollten Löckchen bekrönt wird, kennzeichnet das Haupt der Skulptur. Das restliche Haar fällt leicht gewellt über den Kopf bis auf die Schultern und gibt zwei große Ohren frei, die die Haare zurückhalten. Sie sind groß und abstehend mit breitem Ohrmuschelrand und tiefer Ohrmuschel.

Die Stirn der Skulptur liegt in Falten: Drei tiefe Linien, die sich mittig leicht nach unten neigen und somit die Bewegung einer weit geöffneten Hyperbel vollziehen, zeichnen sie. Im Profil hat die Stirn eine konkave Tendenz, wobei die Wölbung der Augenbrauen den höchsten Punkt bildet.

Die Augen sind durch ein geschwungenes oberes Augenlid beinahe dreieckig. Betont werden sie durch je eine Lidfalte, die ebenfalls diese trianguläre Form aufgreift.

Markant im Gesicht der Skulptur ist die Nase, die von einer breiten Nasenwurzel ausgeht und im Verlauf kaum an ihrem Umfang abnimmt, sondern in runden, scheinbar aufgeblähten Nasenflügeln mündet. Im Profil neigt sich die Spitze der Nase der Skulptur leicht nach unten.

Die Figur hat volle Lippen, wobei die Oberlippe wulstiger und größer als die Unterlippe ist. Eine tiefer liegende Linie zwischen den Lippen suggeriert eine leichte Öffnung des Mundes.

Der Bartwuchs setzt über der Oberlippe an und verläuft in Richtung Kinn. Gerade Linien in regelmäßigem Abstand strukturieren den Bart und konturieren das Gesicht.

Der Hals der Figur ist sehr schmal und wird von Haaren gerahmt (bzw. verstärkt, da der Hals alleine vermutlich nicht die Last des Kopfes tragen könnte). Der Hals mündet in einem rund ausgeschnittenen Gewand ohne Schnürung, dessen robuste, breite Falten den ganzen Körper umfassen.

Die Figur winkelt beide Arme an. Die rechte Hand ist zu einer segnenden Geste erhoben. Die Finger dieser Hand sind rund und wulstig und knicken ein. Durch die gehobene Hand fällt der Stoff des Gewandes in großen, breiten Falten zurück. An dieser Stelle hat es den Anschein, als trage die Figur ein Untergewand.

Den linken Arm winkelt die Skulptur ebenfalls an und hält dabei die Hand vor die Brust, sodass die Innenfläche nach oben weist. Das in Kombination mit einem abgebrochenen Daumen verweist darauf, dass die Figur einst etwas in der hohlen Hand gehalten haben könnte.

Das Gewand der Skulptur scheint dort gebunden zu sein, wo die segnende Hand den Stoff verdeckt: Dort bündelt sich der Stoff, der die rechte Schulter bedeckt, und beschreibt von dort aus eine schwungvolle Bewegung nach links um den ganzen Körper. Bemerkenswert ist der Faltenwurf, der rund und formvollendet wirkt. Unterhalb der segnenden Hand verläuft eine gerade Falte, die sich zwischen den nackten Füßen teilt und diese voneinander trennt. Die Position der Füße gibt einen Hinweis auf die Kontrapost-Stellung.

Die Skulptur steht auf den Resten eines breiten Sockels.

 

Nach Bruder Valerius und Bunjes und Irsch handelt es sich bei der Skulptur um eine Christus-Figur, die ursprünglich in der hohlen Hand eine Weltkugel getragen haben soll (Bunjes / Irsch, S. 249). Der Segensgestus, den die Skulptur mit der Rechten vollführt, spricht für die Identifizierung der Figur als Christus.

Schließlich befindet sich am Beau-Dieu-Portal in Reims eine vergleichbare Christus-Statue, die jener Trierer-Skulptur erstaunlich ähnlich ist. Die Reimser-Statue trägt ein ähnliches Gewand, das von breiten, runden Falten bestimmt wird. Die Rundungen des Gewandes werden mehr betont als die Kanten, etwas, das auch bei der Christus-Figur in St. Matthias zu beobachten ist.

Der Reimser-Christus hebt wie die Trierer Skulptur die rechte Hand zum Segensgestus. Dabei entwickelt der Ärmel des Untergewandes zierliche Falten, bevor der Mantelärmel in großen Falten darüber fällt. Ähnlich ist diese Darstellung auch bei der Trierer-Skulptur, wobei die Falten wesentlich rauer und undefinierter sind.

Diese Analogien der Figuren lassen den Schluss zu, dass der Trierer Künstler jene Skulpturen in Reims kannte. Möglicherweise fertigte er sein Werk nach der Christus-Skulptur in Reims, was den Trierer-Christus in die ersten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts datieren würde, entstammt die Reimser-Christus-Statue doch aus dem beginnenden 13. Jahrhundert (Hamann-MacLean / Schüssler, S. 57).

Wenn die Reimser-Christus-Statue tatsächlich als Vorbild für die Trierer-Skulptur herangezogen wurde, so liegt es nahe, dass auch die Funktion als Portalfigur übernommen wurde. Immerhin würde sich das mit den Vermutungen Bunjes‘ und Irschs decken, die von der 1809 niedergelegten Marienkapelle oder dem rundbogigen Statuenportal der Karharinenkapelle als ursprünglichen Standort der Christus-Statue ausgehen (Bunjes / Irsch, S. 261). Letztlich kann der der Figur zugedachte Aufstellungsort kaum mehr rekonstruiert werden, da sowohl die Marien- als auch die Katharinenkapelle heute nicht mehr existieren. Trotzdem gehen Bunjes und Irsch davon aus, dass PLAFIG 129, PLAFIG 130 und PLAFIG 131 als Ensemble Teil einer der beiden Kapellen waren. Ob es sich bei diesen drei Statuen aber tatsächlich um eine Gruppe gehandelt hat, bleibt fraglich. Obwohl die Figuren Analogien zueinander aufweisen (ähnliche Form der gesamten Statue / der Gesichter / der Füße, Gewänder und Faltenwurf, etc.), unterscheiden sie sich in Material, Größe und möglicherweise im Alter. Der subtilere und grobere Faltenwurf der Christus-Figur sowie deren Größe deutet darauf hin, dass sie unabhängig von und möglicherweise früher als PLAFIG 130 und 131 entstanden ist.