Kopftuchverbot in Baden-Württemberg

I. Gesetze, bzw. Gesetzentwürfe

A. Schulgesetz

  •  Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE: Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes (Drucksache 14/122 vom 13.07.2006)

  • Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes vom 01.04.2004 (GBl. S.178)
    Auszüge:
    "(2) Lehrkräfte an öffentlichen Schulen nach § 2 Abs. 1 dürfen in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußeren Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülern und Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören. Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Schülern oder Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Lehrkraft gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung der Menschen nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt. Die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach Artikel 12 Abs. 1, Artikel 15 Abs. 1 und Artikel 16 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen widerspricht nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1. Das religiöse Neutralitätsgebot des Satzes 1 gilt nicht im Religionsunterricht nach Artikel 18 Satz 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg."

  • Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Schulgesetzes vom 14.01.2004 (Drucksache 13/2793)

 B. Kindergartengesetz

  • Gesetz zur Änderung des Kindergartengesetzes vom 14.02.2006(GBl. S. 30)
    Auszüge:
    "(6) Fachkräfte im Sinne der Absätze 1 und 2 und andere Betreuungs- und Erziehungspersonen dürfen in Einrichtungen, auf die dieses Gesetz Anwendung findet und die in Trägerschaft des Landes, eines Landkreises, einer Gemeinde, einer Verwaltungsgemeinschaft, eines Zweck- oder Regionalverbandes stehen, keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußeren Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Trägers gegenüber Kindern und Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden in Einrichtungen, auf die dieser Absatz Anwendung findet, zu gefährden oder zu stören. Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Kindern oder Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Fachkraft oder eine andere Betreuungs- und Erziehungsperson gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung der Menschen nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt. Die Wahrnehmung des Auftrags nach Artikel 12 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg zur Erziehung der Jugend im Geiste der christlichen Nächstenliebe und zur Brüderlichkeit aller Menschen und die entsprechende Darstellung derartiger Traditionen widerspricht nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1."

  • 25.11.2005: Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP zur Änderung des Kindergartengesetzes (Drucksache 13/4869)

  • 03.11.2005: Gesetzentwurf zur Änderung des Kindergartengesetzes der Fraktion der SPD (Drucksache 13/4803)

  • 26.10.2005: Gesetzentwurf zur Änderung des Kindergartengesetzes der Fraktion GRÜNE (Drucksache 13/4771)

  • 25.10.2005: Gesetzentwurf zur Änderung des Kindergartengesetzes der Fraktion der SPD (Drucksache 13/4770)

II. Rechtsprechung

    • Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.08.2010 (Volltext - 2 AZR 593/09)
      Abmahnung wegen Tragens einer religiösen Kopfbedeckung in einer Kinderbetreuungseinrichtung.
      Das Tragen eines islamischen Kopftuchs ist eine religiöse Bekundung im Sinne des  § 7 Abs. 6 KiTaG BW. Die Norm verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, Art. 9 Abs. 1 MRK sowie das Diskriminierungsverbot aus § 7 Abs. 1 AGG.
      (vorgehend LAG Baden-Württemberg 19. Juni 2009 - 7 Sa 84/08)

      • II. Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 19.06.2009 (Az.: LAG 7 Sa 84/08)

        Pressemitteilung
        Leitsatz:
        (...) 3. Das Tragen eines islamischen Kopftuches durch eine Erzieherin im Kindergarten führt zu einer abstrakten Gefährdung der religiösen Neutralität des Kindergartens und des religiösen Friedens im Kindergarten. (...)


      • I. ArbG Stuttgart, 15. Oktober 2008  (Az: ArbG  14 Ca 7300/07)

    • Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2008 (Volltext - BVerwG 2 B 46.08)
      Leitsatz:
      "Das Tragen von Kleidungsstücken durch Lehrer stellt eine in öffentlichen Schulen unzulässige äußere Bekundung im Sinne von § 38 Abs. 2 Satz 1 des Schulgesetzes Baden-Württemberg dar, wenn das Kleidungsstück erkennbar aus dem Rahmen der in der Schule üblichen Bekleidung fällt und der Lehrer Schülern und Eltern die religiöse oder weltanschauliche Motivation für das Tragen des Kleidungsstücks darlegt."

      • II. Entscheidung des VerwaltungsgerichtshofesBaden-Württemberg vom 14.03.2008 (Az.: VGH 4 S 516/07)
        Religiös motivierte Kleidung einer Lehrkraft in der Schule ist eine Dienstpflichtverletzung

        • Pressemitteilung vom 18.03.2008

        • Entscheidungsgründe

        • Leitsatz:

          1. Das in § 38 Abs. 2 Satz 1 SchulG BW angeordnete Verbot religiöser äußerer Bekundungen durch Lehrkräfte in der Schule knüpft an einen abstrakten Gefährdungstatbestand an.
          2. Das Tragen eines islamischen Kopftuchs oder einer vergleichbaren Kopfbedeckung durch eine Lehrerin in der Schule führt zu einer abstrakten Gefährdung der religiösen Neutralität der Schule und des religiösen Schulfriedens.
          3. Ausnahmen von der Pflicht zur Einhaltung des Verhaltensgebots des § 38 Abs. 2 Satz 1 SchulG BW für bisher unbeanstandet gebliebene Lebenszeitbeamte lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen und sind auch verfassungsrechtlich nicht geboten.
          4. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) gebietet keine ergänzende gesetzliche Regelung, welche für eine im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit befindliche und bisher unbeanstandet gebliebene Lehrkraft eine Einzelfallprüfung vorsehen müsste und ein Verbot religiöser äußerer Bekundungen in der Schule nur zur Abwehr konkreter Gefahren zuließe.

      • I.Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07.07.2006 (Az.: VG 18 K 3562/05)
        Muslimische Lehrerin darf weiter Kopftuch tragen

        • Pressemitteilung

        • Leitsatz:
          1. Die in Baden-Württemberg bestehende Praxis der Anwendung des § 38 Abs. 2 SchG verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 und 33 GG und gegen Art. 14 EMRK.
          2. Für Dienstpflichten, die gem. § 38 Abs. 2 S. 1 SchG zur Vermeidung abstrakter Gefahren begründet werden, gilt das Gebet strikter Gleichbehandlung der verschiedenen Glaubensrichtungen sowohl in der Begründung als auch in der Praxis der Durchführung solcher Dienstpflichten.
          3. Wird das Verbot religiöser Bekundungen nach § 38 Abs. 2 S. 1 SchG nur beim islamischen Kopftuch durchgesetzt, beim Nonnenhabit oder der jüdischen Kippa aber darüber hinweggesehen, handelt es sich um eine gleichheitswidrige Diskriminierung, die das Vorgehen allein gegen die Kopftuchträgerin rechtswidrig macht.
          4. § 38 Abs. 2 S. 1 SchG enthält keine Ermächtigung zur Priviligierung christlicher Bekenntnis-bekundungen. Die Vorschrift regelt lediglich die Vermittlung der aus der christlich-abendländischen Kultur hervorgegangen Werte (u.a. Menschenrechte, Handlungs-, Meinungs- und Religionsfreiheit sowie humanitäre Werte), das Erfordernis einer von Glaubensinhalten losgelösten Vermittlung dieser Wertewelt wird aber nicht beseitigt.

    • Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2004 (Volltext - BVerwG 2 C 45.03)
      Das Schulgesetz Baden-Württembergs ist verfassungsgemäß.
      Leitsatz:
      "Auf der Grundlage des 2004 geänderten baden-württembergischen Schulgesetzes darf die Einstellung als Lehrerin an Grund- und Hauptschulen im Beamtenverhältnis abgelehnt werden, wenn die Bewerberin nicht bereit ist, im Unterricht auf das Tragen eines "islamischen Kopftuchs" zu verzichten."

      • IV. Ausschlaggebendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24.09.2003 (Volltext - BVerfG, 2 BvR 1436/02)
        Tragen eines Kopftuchs im Schulunterricht durch Lehrer
        Leitsätze:
        1. Ein Verbot für Lehrkräfte, in Schule und Unterricht ein Kopftuch zu tragen, findet im geltenden Recht des Landes Baden-Württemberg keine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage.
        2. Der mit zunehmender religiöser Pluralität verbundene gesellschaftliche Wandel kann für den Gesetzgeber Anlass zu einer Neubestimmung des zulässigen Ausmaßes religiöser Bezüge in der Schule sein.

      • III. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.07.2002 (Volltext - BVerwG 2 C 21.01)
        Leitsatz:
        Die Einstellung als Lehrerin an Grund- und Hauptschulen im Beamtenverhältnis auf Probedarf abgelehnt werden, wenn die Bewerberin nicht bereit ist, im Unterricht auf das Tragen eines "islamischen Kopftuchs" zu verzichten.

      • II. Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26.06.2001 (Az.: 4 S 1439/00)
        Abgelehnte Lehramtsbewerberin wegen Tragens eines Kopftuchs im Unterricht
        Leitsatz:
        Die Einschätzung des Dienstherrn, eine Lehramtsbewerberin sei wegen des von ihr aus religiösen Gründen beabsichtigten Tragens eines Kopftuchs im Unterricht für das angestrebte Amt einer Grund- und Hauptschullehrerin im öffentlichen Schuldienst ungeeignet, hält sich innerhalb der Grenzen des dem Dienstherrn eingeräumten Beurteilungsspielraums.

      • I. Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.03.2000 (Az.: 15 K 532/99)
        Im Rechtsstreit um das islamische Kopftuch sieht das VG Stuttgart die Neutralitätspflicht verletzt, wenn eine muslimische Lehrerin im Unterricht ein Kopftuch trägt (Pressemitteilung)
        Leitsatz:
        Ablehnung der Einstellung in den Schuldienst wegen der Absicht der Bewerberin, im Unterricht ein islamisch religiös motiviertes Kopftuch zu tragen.