Sondertagung der Bitburger Gespräche: Wege zur Sicherung und Stärkung der Tarifautonomie

In Hannover fand vom 7.-8. Oktober 2024 eine Sondertagung der Bitburger Gespräche zum Thema "Wege zur Sicherung und Stärkung der Tarifautonomie" statt. Der Direktor des Instituts für Rechtspolitik, Prof. Dr. Thomas Raab, betreute die Veranstaltung als wissenschaftlicher Leiter. Die Referentinnen und Referenten der Sondertagung, die über eine herausragende fachliche Expertise verfügten, traten in einen engen Dialog mit dem Publikum. Zunächst wurden die Vorträge durch Vertreter von Arbeitgebern und Arbeitnehmern kommentiert und eingeordnet, bevor die Vortragenden selbst in den Austausch mit den Zuhörerinnen und Zuhörern eintraten. Das Publikum war mit Fachleuten aus Wissenschaft, Praxis und Rechtsprechung besetzt, was umfangreiche und tiefgreifende Diskussionen – ganz im Sinne der Bitburger Gespräche – ermöglichte. Neben der Stiftung Gesellschaft für Rechtspolitik wurde die Tagung vom Arbeitgeberverband für die Chemische Industrie in Norddeutschland (ChemieNord) ermöglicht.

Die Beiträge und eine Zusammenfassung der Diskussionen werden im kommenden Jahr in der RdA veröffentlicht.
Wir werden Sie an dieser Stelle über die Veröffentlichung informieren.

Zum Thema der Tagung

Wissenschaftliche Leitung 
Prof. Dr. Thomas Raab, Universität Trier

Die Tarifautonomie unterliegt schon seit langem einem schleichenden Erosionsprozess. Sowohl der Anteil der Arbeitnehmer, die gewerkschaftlich organisiert sind, als auch die Zahl der Unternehmen, die über die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband die Aushandlung der Arbeitsbedingungen dem System von Kollektivvereinbarungen überantworten oder selbst Tarifverträge schließen, ist seit Jahren rückläufig. Diese Entwicklung gefährdet letztlich die Tarifautonomie als ein System der Selbstgestaltung von Arbeitsbedingungen durch die Betroffenen. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der Staat auf den Rückgang der Tarifgebundenheit dadurch reagiert, dass er zum einen die gestaltende Wirkung der Tarifverträge mit den Instrumenten des staatlich gesetzten Rechts immer weiter auf Arbeitsverhältnisse nicht tarifgebundener Arbeitgeber und Arbeitnehmer erstreckt, zum anderen im Kernbereich der Tarifautonomie, nämlich bei der Regelung der Arbeitsentgelte, eigene Mindestarbeitsbedingungen schafft, die auch für vom Tarifvertrag erfasste Arbeitsverhältnisse gelten. Tarifautonomie im Sinne kollektiv ausgeübter Privatautonomie lebt hingegen von der Staatsferne und der Selbsthilfe der Betroffenen; sie ist Ausprägung des Subsidiaritätsgedankens. Die Tagung möchte daher der Frage nachgehen, welche rechtspolitischen Maßnahmen in dem durch die Verfassung, insbesondere durch die Koalitionsfreiheit, gesteckten Rahmen möglich, geeignet oder gar geboten sind, um die Tarifautonomie als Instrument autonomer Selbstgestaltung der Parteien des Arbeitsverhältnisses zu stärken und die Attraktivität der Mitgliedschaft in den tariffähigen Koalitionen zu steigern. 

Sondertagung BG 2024 Hannover
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Programm

1. Tag: Montag, 7. Oktober 2024

12.00Mittagessen
13.00

Begrüßung
Prof. Dr. Christian Winterhoff, Vorsitzender des Vorstands der GfR

 Einführung in das Thema
Prof. Dr. Thomas Raab, Universität Trier
13.301. Themenblock: Unions- und verfassungsrechtliche Grundlagen
 Der unions- und verfassungsrechtliche Rahmen rechtspolitischer Maßnahmen zur Stärkung der Tarifautonomie
Prof. Dr. Raimund Waltermann, Universität Bonn
 Diskussion
15.00Pause
15.302. Themenblock: Steigerung der Attraktivität der Verbandsmitgliedschaft
 Die Bindung der Tarifdispositivität zwingenden Gesetzesrechts an die Tarifgebundenheit/an die Anwendung des Tarifvertrages
Prof. Dr. Claudia Schubert, Universität Hamburg
 Diskussion
17.00Die Bindung der Tarifgeltung an die fortbestehende Mitgliedschaft - Begrenzung von Nachbindung und Nachwirkung
Prof. Dr. Matthias Jacobs, Bucerius Law School, Hamburg
 Diskussion
19.00Sektempfang, anschl. Abendessen

 

2. Tag: Dienstag, 8. Oktober 2024

9.302. Themenblock (Fortsetzung): Ausschaltung der Mitgliedsbeiträge als Faktor der Kosten-Nutzen Analyse auf Arbeitnehmerseite
 Kompensation der Kosten der Mitgliedschaft durch steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Vorteile für Verbandsmitglieder
Prof. Dr. Martin Franzen, LMU München
 Kostenbeteiligung der Außenseiter über Solidaritätsbeiträge
Prof. Dr. Clemens Höpfner, Universität zu Köln
 Diskussion
12.00Mittagessen
13.003. Themenblock: Schutz der Gestaltungs- und Betätigungsfreiheit der Verbände
 Tarifautonomie und Mindestlohn
Dr. Benjamin Pant, Freshfields Bruckhaus Deringer, Düsseldorf
 Diskussion
14.30Pause
15.00Gewerkschaftliche Betätigung im Betrieb
Prof. Dr. Roland Schwarze, Universität Hannover
 Diskussion
16.30Resümee
Prof. Dr. Thomas Raab
16.45Ende der Veranstaltung