Weinbergsböden (Rigosole) sind durch die spezielle und für viele Regionen in Rheinland-Pfalz charakteristische Nutzung geprägte Böden, die in herausragender Weise landschaftstypisch bzw. landschaftsbildend sind. Als anthropogene Böden sind sie durch die menschlichen Eingriffe stark verändert und damit Spiegel bis zu zweitausendjähriger Kulturgeschichte in Mitteleuropa. Darüber hinaus ist der Weinbergsboden der Boden des Jahres 2014, der jährlich durch die Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft bekannt gegeben wird. Dies war nicht zuletzt auch für den nun vorgelegten Themenvorschlag im Programm Wissen-schafft-Zukunft Auswahl-entscheidend, da hierdurch eine sehr gute Anzahl allgemeinverständlich verfasster und damit in besonderer Weise auch für Schülerinnen und Schüler geeigneter Informationsmaterialien und Schriften vorliegen.
Die Ursprünge des Weinbaus in Deutschland gehen auf die Antike zurück und der Weinbau begann wohl um 100 n. Chr. mit Anbauflächen an der Mosel und Ahr. Aufgrund ihrer typischen Lage an den Talhängen und in den Tälern und Auen der Flüsse spielen die Weinbergsböden eine besondere Rolle im Wasserhaushalt und Stoffhaushalt von Landschaften. So kommt ihnen im Sinne des dezentralen Wasserrückhaltes und Hochwasserschutzes sowie zur Vermeidung stofflicher Einträge in Oberflächengewässer eine besondere Rolle beim Rückhalt von Wasser sowie Nähr- und Schadstoffen zu. Die Böden historischer Weinbergslagen sind als Archiv der Kulturgeschichte besonders schützenswert. Gleiches gilt für das Landschaftsbild terrassierter Rebflächen und nicht zuletzt den Erholungscharakter und touristischen Wert der Kombination aus Weinbaulandschaft und Weinwirtschaft.
Demgegenüber stehen umfangreiche Gefährdungen der Weinbergsböden.
- Die Flächen für Weinanbau in Deutschland sind in den letzten Jahrzehnten erheblich zurückgegangen. Alte Rebflächen, insbesondere in Steillagen werden aufgelassen und verbuschen, Bauwerke der Terrassierung verfallen.
- Intensive Bodenveränderungen bei Flurbereinigungen und modernen Standort-meliorationen gehen zum Teil mit massiven Erdbauarbeiten im Landschaftsmaßstab ein-her. Großflächige Umbauten von Hängen und Neuterrassierungen zerstören die alten Bodendecken und historische Terrassenanlagen; sie verändern das Terroir bis hin zu kleinklimatischen Veränderungen.
- Hanglagen, insbesondere Steillagen sind in Verbindung mit der Dauerkultur Wein in besonderer Weise gegenüber Bodenabtrag durch Wassererosion exponiert. Traditionell werden die Rebreihen in Gefällerichtung gepflanzt und bearbeitet; der Boden wird frei von anderweitigem Aufwuchs gehalten. Hier setzen sich zunehmend alternative Anbausysteme (Rebreihen parallel zum Hang, Mulchdecken, Teil- oder Gesamtbegrünung) durch.
- Der Weinbau bedient sich traditionell eines intensiven Pflanzenschutzes und Düngung. Daraus ergeben sich zum Teil erhebliche Fungizid- und Insektizidbelastungen der Böden. Selbst im ökologischen Weinbau wird nach wie vor auf Kupferpräparate zur Bekämpfung von Schadpilzen zurückgegriffen, woraus erhebliche, moderne und vielerorts bereits historische Kupferbelastungen resultieren.
Hieran anknüpfend bieten sich vielfältige Themenstellungen für Schülerinnen und Schüler der Fächer Erdkunde, Chemie und Biologie. Die relevanten Prozesse und die sie beeinflussenden biologischen, chemischen und/oder physikalischen Bodeneigenschaften zu erfassen ist Thema aktueller Forschung: Hier können auch Schülerinnen und Schülern in gut durchführbaren Experimenten grundlegende Zusammenhänge und weitreichende Einblicke vermittelt und eröffnet werden. In Laborversuchen und bei parallelen Arbeiten im Gelände kann eine Themenvielfalt geboten werden, die Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Altersstufen und Schulformen den Zugang zu und die Bearbeitung von umweltrelevanten Fragestellungen ermöglicht. Dabei werden den Schülerinnen und Schülern experimentelle Möglichkeiten angeboten, die im schulischen Rahmen nicht vorhanden sind.
Die Thematik bietet den großen Anreiz, dass die Schülerinnen und Schüler unmittelbare Bezüge zur eigenen Erfahrungswelt herstellen und Laborexperimente mit boden-, sozial- und wirtschaftsgeographischen Themen verknüpfen können. Dadurch knüpft die Thematik in großer Bereite an Schulthemen an. Durch geeignete Experimente können Schülerinnen und Schüler a) grundlegende Aspekte zu den Einflüssen chemischer, physikalischer und biologischer Bodeneigenschaften und deren Kennzeichnung erlernen und b) wichtige Eigenschaften und Funktionen von Böden kennenlernen, c) die Gefährdungen von Böden und Auswirkungen der Bodendegradation für die Umwelt erfassen sowie c) methodische Erfahrungen an modernen analytischen Instrumenten sammeln, die ihnen im Rahmen schulischer Ausstattung selbst einer gymnasialen Oberstufe nicht zugänglich sind. Durch die Bearbeitung einer Thematik in der Schnittstelle Chemie/Biologie/Geographie, ist das Kursangebot gleichermaßen an Klassen der Chemie, Biologie und Erdkunde bzw. deren Lehrer adressiert und adaptierbar.
Im geplanten Ferienkurs können interessierte Schülerinnen und Schüler nach Anleitung selbstständig Untersuchungen durch eigene Feldbeprobung von Böden sowie durch Laborversuche und chemische/physikalische/biologische Analysenverfahren durchführen. Als Untersuchungsgegenstand dienen
a) der analytische Nachweis und die Bestimmung der Bioverfügbarkeit von ausgewählten Nährstoffen und/oder Schadelementen in Bodenextrakten mittels Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), Spektrophotometrie und/oder Chromatographie,
b) bodenbiologische Verfahren (molekularbiologische Verfahren und Enzymtests) zum Nachweis der Bedeutung bodenbiologischer Aktivität für die Nährstoffmobilisierung,
c) bodenphysikalische Messmethoden zur Bestimmung des Bodenwasser- und Lufthaushaltes als wesentliche Randparameter des Pflanzenwachstums in Böden sowie
d) Ermittlung grundlegender Bodeneigenschaften wie Humusgehalt als wesentliche Steuergrößen der Nährstoffvorräte und –verfügbarkeit in Böden.