RUSSISCH (РУССКИЙ ЯЗЫК)

Die russische Sprache gehört zusammen mit dem Ukrainischen und Weißrussischen zur Gruppe der ostslavischen Sprachen. Mit insgesamt etwa 280 Millionen Menschen, davon ca. 160 Millionen Muttersprachlichen, ist sie die am meisten verbreitete Sprache in Europa. Sie spielt immer noch die Rolle der Lingua franca im postsowjetischen Raum, da es große russische Minderheiten in den ehemaligen Sowjetrepubliken gibt (Kasachstan, Lettland, Estland, Ukraine, Weißrussland, Kirgistan u.a.). Weitere Sprechende des Russischen leben in Ländern mit starker Immigration aus Russland und anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, vor allem in Deutschland, Frankreich, Finnland, Großbritannien sowie den USA, Israel und Kanada.

Schriftsprache

Die russische Sprache verwendet seit ihrer schriftsprachlichen Überlieferung das kyrillische Alphabet, welches allerdings zwei grundlegende Reformen (1708-10 und 1917-18) erfahren hat. Es besteht aus 33 Buchstaben, davon 21 für Konsonanten und 10 für Vokale; die übrigen Zeichen, das sog. „harte“ (ъ) und „weiche“ (ь) Zeichen, weisen auf die Eigenschaften der vorhergehenden Konsonanten hin.

Entstehung

Das Russische entwickelte sich aus der altrussischen (altostslavischen) Sprache, die auf den ostlavischen Dialekten basierte und in der Kiever Rus’ gesprochen wurde. Die ältesten schriftlichen Denkmäler auf dem ostslavischen Gebiet (Ostromir-Evangelium, 1056/57 u.a.) wurden jedoch in kirchenslavischer Sprache der russischen Redaktion geschrieben, einer spezifischen Sprachform des Altkirchenslavischen (Altbulgarischen) mit vielen ostslavischen Einflüssen. Das wurde als Russisch-Kirchenslavische Schriftsprache bis ins 18. Jh. verwendet, in dem es in den weltlichen Schriften von einer neugeschaffenen Standardsprache abgelöst wurde. Die entscheidende Rolle bei ihrer Herausbildung spielte die künstlerische Literatur des späten 18. und beginnenden 19. Jh. (D.I. Fonvizin, G.R. Deržavin, N.M. Karamzin u.a.). In den Werken A.S. Puškins und seiner Nachfolger wurde eine vollkommene Synthese aus volkssprachlichen, kirchenslavischen und westeuropäischen Elementen erreicht, wobei Volks- und Umgangssprache immer mehr an Gewicht gewannen. Von da an spricht man vom Beginn der modernen russischen Standardsprache.

Wortschatz

Der Wortschatz des Russischen enthält vor allem gemein- und ostslavische Lexeme und eine große Anzahl von Lehnwörtern, die aus verschiedenen Sprachen übernommen wurden. Zu nennen wären zunächst die sog. Kirchenslavismen, d.h. Wörter kirchenslavischen Ursprungs, die heute zum russischen Wortbestand gehören: враг‛ Feind’, надежда‛ Hoffnung’ u.a. Aus der Zeit der mongolisch-tatarischen Herrschaft stammen einige Entlehnungen aus den Turksprachen: карандаш ‛Bleistift’, арбуз‛ Wassermelone’ u.a. Die meisten Entlehnungen kamen jedoch ins Russische erst in neuerer Zeit, d.h. ab den Reformen Peters des Großen. Im ersten Viertel des 18. Jh. sind ins Russische zahlreiche Wörter aus dem Niederländischen (шлюпка ‛Schaluppe’, штурман ‛Steuermann’), im 18. und 19. Jh. aus dem Deutschen (бутерброд‛ belegtes Brot’, бухгалтер‛ Buchhalter’) und Französischen (мебель ‛Möbel’, пальто ‛Mantel’), im 20. Jh. und bis heute aus dem Englischen (митинг ‛Meeting’, бизнес ‛Business’) entlehnt worden.

Globale Bedeutung

Aufgrund der hohen Sprecheranzahl, der Verbreitung in Europa und der zum Weltkulturerbe gehörenden klassischen russischen Literatur (A. Puškin, N. Gogol’, L. Tolstoj, F. Dostoevskij, A. Čechov u.a) zählt das Russische zu den wichtigsten Weltsprachen. Russisch ist eine der sechs UNO-Arbeitssprachen und eine bedeutende Verkehrs- und Konferenzsprache in internationalen Kommunikationssystemen (Flugverkehr, Weltraumkommunikation). Russischkenntnisse sind eine hervorragende Basis für das Erlernen weiterer slavischer Sprachen wie Polnisch, Tschechisch, Serbisch, Kroatisch, Bulgarisch u.a.


Lehrangebot

Im Slavistik-Studium wird der praktischen Erlernung des Russischen eine große Bedeutung beigemessen. Das Russisch-Angebot am Fachbereich II: Slavistik umfasst gegenwärtig zwei aufeinander folgende Grundkurse à 10 SWS (im 1. und 2. Semester) und zwei Aufbaukurse à 4 SWS (im 3. und 4. Semester). Zusätzlich zu den Sprachkursen werden Sprachübungen zur Grammatik und Übersetzung (Russisch-Deutsch und Deutsch-Russisch) angeboten sowie Medienkunde und eine Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten. Der fachtheoretische Teil des Studiums besteht aus Vorlesungen, Seminaren und Übungen zur Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft.

Da Russisch die einzige slavische Sprache ist, die an deutschen Regelschulen als Fach angeboten wird, kann Russisch entsprechend nicht nur als Bachelor und Master of Arts studiert werden, sondern auch als Bachelor und Master of Education (Lehramt Russisch).