Drittmittelprojekte

2019/2020

INWEND (zusammen mit Ralph Bergmann), BMBF-Projekt

Die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat zu mancher rechtlichen Verunsicherung geführt. Nicht wenige Unternehmen, Vereine und andere Institutionen haben Rechtsberatung in Anspruch genommen, um das neue Recht korrekt umzusetzen. Auch viele Bürgerinnen und Bürger sind von dessen Vorgaben betroffen – oftmals, ohne es zu wissen: Praktisch jeder Einzelne geht unentwegt mit personenbezogenen Daten anderer um und kann dadurch schnell zum Adressaten der Vorschriften der DSGVO werden. Für jemanden, der privat bloggt, Fotos auf sozialen Medien teilt oder eine Fanpage betreibt, ist es jedoch ungleich schwerer, die datenschutzrechtlichen Vorschriften zu verstehen und richtig anzuwenden.

Dies mag zunächst zu einem Umsetzungsdefizit des Datenschutzrechts führen – seine Vorgaben werden nicht (vollständig) eingehalten. Umgekehrt besteht die Gefahr, dass die rechtlichen Anforderungen Menschen von der Umsetzung wünschenswerter Projekte abschrecken, obwohl diese datenschutzkonform hätten umgesetzt werden können. Beide Konsequenzen sind unbefriedigend.

Das Projekt INWEND ist ein interdisziplinäres Forschungsvorhaben, in dem Wirtschaftsinformatiker und Juristen der Universität Trier an einer Software arbeiten, die rechtliche Empfehlungen in einem Teilbereich des Datenschutzrechts abgeben kann. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz soll es Nichtjuristen erleichtert werden, einerseits die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten, andererseits jedoch auch die gesetzlich vorgesehenen Freiräume zu nutzen.

Im Rahmen des Projektes wird ein prototypisches wissensbasiertes System entwickelt, das den Anwender durch die rechtliche Prüfung seines Anliegens führt. Als Pilotprojekt soll das Forschungsvorhaben auch klären, inwieweit informatische Methoden für Aufgaben im Kernbereich der Rechtsanwendung nutzbar gemacht werden können, und damit die Grundlage für künftige interdisziplinäre Forschung in diesem Bereich legen.

Das Paper mit dem Titel "INWEND: Using CBR to automate legal assessment in the context of the EU General Data Protection Regulation", das Herr Schriml auf den Intelligent Future Days 2020 vorgestellt hat, ist hier verfügbar.

Vom Institut an dem Projekt beteiligt sind Prof. Dr. Raue und Herr Schriml.

2019-2022

Beteiligung an Projekt Mining and Modeling Text (MIMOText) Förderer: Forschungsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz

Durch die Digitalisierung werden zunehmend umfangreiche Text- und Datenbestände verfügbar. Der Verbund stellt sich der Herausforderung, dass es für deren effiziente Nutzung in den Geisteswissenschaften notwendig ist, innovative Verfahren zu entwickeln, welche die automatische Informationsextraktion erlauben und die darauf aufbauende Wissensgenerierung befördern.

Das Vorhaben befasst sich vor diesem Hintergrund mit der automatischen Extraktion, Strukturierung und Vernetzung von Fachinformationen aus Text- und Datensammlungen sowie mit der Nutzung solcher Informationsnetzwerke für die Beantwortung geisteswissenschaftlicher Fragestellungen. Erster Anwendungskontext ist die deutsche und französische Literaturgeschichte, die Übertragbarkeit der Verfahren auf andere Disziplinen wird aber von Anfang an mitgedacht. Das Vorhaben berücksichtigt dabei unterschiedliche Arten von Texten: von leicht strukturierten Texten (bspw. bibliografische Verzeichnisse) über geisteswissenschaftliche Sachtexte (bspw. literaturgeschichtliche Fachliteratur) bis hin zu literarischen Texten (bspw. Romane).

Kernanliegen ist es, interdisziplinäre Lösungsansätze zu entwickeln, wobei konzeptuelle, geisteswissenschaftliche, informatische, rechtliche und infrastrukturelle Fragestellungen und Verfahren ineinandergreifen.

Das IRDT steuert seine rechtliche Expertise an dem Projekt bei. Vom Institut an dem Projekt beteiligt sind Prof. Dr. RaueProf. Dr. von Ungern-Sternberg und Frau Erler-Fridgen.

2020

Workshops „Strategien für die Nutzbarmachung urheberrechtlich geschützter Textbestände für die Forschung durch Dritte“, Förderung durch die DFG

Das IRDT hat zusammen mit dem Trier Center for Digital Humanities Kompetenzzentrum einen Experten-Workshop organisiert zum Thema „Strategien für die Nutzbarmachung urheberrechtlich geschützter Textbestände für die Forschung durch Dritte“, der von der DFG gefördert wird.

Das Grußwort sprach der Präsident der Universität Trier. Die Workshop-Reihe hat zum Ziel, auf Grundlage des geltenden Urheberrechts praktische Lösungen zu entwickeln und der Wissenschaft und dem Bibliothekssektor vorzustellen, wie für bestimmte Forschungsfragen nützliche Informationen veröffentlicht werden können.

Urheberrechtlich geschützte Textdaten sollen so transformiert werden, dass sie die urheberrechtlich geschützte Form verlieren, bestimmte Analyseverfahren des Text-und-Data-Mining aber weiterhin durchgeführt werden können.

2021

Tagung Algorithmisierte Rechtsdurchsetzung, Förderung durch die Fritz-Thyssen-Stiftung

Die Digitalisierung ermöglicht in immer mehr Bereichen einen Grad an Rechtsdurchsetzung, der bisher undenkbar war.

Auf den ersten Blick ist das erfreulich. Recht wird erlassen, damit es befolgt wird. Rechtliche Normen, die konstant gebrochen werden, verlieren ihren Geltungsanspruch. Zudem verbessert eine erhöhte Normbefolgung den individuellen Rechtsschutz. Wenn technische Mittel sicherstellen, dass Autos nicht schneller als erlaubt und insbesondere nicht von einem Betrunkenen gefahren werden können, rettet das Menschenleben. Lässt sich ein auf Kredit gekauftes Auto nicht mehr starten, wenn eine fällige Kreditrate ausbleibt, erhöht das die Zahlungswahrscheinlichkeit und verringert die Notwendigkeit, Gerichte in Anspruch zu nehmen. Das senkt die Kosten für Kredite und steigert die Bereitschaft, diese zu vergeben. Dies scheint dafür zu sprechen, dass der Gesetzgeber so weit wie möglich die Normbefolgung durch Technik sicherstellen bzw. entsprechende private Rechtspraktiken erlauben sollte (compliance by design?)

Auf den zweiten Blick stellen sich aber einige grundlegende Fragen: Kann man eigentlich noch von Recht sprechen, wenn Regeln von den Normunterworfenen nicht in erster Linie freiwillig befolgt werden, sondern weil sie im Wesentlichen nicht anders handeln können? Muss es die Freiheit geben, gegen Recht verstoßen zu können, auch wenn der Rechtsbruch später sanktioniert wird? In welchen Bereichen wollen wir in einer freiheitlichen Gesellschaft tatsächlich vollständige Normbefolgung erreichen? Insbesondere muss bedacht werden, dass sich gesellschaftlicher und sozialer Wandel häufig von den Rändern des sozial und rechtlich Akzeptierten her entwickelt. Das Ausloten von Graubereichen und das Festlegen des rechtlich Erlaubten in einem gerichtlichen Aushandlungsprozess gehören zu einer freiheitlichen Rechtsordnung. Beispielsweise hätte sich das soziale Phänomen von Internet- Memes kaum entwickeln können, wenn deren Upload auf große Internetplattformen technisch wegen entgegenstehender Urheberrechte verhindert worden wäre. Provokant könnte man also fragen: Gibt es ein Recht auf Rechtsbruch? Und schließlich: Was definiert den Kern von Recht in einer zunehmend digitalen Gesellschaft?

Die Themen wollen wir auf der wissenschaftlichen Tagung des Instituts für Recht und Digitalisierung Trier (IRDT) intensiv und intradisziplinär diskutieren.