Besuch bei der Arbeitsstelle Rheinische Sprachforschung (6.3.2013)

 

Im März 2013 nahm die Projektgruppe "Meine Sprache und ich" an einer Exkursion zur Arbeitsstelle "Rheinische Sprachforschung" an der Universität Bonn teil. Unsere Projektgruppe, die sich aus einer Kooperation des Gymnasiums Hermeskeil, dem Trierer Friedrich-Wilhelm-Gymnasium und der Universität Trier zusammensetzt, wurde von Frau Borger, Steimer und Herrn Dr. Ruge zur Abteilung der Germanistischen Linguistik von Trier nach Bonn begleitet.

Die Rheinische Sprachforschung beschäftigt sich mit der Erforschung der Sprache des Rheinlandes in Vergangenheit und Gegenwart unter Berücksichtigung der Variationslinguistik, der Namenskunde und der Lexikographie. Um in diesen Bereichen intensive Forschung betreiben zu können, werden dort zahlreiche Projekte und wissenschaftliche Studien durchgeführt .

Unser Besuch begann mit einer kurzen Erläuterung der Aufgabenbereiche sowie der thematischen Schwerpunktsetzung der Arbeitsstelle für "Rheinische Sprachforschung". Nach einer theoretischen Einführung durch die Leiterin der Arbeitsstelle, Prof. Claudia Wich-Reif, bot sich uns die Gelegenheit, in kleinen Arbeitsgruppen verschiedene Themen der Sprachforschung unter Anleitung durch die wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen Eva Büthe, Silivia Ulivi und Thomas-Sebastian Bertram praktisch zu erarbeiten.

Die erste Gruppe beschäftigte sich mit den vielfältigen Bezeichnungen für das erste bzw. letzte Stück eines Brotlaibs. Ziel war es, herauszufinden, welche Begriffe (Kanten, Knust, Kruste usw.) für das Endstück unter regionalen Gesichtspunkten verwendet werden. Die nächste Gruppe analysierte die Handschriften Hermann Weinsbergs, einem im 16. Jahrhundert in Köln ansässigen Verfasser autobiographischer Texte mit starken dialektalen Färbungen. Eine weitere Gruppe setzte sich mit dem „Historischen Rheinischen Wörterbuch“ auseinander. Schließlich behandelte die fünfte Arbeitsgruppe die Verwendung und die Etymologie verschiedener Abschiedsformeln (adieu, tschüss, servus usw.).

Zum besseren Verständnis führen wir die Ergebnisse der zweiten Arbeitsgruppe an:

Hermann Weinsberg (1518-1598) war einer der ersten Autoren, der im Rahmen einrer Autobiographie über Alltägliches berichtet hat. Daher bilden seine Schriften wertvolle Quellen für die Erforschung der historischen ripuarischen Sprachlandschaft. Insgesamt schrieb er drei Bücher:

  1. Liber luventutis ("Buch der Jugend")

  2. Liber senectutis ("Buch des Erwachsenenalters")

  3. Liber decrepitudinis ("Buch der Altersschwäche")

In seinen Handschriften kann nachvollzogen werden, dass bei ihm das Hochdeutsche bereits in Ansätzen Verwendung fand. Weinsberg verband in seiner Sprache dialektale und hochsprachliche Ausdrücke. An einigen Stellen seiner Texte lässt sich bereits die Durchsetzung der Zweiten Lautverschiebung, bei der das „v“ durch ein „b“ ersetzt wurde, erkennen. So wird z.B. aus boven → oben. In seinen Handschriften gebrauchte er allerdings beide Schreibweisen. Manche Wörter nahm Hermann Weinsberg von der gesprochenen Sprache in seine Handschriften auf. Die Dominanz seines ripuarischen Dialekts zeigt sich beispielsweise bei dem Wort „minen“, welches er statt des hochdeutschen „meinen“ benutzte. Um einen Vokal in die Länge zu ziehen, setzte er hinter diesen ein „i“, z.B. „keis“, welches hochsprachlich „Käse“ bezeichnet. Durch das „i“, das an den Vokal „e“ angehangen wird, wird es „kees“ ausgesprochen. Es ist allerdings nicht bei allen Wörtern eindeutig zu erkennen, ob es sich um noch dialektale oder schon hochsprachliche Ausdrücke handelt. So könnte es sich bei dem Wort „keine“ entweder um das uns bekannte „keine“ handeln oder aber auch als „kene“ ausgesprochen werden, da das „i“ oftmals den Vokal in die Länge zieht.

Nach der Gruppenarbeitsphase wurden die jeweiligen Ergebnisse den anderen Teilnehmern präsentiert. Vor dem Hintergrund einer kritischen Reflektion unserer eigenen Fragebögen zum Thema "nehmen / holen" erhielten wir am Ende unseres Besuchs der Arbeitsstelle für "Rheinische Sprachforschung" die Möglichkeit, uns alte Fragebögen zum Thema "Dialekt" anzusehen, die vor etwa 40 Jahren mit Schülern durchgeführt wurden. Abschließend besichtigten wir das Hauptgebäude der Universität Bonn und die Bonner Innenstadt, bevor wir den Rückweg nach Trier antraten.