Besuch beim Deutschen Familiennamenatlas (20.1.2012)

Unsere Exkursion begann früh um 7.00 Uhr am Trierer Hauptbahnhof, wo wir uns mit Herrn Dr. Ruge trafen, der an der Universität Trier unser Projekt betreut. Nach einer längeren Zugfahrt kamen wir in Mainz an und nach einer kurzen Busfahrt mit anschließendem Fußmarsch auch am Institut: dem sog. DFA, dem „Deutschen Familiennamen-Atlas“.

Der deutsche Familiennamen-Atlas ist ein mehrbändiges Werk, in dem alle bisher bekannten und erforschten deutschen Nachnamen in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet und erklärt sind. Insgesamt existiert in Deutschland etwa 1 Million verschiedener Familiennamen. Eine bisherige Schwachstelle zeigt das Buch bei unbekannten, noch nicht erforschten Nachnamen, viele davon infolge der Globalisierung internationaler Herkunft.

Die „Digitale Familiennamen-Datei“  ist das derzeitige und auf Zukunft angelegte Projekt, welches im Laufe der nächsten 24 Jahren entstehen soll. Ziel des Projekts ist es, möglichst alle deutschen Familiennamen zu erfassen, nach und nach ins Netz zu stellen, um digital  recherchieren zu können.

Frau Dr. Rita Heuser, Mitarbeiterin beider Unternehmungen, führte uns nun ein in die Namenkunde und erzählte uns dazu einiges über die Geschichte der Namensgebung. Im Mittelalter wurden die Menschen noch lediglich mit Vornamen angesprochen, doch mit dem stetigen Bevölkerungszuwachs wurden Beinamen nötig, damit die Personen mit gleichen Namen besser unterschieden werden konnten. Diese Beinamen, wie z. B. Max der Kleine, entwickelten sich später zu den heutigen Familiennamen, z. B. Klein. Es gibt Nachnamen, die von dem Beruf abstammen (Schmidt), Eigenschaftsnamen (Schwarz), Wohnstätten-Namen (Kirschbaum), Herkunftsnamen (Trierweiler) oder Familiennamen aus Rufnamen (Ludwig). Die Familiennamen sind die einzigen Wörter einer Sprache, die erstarrt sind und keine Bedeutungsveränderungen mehr vollziehen können, somit für vielerlei Forschungsansätze von besonderem Interesse, etwa der Soziologie oder der Volkskunde, der Migrationsforschung, der Mentalitäts- und Kulturgeschichte.

Um die Vorzüge der Kartierung sichtbar zu machen, zeigte Frau Dr. Heuser Deutschlandkarten mit der Verteilung verschiedener Familiennamen, dargestellt durch Kreise und Tortendiagramme. Die Anzahl der Namen wird relativ (bei hoher Anzahl: Namen auf 1 Mio. Einwohner bezogen) und absolut (bei geringer Anzahl: absolute Anzahl der Namen in der jeweiligen Region) abgebildet. Zudem gibt es Karten, auf denen die  Landkreise je nach Häufigkeit des Namens dort unterschiedlich farbstark eingefärbt sind; der Großteil der Namenverteilungen wird allerdings in Kreisgrößen festgehalten. Eine Internetseite, die zum eigenen Namen Karten mit absoluter und relativer Darstellung erstellt, ist  unter Geogen im Netz zu finden.

Namenkarte Müller (absolute Verteilung in Deutschland) © DFA (Mainz)

Das Erstellen eines Familiennamen-Atlas bringt gewisse Probleme, - besonders in Deutschland, wo der Datenschutz den Forschern untersagt, ihre Daten aus dem Einwohnermeldeamt zu beziehen, ist es schwierig, an eine möglichst genaue Datenquelle zu gelangen. Deshalb greifen die Forscher auf Telefonbücher zurück, wobei zu bemerken ist, dass keine neueren Ausgaben als die in 2005 erschienenen genutzt werden, weil später erschienene Telefonbücher aufgrund der so genannten Handywelle – das bedeutet, dass immer weniger Menschen einen Festnetzanschluss haben, – diese Quelle weitgehend unbrauchbar geworden ist. Pro Telefonanschluss wird mit 2,5 Personen gerechnet.

Das ganze Projekt dient auch dem Zweck, dass jeder die Historie seines Namens recherchieren kann und die allgemeine Namenforschung ein Stück weitergebracht werden soll. Doch noch nicht jeder wird seinen Namen in dieser Datenbank wiederfinden, da die Schwierigkeit mit Namen aus dem europäischen Ausland, geschweige denn aus den anderen Erdteilen, erst im Laufe der Zeit aufgefangen werden kann.

Das Institut für Geschichtliche Landeskunde, wo der DFA derzeit noch angesiedelt ist, bevor er demnächst in das Gebäude der Akademie der Wissenschaften und der Literatur umziehen  wird,  ist ein lokal ausgelagerter Teil der Universität Mainz, welcher sich speziell mit der Geschichte von Rheinland-Pfalz beschäftigt.

Die dortige Arbeitsgruppe besteht außer einigen wenigen Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern hauptsächlich aus Freiwilligen, welche sehr willkommen sind, um sich beispielsweise an Projekten aktiv zu beteiligen oder etwa  Ergebnisse auf Veranstaltungen zu präsentieren.

Nachdem man uns das Institut vorgestellt und gezeigt hatte, durften wir selber aktiv werden. Wir teilten uns in kleine Gruppen auf und erforschten die Bedeutung unserer eigenen Nachnamen. Dafür verwendeten wir z. B. den Duden „Lexikon der Familiennamen: Bedeutung und Herkunft“ sowie viele andere bereitgestellte Nachschlagewerke.

Unmittelbar nach dem Workshop fand sich die Gruppe erneut in einem Raum zusammen, wo jeder Schüler die gerade frisch gewonnen Erkenntnisse über seinen Nachnamen dem Plenum präsentierte. Frau Dr. Heuser unterstützte die einzelnen Kurzvorträge mit so genannten Namenskarten und einigen hilfreichen Ergänzungen, so dass letztendlich auch diejenigen Schüler, die eher weniger Informationen zu ihren Namen gefunden hatten, nun zumindest eine kleine Theorie zu ihrer Namensherkunft bekamen.

Zum Zeitpunkt unserer Exkursion stand das Forschungsprojekt zum DFA bereits kurz vor seinem Ende. Für das neue Forschungsprojekt, das DFD, das Digitale Familiennamenwörterbuch Deutschlands, mit einer Laufzeit von 24 Jahren, wurden die Forschungsgelder inzwischen bereitgestellt.

Schlussendlich durften wir einen interessanten und lehrreichen Tag in Mainz verbringen, bei fast allen von uns konnte festgestellt werden, auf welcher Herkunft der eigene Nachname beruht.

Jedenfalls ist mit diesem Ausflug in die Welt der Forschung unsere Neugier nicht etwa zufrieden gestellt, sondern in gewisser Weise sogar neu erwacht! Das als Dankeschön an alle, die uns diesen Einblick in wissenschaftliches Arbeiten ermöglicht haben.