8. Jahrestreffen des Collegium Junger Romanistinnen und Romanisten

8. Jahrestreffen des „Collegium Junger Romanistinnen und Romanisten“ an der Universität Trier

Als „Collegium Junger Romanistinnen und Romanisten“ kommen seit 2007 einmal jährlich deutschsprachige Doktoranden und Habilitanden im römischen Recht zusammen. Auf der Suche nach wissenschaftlichem Austausch werden Dissertations- und Habilitationsprojekte sowie sonstige Forschungsvorhaben vorgestellt, das methodische Spektrum diskutiert und Kontakte zu Fachkollegen aus dem In- und Ausland geknüpft. Das 8. Jahrestreffen fand am 6. und 7. März 2014 an der Universität Trier, organisiert von Vanessa Einheuser und Dr. Constantin Willems, den wissenschaftlichen Mitarbeitern an der Professur von Prof. Dr. Thomas Rüfner, statt.

Die römische Metropole und ehemalige Hauptstadt des römischen Reiches begrüßte in diesem Jahr den wissenschaftlichen Nachwuchs auf dem Gebiet des antiken römischen Rechts. Fast 40 Teilnehmer und Referenten aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Finnland, Estland, Polen und Ungarn diskutierten den aktuellen Stand ihrer Forschungsprojekte, setzten sich mit der Bedeutung und den Einsatzmöglichkeiten von Papyrusquellen für die romanistische Forschung auseinander und lernten darüber hinaus auch die historischen Zeugnisse und modernen Angebote der ehemaligen Augusta Treverorum kennen.

Nach Grußworten des Dekans des Fachbereichs Rechtswissenschaften an der Universität Trier, Prof. Dr. Mark A. Zöller, und des Trierer Fachvertreters für Römisches Recht, Prof. Dr. Thomas Rüfner, setzte sich die Veranstaltung am 6. März ihrer Tradition gemäß unter Ausschluss von Inhabern einer Professur fort, damit der wissenschaftliche Nachwuchs inter pares seine Projekte vorstellen konnte.

Unter dem Vorsitz von Dr. Philipp Klausberger (Wien) berichtete Dr. Norbert Pozsonyi (Szeged) über das „Pfandrecht in der Vertragspraxis“. Bezugnehmend auf Dokumente aus dem Archiv der Sulpizier wurden Fragen des Pfandverkaufs und des Haftungsmaßstabs behandelt. Sodann referierte Bastian Zahn (Wien) über die „Sicherung der Einhaltung des Stiftungszwecks bei antiken Stiftungen“. Ausgangspunkt dieses Vortrags war eine Inschrift aus Beda, dem heutigen Bitburg, die die Aussetzung einer Stiftung für Theater und Spiele überliefert. Den Vormittag beschloss Dr. Stanisław Kordasiewicz (Warschau) mit einem Vortrag zu „Haftungsfragen in den Schriften von Cuiacius“, in dem er mit der Abgrenzung der custodia-Haftung ein Rechtsproblem darstellte, zu dem der Begründer der französischen humanistischen Rechtswissenschaft an zwei Stellen seines Werks unterschiedliche Lösungen präsentierte.

Der Nachmittag war der Auseinandersetzung mit Papyri als Quellen für die römischrechtliche Arbeit gewidmet. Zunächst stellte Frau Prof. Dr. Bärbel Kramer, die Leiterin der Papyrologie an der Universität Trier, ihre Wissenschaftsdisziplin sowie exemplarisch einige hochinteressante Exponate der Trierer Papyrussammlung vor. Sodann fand unter dem Vorsitz von Dr. Constantin Willems (Trier) ein Workshop unter dem Titel „Erfahrungen und Probleme junger Romanistinnen und Romanisten bei der Arbeit mit Papyri“ statt. Philipp Rohdenburg (Köln) präsentierte ein anschauliches Beispiel für die Bedeutung von Papyrusquellen, indem er darlegte, wie der Fund des Papyrus P.Ryl. 474b recto die zuvor herrschende Lesart des Digestenfragments D. 12.1.1.1 veränderte. Dr. Dr. Nadine Grotkamp (Frankfurt) ging sehr kompetent auf generelle Erfahrungen und Probleme bei der Arbeit mit Papyri ein, zeigte Schwierigkeiten etwa aufgrund teilweise fehlender papyrologischer Aufarbeitung juristisch interessanter Quellen auf und verwies auf den reichhaltigen Fundus der in Papyri überlieferten Urkundspraxis, der zahlreiche anschauliche Quellen umfasst, deren endgültige Interpretation noch aussteht. Der Workshop zeigte den Reiz der Quellengattung „Papyri“ auf und regte den wissenschaftlichen Nachwuchs auf dem Gebiet des römischen Rechts zur Einbeziehung derartiger Quellen in ihr Forschungsspektrum an.

Im Anschluss stellte der Althistoriker Dr. Christoph Lundgreen (Dresden) die Mommsen-Gesellschaft als Netzwerk für die Zusammenarbeit mit verschiedenen anderen die Antike erforschenden Fachrichtungen (Latinistik, Gräzistik, Alte Geschichte und Klassische Archäologie) vor und legte den Jungen Romanistinnen und Romanisten insbesondere die Vorzüge einer „Jungmitgliedschaft“ nahe.

Der zweite Tag des Jahrestreffens war wiederum der Vorstellung von Forschungsprojekten aus dem Teilnehmerkreis gewidmet. Dr. Wolfram Buchwitz (Bonn) leitete die Vormittagssitzung, in der zunächst Aleksander Grebieniow (Bern) über die „Bedeutung der laesio enormis für das moderne Privatrecht“ referierte. Der Referent beleuchtete, wie die eigentlich zum Schutz desjenigen, der sein Grundstück für weniger als die Hälfte des wahren Wertes verkauft, geschaffene römische Norm von den Glossatoren unter Verwendung der Figur vom dolus in re ipsa generalisiert und damit zum Vor- bzw. Gegenbild moderner Normierungen zur Übervorteilung wurde. Sodann lieferte Dr. Gergely Deli (Györ) eine Exegese zum Digestenfragment D. 3.5.9.1 „Zur negotiorum gestio“ und arbeitete die verschiedenen Positionen der römischen Juristen zur Reichweite des bei der Geschäftsführung ohne Auftrag zu Ersetzenden heraus. Diese oszillierten zunächst zwischen zweckmäßig und nützlich sowie ex ante- und ex post-Sichtweise und führten letztlich zu einer Stimulation von fremdnütziger Geschäftsführung unter angemessenem Interessensausgleich. Lisa Isola (Wien) hinterfragte anschließend, ob das mit „Si pecuniam ideo acceperis, ut Capuam eas“ beginnende Digestenfragment D. 12.4.5pr. „als Beleg einer allgemeinen condictio ex paenitentia“ gesehen werden kann. Dies verneinte sie überzeugend mit der Auslegung, dass „nach Capua gehen“ eine Bezugnahme auf den berühmten Sklavenmarkt an diesem Ort darstelle, weshalb das Fragment in den speziellen Kontext des Sklavenfreikaufes einzuordnen sei.

Im Rahmen der von Dr. Christine Lehne (Innsbruck) geleiteten ersten Nachmittagssitzung stellte Julia Haubenhofer (Graz) „Verfahrensrechtliche Überlegungen zu Ulp. (11 ad ed.) D. 4.4.13.1“ an und behandelte etwa die spannenden Fragen, ob gegenüber dem Zweitverkäufer bei der restitutio in rem zwei Verfahrensalternativen bestanden und was der prätorische Rechtsschutz umfasste. Sodann nahm Dr. Pierangelo Buongiorno (Lecce) die Teilnehmer unter dem Titel „Nemus silva lucus: die Wälder und das römische Recht“ mit auf einen Streifzug durch die verschiedenen in lateinischen Quellen enthaltenen Begriffe für „Wald“, wobei insbesondere die Definition des Begriffes silva in Rechtsquellen besprochen wurde.

Das abschließende Panel unter dem Vorsitz von Dr. Salvatore Marino (Köln) eröffnete Vanessa Einheuser (Trier) mit einem Vortrag über die Vorschrift zum prozessualen Eid in der lex riviHiberiensis, der die in der Literatur vorgeschlagenen Ergänzungen der nur fragmentarisch überlieferten Inschrift kritisch würdigte und die Bedeutung dieses provinzialrechtlichen Zeugnisses für das allgemeine Bild vom klassischen römischen Eidesrecht betonte. Letztlich stellte Dr. Tommaso Beggio (Helsinki) „die Auffassung des Römischen Rechts im Werk von Paul Koschaker“ vor und arbeitete heraus, wie dieser Rechtsgelehrte in Zeiten des Nationalsozialismus das römische Recht begriff.

Die zahlreichen Diskussionen wurden fortgesetzt beim mittäglichen Spaziergang über den „feinen grünen Campus“ der Universität Trier und bei den Abendessen und einer Weinprobe in traditionsreichen Trierer Weinlokalen. Der Bezug zum Tagungsort wurde darüber hinaus bei einem rechtshistorischen Rundgang durch die Trierer Innenstadt unter Leitung von Dr. Constantin Willems und durch einen gemeinsamen Besuch im Rheinischen Landesmuseum Trier abgerundet.

Die Organisatoren schulden nicht nur allen Referenten und Teilnehmern, die das Jahrestreffen mit ihren Beiträgen bereicherten, sondern insbesondere auch dem Freundeskreis Trierer Universität e.V. Dank für die großzügige Unterstützung der Veranstaltung.

Im Jahre 2015 wird das nächste Jahrestreffen an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen stattfinden.

Vanessa Einheuser und Dr. Constantin Willems

Gruppenfoto der "Jungen Romanistinnen und Romanisten" 2014.
Die Teilnehmer beim Papyrologie-Workshop.
Vortrag von Lisa Isola.
Vortrag von Aleksander Grebieniow.
Im Rheinischen Landesmuseum Trier.