Keynote: PD Dr. Dirk Kranz (Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, Landau)

Warum werden Frauen von Männern häufiger objektifiziert als umgekehrt? Zur vermittelnden Rolle von Geschlechtsrolle und Sexualtrieb
Anhand zweier Stichproben heterosexueller Erwachsener aus Deutschland (Gesamt-N = 523; 18-59 Jahre; 61% Frauen) wurden Geschlechtsunterschiede in der Objektifizierung des anderen Geschlechts untersucht. Beide Studien zeigten, dass Männer Frauen stärker objektifizierten als umgekehrt. Dieser Effekt wurde durch den Sexualtrieb, aber nicht durch Geschlechterrollen vermittelt. Das heißt, die stärkere Tendenz von Männern, das andere Geschlecht zu objektifizieren, konnte auf ihren stärkeren Sexualtrieb zurückgeführt werden, aber nicht auf ihre höhere Maskulinität oder niedrigere Femininität. Dieses Muster war konsistent, unabhängig davon, ob die Geschlechterrolle als eindimensionales oder zweidimensionales Konstrukt erfasst wurde und ob der Fokus der Studie auf allgemeiner Körperobjektifizierung oder sexueller Objektifizierung lag. In der Diskussion geht es u.a. um die Frage, ob der Sexualtrieb als biologischer, evolutionsbasierter Faktor für den Kernbefund verantwortlich ist, und damit die Geschlechterrolle als kulturellen, sozialisationsbasierten Faktor „aussticht“.