Publikation der römischen Nekropole
Während der Zeit der römischen Okkupationsversuche rechts des Rheines 12 v. Chr. bis 16 n. Chr. stellte der Bereich des Lippeverlaufes eine der Hauptachsen des römischen Vordringens in das Innere Germaniens dar. Zahlreiche römische Militärstützpunkte entlang des Flusses, Holsterhausen, Haltern, Oberaden und Anreppen, bildeten das logistische Rückgrat für die Operationen des augusteischen Militärs. Der umfangreichste und bedeutendste Komplex dieser Anlagen liegt bei Haltern, etwa 45 km östlich der Mündung der Lippe in den Rhein bei Wesel. In den Jahren von 1982 bis 2006 ist es in Haltern gelungen, die einzige zeitlich geschlossene augusteische Nekropole nördlich der Alpen aufzudecken.
Die Bestattungen und Grabbauten von Haltern stehen in der Tradition der Gräber und Grabbauten italischer Gräberstraßen. Gallische oder einheimische Komponenten sind kaum auszumachen, die römischen Gräber in Haltern sind Bestandteil einer italischen Grabkultur inmitten eines völlig fremden kulturellen Raumes.
Ziel des Projektes ist die vollständige Aufnahme, wissenschaftliche Auswertung und Publikation der Funde und Befunde der römischen Gräber Halterns. Die Auswertung der gewonnenen Erkenntnisse wird es erlauben, Aussagen über die Strukturen der römischen Bevölkerung zu machen. Da bei römischen Bestattungen die Beigabenstruktur nicht unbedingt etwas über die soziale Bedeutung einer Person aussagt, jedoch dagegen die Größe und architektonische Gestaltung des Grabbaues, wird sich eine soziale Differenzierung innerhalb der Gesamtanlage herausarbeiten lassen.
Die Geschlechtsbestimmungen der Leichenbrände geben Auskunft darüber, wie hoch der Anteil der Frauen in dem halbmilitärischen Kontext war und erlauben es uns vielleicht, festzustellen, wie weit der römische Aufbauprozeß im rechtsrheinischen Germanien schon vorangeschritten war.
Die relativchronologischen Auswertungen werden eventuell die Fragen nach der Belegungsrichtung innerhalb der beiden Gräberstreifen beantworten und es gleichzeitig ermöglichen, erkennbare Veränderungen in der Gestaltung der Grabbauten und in der Beigabensitte zu konstatieren, wenn diese vorhanden sind.
Bedeutsam ist die chronologische Geschlossenheit des Gräberareals. Für die Anlage der römischen Gräber von Haltern standen höchstens 16 Jahre zur Verfügung.