Das Asklepieion von Pheneos.
Das Asklepieion von Pheneos. Ausgrabung, Rekonstruktion und architekturgeschichtliche Bedeutung eines späthellenistischen Heiligtums
Leitung: PD Dr. Konstantinos Kissas, Prof. Dr. Torsten Mattern
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft
Kooperationspartner: 37. Ephorie (Korinth)
Die antike Stadt Pheneos liegt in einem Hochtal im nördlichen Arkadien. Das Stadtgebiet besteht aus dem Akropolishügel, der nach Nordosten in einen niedrigeren Sattel übergeht, und einem weiteren, niedrigen Hügelausläufer im Süden, an dessen Osthang sich das Asklepiosheiligtum befindet. Es wurde von E. Protonotariou-Deilaki in den 50er und 60er Jahren ausgegraben, die Ergebnisse jedoch nur in kurzen Vorberichten vorgestellt. 1976/77 erfolgten Nachgrabungen und 2008 nahm die 37. Ephorie die Erforschung der Stadt durch Ausgrabungen im Bereich einer Straße westlich des Heiligtums wieder auf. Die aktuellen Arbeiten sind Teil eines Forschungsverbundes zur archäologischen Untersuchung des antiken Pheneos unter der Leitung des Direktors der 37. Ephorie, Herrn PD Dr. K. Kissas und laufen seit 2011. Sie haben das Ziel, den Befund archäologisch zu untersuchen, neu zu dokumentieren und zu publizieren. Dazu wird der Befund neu dokumentiert, die Kleinfunde katalogisiert und die Dokumentation der Altgrabung ausgewertet.
Das Heiligtum besteht aus drei Räumen, die nach Osten auf einen Hof mit einer Säulenstellung orientiert sind. Es lag an einen Hang und war über den Hof durch eine treppe oder Rampe zugänglich. Seine Hauptphase gehört in das 2. Jahrhundert v. Chr., es war, mit Nutzungsunterbrechungen und Wiederaufbau nach Zerstörung, wohl bis in das 3. oder 4. Jahrhundert n. Chr. in Benutzung.
Im nördlichen Raum (A) des Doppelheiligtums wurde eine Kultbildbasis gefunden, vor der eine Schwelle verlief und ursprünglich ein marmorner Kulttisch stand, der sich heute im Museum von Alt-Pheneos (Kalyvia) befindet. In dem südlichen Kultraum (B) wurde eine ca. 5 x 3m große Kultbildbasis aus grau-blauem Marmor mit der Bildhauersignatur des Attalos aus Athen aufgedeckt. Auf der Basis standen die Kultstatuen des Asklepios und der Hygeia. Von den Akrolith-Kultbildern sind die sandalentragenden Füße des Asklepios, der Kopf der Hygeia, ihre Füße und Fragmente ihrer Finger erhalten. Vor der Kultbildbasis lag ein Mosaik mit einem kleinen Altar in seiner Mitte, das heute ebemnfalls im Museum von Alt-Pheneos (Kalyvia) aufbewahrt wird. Der Raum C besaß keine Tür, sondern nur ein Fenster, das sich auf den westlichen Flügel eines teilweise von ionischen Säulen umgebenen Peristyls öffnete. Bei ihm handelt es sich wohl um ein Heroon. Vor den Kulträumen in der westlichen Portikus des Peristyls befinden sich noch Basen für Weihegeschenke in situ.
Die Kleinfunde der Altgrabung umfassen umfangreiche Bestände des ursprünglichen Kultinventars. Dazu gehören Weihegaben, wie z.B. Beschlagbleche von Geräten und Kästen, Möbelbestandteile, Knochenschnitzereien, Bronzebleche mit Blattgoldauflage, ärztliche Instrumente, Lampen, eiserne Werkzeuge, Bleigewichte, zahlreiche Fundmünzen sowie etwa 28 Kisten mit jeweils 8-10 Säcken mit Keramik. Seit 2012 wurden die Altfunde systematisch gereinigt, dokumentiert und ausgewertet, um ihre Fundorte bzw. -areal zu rekonstruieren. Über Höhenangaben und Schichtbeschreibungen in der Altgrabungsdokumentation können so Schichtzusammenhänge und deren Bezüge zu dem Befund teilweise rekonstruiert werden.
Neben der eigentlichen Architektur kann auch die farbige Gestaltung des Asklepieions weitgehend sicher rekonstruiert werden: An den Wänden der Räume und des Hofes sind noch Reste der bei der Ausgrabung sehr umfangreichen farbigen Putze erhalten, die Basen, Säulen und Kapitelle der Hofordnung besaßen einen farbigen Stucküberzug und auch die lakonische Dachdeckung war polychrom.
Im Gesamten kann so ein umfassendes Bild eines hellenistischen Heiligtums entwickelt werden, dessen Ursprünge vermutlich in einem lokalen Heilkult gelegen haben.
Literatur zu Pheneos und den laufenden Arbeiten
G. Giannakopoulos – K. Kissas – M. Lehner – P. Scherrer – Z. Spyranti – K. Tausend, Pheneos – Bericht zur ersten Grabungs- und Surveykampagne im August 2011, ÖJh 81, 2012, 51-65; K. Kissas, Neue Forschungen in der antiken Stadt Pheneos/Peloponnes, ÖJh 80, 2011, 155-166; K. Kissas, Pheneos, in: K. Kissas (Hrsg.), Antike Korinthia (Athen 2013) 139-145; K. Kissas, Η φενιατική Πεδιάδα. Τα αποτελέσματα των πρόσφατων ερευνών της Αρχαιολογικής Υπερεσίας, in: K. Kissas – W.-D. Niemeier (Hrsg.), The Corinthia and the Northeast Peloponnese. Topography and History from Prehistoric Times until the End of Antiquity, Proc. Int. Conference 2009, Athenaia 4 (München 2013) 437-444; M. Lehner – K. Tausend, Pheneos 2011, Forum Archaeologiae 63/VI/2012 (http://farch.net); E. Protonotariou-Deilaki, Ἀνασκαφἠ Φενεοῦ, ADelt 17, 1961/62,B1, 57-61 (Vorbericht); E. Protonotariou-Deilaki, Ἀνασκαφἠ Φενεοῦ,ADelt 20, 1965, B΄ 1, Athens 1967, 158-159; E. Protonotariou-Deilaki, Καταστροφές από Σεισμούς και Πλημμύρες στην Αρχαία Φενεό, Καλλίστευμα: Μελέτες προς τιμήν της Όλγας Τζάχου-Αλεξανδρή, 2001, σελ. 433 – 438 (zu der möglichen Zerstörung des Heiligtums durch ein Erdbeben); J. W. Riethmüller, Asklepios. Heiligtümer und Kulte, Studien zu antiken Heiligtümern 2 (Heidelberg 2005)