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Die Teilnehmer des Medienprojekts "Street Documentary" präsentieren ihre 8 kurzen Dokumentarfilme. Aufgabe war es, mit einer Einstellung und der zeitlichen Limitierung von einer Minute, filmisch kreativ zu werden und zwar zu dem Thema "Street Documentary".

Um das alltägliche Leben auf der Straße für andere "anschauenswert" zu machen, bedarf es mehr als der Neugier eines heimlichen, oder sogar voyeuristischen Blickes, von dessen Reiz sich wohl kaum jemand freisprechen kann. Mehr als das Haschen nach Skurrilem. Es geht vielmehr darum, der Prosa des Alltags Bilder abzuverlangen, die inspirieren, überraschen - eben berühren. Es gilt dem gewohnt Plakativen und der Inszenierung zu widerstehen. Street Documentary setzt Interesse an den Schauplätzen der "Straße", des öffentlichen Raumes und an Menschen voraus.
Das Gefühl für die "kleinen Szenen", dass Besondere im Alltäglichen, entscheidet über die Ausdruckskraft einer kleinen dokumentarischen Filmminute. Der Zufall spielt dabei eine wichtige Rolle. Christoph Hübner, ein bekannter Dokumentarfilmer, schätzt an der dokumentarischen Arbeit besonders die Möglichkeit des Entdeckens, des Überraschtwerdens. Denn im Gegensatz zum Spielfilm, befindet man sich in starker Abhängigkeit zu den mehr oder weniger zufälligen Protagonisten und der Dramaturgie des Alltags. Die Kürze eines "Single-Shot" Films mit dokumentarischem Anspruch stellt seine ganz eigenen Anforderungen an den Menschen hinter der Kamera. Man muss bewusst "fotografisch" Hinsehen, dabei die Tiefe berücksichtigen, sich auf die Lauer legen, Beobachten, schnell reagieren um den "richtigen Moment" einzufangen, der in einer einzigen Minute - gerade in dieser -, etwas auszudrücken vermag.
Wie bei einer "Jagd", legt sich der Dokumentarfilmer für seine Szene auf die Lauer und wartet auf den einen Moment, der es "Wert" ist gefilmt zu werden. Keine Absprachen, keine Inszenierungen - nur der aufmerksame und sensible Blick zählt. Und Geduld. "Das Warten", sagt Christoph Hübner, "ist für alle dokumentarische Arbeit etwas Zentrales. Das Wartenkönnen auf den richtigen Moment, auf das richtige Licht, auf die Situation, in der sich etwas zeigt, das Wartenkönnen auf die kurzen Augenblicke von Wahrheit, nach denen man immer wieder sucht - ohne das ist dokumentarische Arbeit nicht vorstellbar."
Auf die Frage "Was hast du entdeckt am Dokumentarischen?" antwortete Jürgen Bötcher: "Ich bin dahintergekommen, dass der Dokumentarfilm viel magischer ist als der Spielfilm. Dokumentarfilm ist so etwas wie unmittelbare Realisation. Beim Dokumentarfilm, wie ich ihn verstehe gibt es nur den Moment." Auch wenn "die Wirklichkeit Geduld einfordert, bis sie ein Moment, eine Szene "liefert", die dann durch ihren dokumentarischen Charakter ihre besondere Kraft entfalten kann. Dass für einen derartigen Moment eine Minute Film ausreichen kann, möchten wir anhand der folgenden "Single-Shot" Filme bekräftigen. 

Anne-Kathrin Krusché