Pierre Werner

Pierre Werner (* 29. Dezember 1913 in Saint André bei Lille, Frankreich; † 24. Juni 2002 in Luxemburg) wurde 1913 als Kind luxemburgischer Eltern in Frankreich geboren. Die Familie kehrte bei Ausbruch des ersten Weltkrieges nach Luxemburg zurück.

Dort absolvierte Pierre Werner Grund- und Oberschule und nahm 1934 in Paris das Studium der Rechtswissenschaft sowie der Wirtschafts- und Finanzwissenschaft an der "Ecole libre de Sciencs politiques" auf. Er schloss dort 1937 seine wirtschaftswissenschaftlichen Studien mit dem "Diplôme Politique et Sociale" ab. Im Januar 1938 wurde er zum Doktor der Rechte promoviert.

Nach kurzer Tätigkeit als Rechtsanwalt wurde Dr. Werner 1940 Angestellter der "Banque Generale du Luxembourg". Im Jahr 1945 berief man ihn dann in das Iuxemburgische Finanzministerium, wo er zuerst als "Kommissar für Bankenaufsicht" tätig wurde und seit 1946 bis zum Ende seiner Regierungskarriere Luxemburg bei dem Weltwährungsfonds und bei der Weltbank auf höchster Ebene vertrat. Ende 1953 wurde Dr. Werner Finanzminister in der von Staatsminister Joseph Bech geleiteten Regierung des Großherzogtums Luxemburg. ln den folgenden Jahren hat Dr. Werner eine Vielzahl weiterer Ministerämter bekleidet. Zugleich war er für einen Zeitraum von insgesamt über zwanzig Jahre (1959 bis 1974 und 1979 bis 1984) Präsident der Regierung und Staatsminister des Großherzogtums Luxemburg.

Anlässlich seines achtzigsten Geburtstages wurde Dr. Werner am 19. November 1993 die Ehrendoktorwürde der Universität Trier verliehen.

Mit der Vergabe der Ehrenpromotion an Dr. Werner wird das Wirken einer Persönlichkeit ausgezeichnet, die den Verlauf der europäischen Integrationsbestrebungen entscheidend geprägt hat. Schon seit 1960 verwendete er·sich mit Nachdruck für eine beschleunigte Integration mit dem Ziel eines einheitlichen Marktes der Länder der Europäischen Gemeinschaften.

Von besonderer Aktualität und Bedeutung für diesen Fachbereich ist insbesondere das Wirken von Dr. Werner für eine Wirtschafts- und Währungsunion in Europa.

Im Jahr 1970 beauftragte ihn der Ministerrat der EG, alle Aspekte des im Dezember 1969 beschlossenen Vorhabens einer Wirtschafts- und Währungsunion zu prüfen und eine entsprechende Konzeption zu erarbeiten. Das Programm, demzufolge eine stufenweise Verwirklichung der monetären Union bis Anfang der 80er Jahre erreicht werden sollte, ist als "Werner Bericht" in die Wirtschaftsgeschichte eingegangen.

Wenn auch nach anfänglicher Umsetzung die weitere Verwirklichung des Planes letztlich wegen der internationalen Turbulenzen infolge von Dollar- und Erdölkrise scheiterte, so bildete doch der "Werner-Bericht" als erste konsensfähige und deshalb politisch durchsetzbare Konzeption das Fundament nachfolgender integrativer Schritte. Ohne die darin formulierte präzise Abfolge von Stufen, die zu einem einheitlichen Währungsraum der EG führen sollten, wäre der im Vertrag von Maastricht manifestierte neuerliche Anlauf zur Komplettierung wirtschaftlicher Integration durch eine Währungsunion kaum möglich geworden.

Auf wissenschaftlichem Gebiet liegt die Leistung Dr. Werners vor allem darin, Anstöße gegeben und Möglichkeiten, Voraussetzungen und Probleme weitergehender wirtschaftlicher Integration mit dem Ziel einer Währungsunion aufgezeigt zu haben, die trotz aller verbleibenden Kontroversen die Grundlagen für eine versachlichte Diskussion bilden.