Kleonai

Kleonai - Archäologische Forschungen zu einer Stadt des "Dritten Griechenlands"

Leitung: Prof. Dr. Torsten Mattern

Förderung: DFG, Gerda Henkel-Stiftung

Kooperation: 37. Ephorie Korinth, DAI Athen

I  Lage

Kleonai liegt auf zwei sanften Hügeln in einem großen und fruchtbaren Tal, etwa 20 km südwestlich von Korinth. Die Stadt lag an wichtigen Straßen und Pässen, welche die Argolis und die Täler von Nemea und Phlious erschlossen und damit den Zugang in die innere Peloponnes ermöglichten.

Das 35 ha große Stadtgebiet wird von einer ca. 2,3 km langen Stadtmauer umgeben und durch die beiden miteinander verbundenen Stadthügel gegliedert. Südöstlich schließt sich an die Akropolis ein nahezu ebenes Gelände an, das als  'Untere Akropolis' bezeichnet wird. Die Agora dürfte sich auf einem Feld in der Senke im Süden zwischen den beiden Stadthügeln befinden. 

II  Geschichte Kleonais

Es gibt Hinweise darauf, daß Kleonai bereits in der späten Bronzezeit als Siedlung existierte, wohl gleichzeitig mit dem Fundort „Zygouries“. Aus dem Stadtbereich und der engeren Umgebung gibt es auch geometrische Funde, jedoch ist eine Siedlungskontinuität derzeit unwahrscheinlich. Die früheste literarische Erwähnung fand Kleonai in dem Schiffskatalog der Ilias (Hom. Il. 2, 570), in der Tat scheint die Stadt eine Blütezeit in der Archaik gehabt zu haben, wie die Gründung der panhellenischen Spiele von Nemea 573 v. Chr. und bedeutende archäologische Befunde zeigen (s.u.). Seit dem frühen 5. Jh. v. Chr. geriet Kleonai immer mehr in die Abhängigkeit seiner Nachbarstadt Argos. Gemeinsame Feldzüge mit den Argivern wurden gegen Mykene durchgeführt und sie teilten auch die Niederlage zusammen mit den verbündeten Athenern bei Tanagra. Vom Ende des 4. Jhs. v. Chr. gehörte Kleonai dann sogar zu Argos, bis es am Ende des 3. Jhs. v. Chr. als Bundesstadt des achäischen Bundes wieder souverän wurde. Auch in der Kaiserzeit und in der Spätantike konnte die fortgesetzte Besiedlung Kleonais inzwischen nachgewiesen werden.

III  Archäologische Erforschung einer Stadt des „Dritten Griechenlands“

Kleonai gehört zu dem „Dritten Griechenland” (Gehrke), den Kleinstädten jenseits der großen Zentren wie Athen, Argos oder Korinth. Zugleich war die Stadt über eine bedeutende Zeitspanne hinweg die Ausrichterin der panhellenischen Spiele von Nemea. Aus diesen Gründen und weil das Stadtgebiet von Kleonai niemals überbaut wurde und sich deswegen archäologische Befunde gut erhalten haben, besteht ein besonderes Interesse der Forschung. So legt die teilweise ungewöhnliche Architektursprache ein wichtiges Zeugnis von der Unbefangenheit von Traditionen und der Innovationskraft jener Kleinstädte ab, die damit ein wichtiges Korrektiv zu Befunden in den kulturellen Zentren Griechenlands bilden.

2000–2001 wurde das extramurale Herakleion, ein hexastyler Prostylos aus der 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. und ein davorliegender Peribolos, gereinigt und dokumentiert. Der ‚Heilige Bezirk’ auf der Unteren Akropolis (S1) wurde 2002–2005 ausgegraben. Dabei wurde ein archaisches Heiligtum gefunden, das von einer christlichen Basilika des 6. Jhs. n. Chr. überbaut wurde. Den nördlichen Abschluß der Unteren Akropolis bildet das Areal des ‚Terrassenbaus’, das 2005–2006 archäologisch untersucht wurde. Hier konnte u.a. ein hellenistisches Propylon und weitere, kleinere Baureste freigelegt werden. Das Gesamtareal der Unteren Akropolis konnte im April 2006 erfolgreich geophysikalisch untersucht werden. 


2008 und 2009 wurden ausgewählte Bereiche des Umlands der Stadt intensiv begangen. Auf diese Weise konnten zahlreiche neue Fundstellen identifiziert werden, die es erlauben, eine Vorstellung von der Entwicklung und Struktur der Besiedlung des Tals zu gewinnen. Zugleich wurde durch Prof. Dr. A. Vött (Köln) mit einer Arbeitsgruppe erste geoarchäologische Bohrungen durchgeführt, welche die naturräumliche Entwicklung und die menschlichen Eingriffe untersuchen wollen.

Auf der Agora wurden im Sommer 2006, parallel zu den Arbeiten am Terrassenbau, Blöcke (teilweise mit Inschriften) mehrerer Exedren dokumentiert und zur Sicherung in das Archäologische Museum von Nemea gebracht. 2007 wurden alle oberflächlich sichtbare Befunde und Bauglieder auf der Agora dokumentiert. 

IV  Organisation der Forschungen

Die archäologischen Forschungen in Kleonai werden in einer Synergasie des DAI und des griechischen Denkmalamtes (LZ’EPKA, Korinth) unter der Leitung von Prof. Dr. Mattern durchgeführt. Als weitere Partner sind Dr. J. Marchand (Ohio), Dr. V. Grieb (Hamburg) und Prof. Dr. A. Vött (Köln) beteiligt. Die Arbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Gerda Henkel-Stiftung finanziert. Es ist mir ein besonderes Anliegen, allen Beteiligten meinen herzlichen Dank für die Unterstützung des Projektes auszusprechen! 

Literatur zum Projekt und den laufenden Arbeiten:

T. Mattern, Kleonai 2000 - 2001. Vorbericht über die Arbeiten im Herakleion, AA  2002/2, 1 – 8;  J. Whitley (Hrsg.), Archaeology in Greece 2002 – 2003, AR 49, 2003, 20 Abb. 33 f.; J. Whitley (Hrsg.), Archaeology in Greece 2003 - 2004, AR 50, 2004, 18; J. Whitley (Hrsg.), Archaeology in Greece, 2004 - 2005, AR 51, 2005, 19; J. Whitley (Hrsg.), Archaeology in Greece, 2005 – 2006, AR 52, 2006, 24; J. Whitley (Hrsg.), Archaeology in Greece, 2006 - 2007, AR 53, 2007, 14 f.; T. Mattern, Die frühchristliche Basilika von Kleonai (Peloponnes), in: Bericht 44. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung der Koldewey-Gesellschaft, Wroclaw/Breslau 2006 (Bonn 2008) 170-178; T. Mattern, Wasserversorgung und Wasserbau. Siedlungen und ihr Umland im antiken Griechenland, in: T. Mattern – A. Vött (Hrsg.), Mensch und Umwelt im Spiegel der Zeit. Aspekte geoarchäologischer Forschungen im östlichen Mittelmeer (Wiesbaden 2009) 75-95;  T. Mattern, Überlegungen zu hellenistischen Dachwerken (mit einem Beitrag von P. Hegewald), in: A. v. Kienlin (Hrsg.), Antike Holztragwerke, Tagung München 2007, Byzas 11 (Istanbul 2011) 137-156; T. Mattern - N. Buthmann - B. Zickgraf, Zwischen Olivenbäumen und Weinbergen. Ausgrabungen und geophysikalische Prospektion im Peloponnesischen Kleonai, in: U. Recker – B. Steinbring – B. Wiegel (Hrsg.), Jäger – Bergleute – Adelige. Archäologische Schlaglichter aus vier Jahrtausenden. Festschrift für Claus Dobiat zum 65. Geburtstag (Rahden/Westf. 2012) 59-78; T. Mattern, Das „wohlgebaute Kleonai“. Neue Ausgrabungen in einer Stadt des „Dritten Griechenlands“, in: AW 2/2012, 46-54; T. Mattern, Feldforschungen in Kleonai (Peloponnes), Archäologie in Deutschland 2012.3, 70; T. Mattern, Kleonai. Neue Forschungen in einer Stadt des ‚Dritten Griechenlands‘, in: K. Kissas – W.D. Niemeier (Hrsg.), The Corinthia and the Northeast Peloponnese. Topography and History from Prehistory until End of the Antiquity, Athenaia 4 (München 2013) 323-332