Deutsche Auswandererbriefsammlung (DABS)

Projektleitung: Prof. Dr. Ursula Lehmkuhl

Projektförderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Freie Universität Berlin Innovationsfonds, Universität Trier Forschungszentrum Europa, Universität Trier Digital Cultural Heritage
Laufzeit: seit 2003 fortlaufend

Prof. Dr. Ursula Lehmkuhl ist die Leiterin der Deutschen Auswandererbrief-Sammlung (DABS), der europaweit größten Sammlung von Auswandererbriefen des 19. und 20. Jahrhunderts (www.auswandererbriefe.de). Die DABS umfasst insgesamt mehr als 11.000 unveröffentlichte Briefe mit über 35.000 Briefseiten. Sie deckt den Zeitraum 1800 bis 2004 ab. Zur DABS gehören darüber hinaus Kopien von ca. 2.000 gedruckten Briefen und der Nachweis von etwa 4.000 gedruckten oder unveröffentlichten Briefen aus dem Zeitraum 1830 bis 1930, die in Landes-, Regional- und Lokalarchiven liegen. Die DABS hat 1.277 Briefschreiber namentlich und in der Regel mit biographischen Kontextinformationen erfasst.

Neben den Briefen selbst gibt es umfangreiches Begleitmaterial (ca. 20.000 Seiten), das die Einsender zusammen mit den Briefen der Sammlung überlassen haben: Postkarten, Briefumschläge, Fotos, Testamente, Einbürgerungsurkunden, Sterbeurkunden, Taufurkunden, Zeitungsausschnitte, Überweisungsträger, Inventar- und Rechnungsbücher, Kaufverträge, Katasterauszüge, Rechnungen, Informationsbroschüren, Fahrkarten, etc. Außerdem sind mit Unterstützung der Einsender Personalbögen zu den Briefschreibern angefertigt worden. Sie enthalten Informationen zum Familienstand, zur wirtschaftlichen Situation vor und nach der Auswanderung, Namen der mitauswandernden Familienmitglieder, Ausbildung und Beruf, Tätigkeiten in den USA, Auswanderungs- und Einwanderungshafen, etc.

Auswandererbriefe sind eine wichtige Quelle für migrationshistorische Forschung. Sie geben Aufschluss über Fragen nach der Motivation und dem wirtschaftlichen Hintergrund der Auswanderung, beruflichem Fortkommen und Sozialstatus, ethnischem Eigenleben in Vereinen, Schulen, Kirchen, Verhältnis zur Mehrheitsgesellschaft und ihren Minderheiten, besonders Arbeitswelt, Lebensstandard, Diskriminierung und Politik, Strukturen von Siedlung und Kettenwanderung, sowie Integration, Wertewandel und den Akkulturationsprozess. Auswandererbriefe sind zudem für die linguistische Forschung interessant. Sie sind Textzeugnisse aus der Feder einfacher Menschen, die ohne die Auswanderung kaum geschrieben und schriftliche Zeugnisse hinterlassen hätten. Die Briefe geben wertvolle Einblicke in die Sprachpraxis und den Alltagssprachgebrauch.

Auf der Grundlage der Auswandererbriefe beschäftigt sich Ursula Lehmkuhl zum einen mit den Lebensgeschichten der Auswanderer. Wie werden die Auswanderung und die Mobilität nach der Migration erzählt und lebensgeschichtlich verarbeitet? Welche Rolle spielt der öffentliche Diskurs in der Rahmung der Migrationserzählung? Welche Erinnerungsschichten beeinflussen das lebensgeschichtliche Migrations- und Mobilitätsnarrativ? (Buchprojekt: Die Auswandererfamilie Johann Heinrich Carl Bohn: Lebensgeschichten und soziale Praxis eines transnationalen Familien-Netzwerks, 1852-2005)

Darüber hinaus ist sie an der Erforschung des Zusammenhangs von geographischer und sozialer Mobilität interessiert. Zur Beantwortung der Frage greift das Projekt auf digitale Analyseinstrumente und Visualisierungstools zurück. Das Projekt wird durch bürgerwissenschaftliche Forschung des Vereins für Computergenealogie unterstützt.

Projekthistorie

  • 1985-1995: Aufbau der Auswandererbriefsammlung unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Helbich, Ruhr-Universität Bochum, gefördert durch die Stiftung Volkswagenwerk und die Thyssen Stiftung
  • 2000: Verlagerung der Auswanderungsbriefsammlung an die Forschungsbibliothek Gotha
  • 2003-2006: Sammlung von Auswandererbriefen in den neuen Bundesländern unter der Leitung von Prof. Dr. Ursula Lehmkuhl, gefördert durch die DFG
  • 2009-2010: Archiv- und Erschließungsarbeiten zu einzelnen Briefserien gefördert durch den Innovationsfonds, Freie Universität Berlin
  • 2017-2018: Anschubfinanzierung für die Entwicklung eines DFG-Langfristprojektantrags zur Erstellung eines digitalen Archivs und Online Portals, gefördert vom Forschungszentrum Europa, Universität Trier
  • 2020: Digitalisierung der Sammlung im Rahmen der Cultural Heritage Studies Trier.

Geplante Buchprojekte

Die Auswandererfamilie Johann Heinrich Carl Bohn: Lebensgeschichten und soziale Praxis eines transnationalen Familien-Netzwerks, 1852-2005 (Buchprojekt)

Briefeditionen

Helbich, Wolfgang/Walter D. Kamphoefner/Ulrike Sommer (Hg.) (1988): Briefe aus Amerika. Deutsche Auswanderer schreiben aus der Neuen Welt 1830-1930 (München: Beck).

Helbich, Wolfgang (Hg.) (1985): "Amerika ist ein freies Land ..." Auswanderer schreiben nach Deutschland (Darmstadt: Luchterhand)

Helbich, Wolfgang /Walter D. Kamphoefner (Hg.) (2002): Deutsche im Amerikanischen Bürgerkrieg. Briefe von Front und Farm 1861-1865 (Paderborn: Schöningh)

Helbich, Wolfgang J. (1988): "Alle Menschen sind dort gleich...". Die deutsche Amerika-Auswanderung im 19. und 20. Jahrhundert (Düsseldorf: Schwann)

Kamphoefner, Walter D./ Wolfgang Helbich (Hg.) (2009) (paperback 2017): Germans in the Civil War. The Letters They Wrote Home (Chapel Hill: University of North Carolina Press).

Kamphoefner/Walter D. /Wolfgang Helbich/Ulrike Sommer (Hg.) (1991): News from the Land of Freedom. German Immigrants Write Home (Ithaca: Cornell University Press).

Sonstige Publikationen

Lehmkuhl, Ursula (2011): Auswandererbriefe als kommunikative Brücken. Wege und Formen der (Selbst-)Verständigung in transatlantischen Netzwerken, in: Zeitschrift für Mitteldeutsche Familiengeschichte, 52. Jg., H. 2, April-Juni 2011, 65-84.

Lehmkuhl, Ursula (2014): Heirat und Migration in Auswandererbriefen – Die Bestände der Nordamerika-Briefsammlung, in: L’Homme – Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft 25:1, 123-128.

Lehmkuhl, Ursula (2014): Johann Heinrich Carl – The Revolutionary: The History and Collective Memory of a German-American Family, 1852-2004, in: Studia Migracyjne (40:1), 31-56.

Lehmkuhl, Ursula (2014): Reading Immigrant Letters and Bridging the Micro-Macro Divide, in: Studia Migracyjne (40:1), 9-30.

Lehmkuhl, Ursula (2020): Das Genre “Auswandererbrief”, in: De Gruyter-Handbuch Brief, 2 Vols., Eds. Eve-Marie Becker, Isabel Marie Schlinzig, Jörg Schuster, Jochen Strobel (Berlin: De Gruyter), 639-653.

Cultural Heritage Blog

Die Universität Trier unterstützt im Rahmen ihrer Förderung der Cultural Heritage Studies die Digitalisierung des Bestandes der Deutschen Auswandererbrief-Sammlung (DABS). Auswandererbriefe sind ein wichtiges transnationales kulturelles Erbe. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, lesen Sie unseren blog: blog-fbg.uni-erfurt.de oder besuchen Sie unsere Website CHeST - Cultural Heritage Studies.