Impression der Vernissage
Vitrine zu Kants Werken
In der Vitrine ist zu sehen von links oben:
1 Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Zweite Auflage. Riga: Hartknoch 1787
Die „Kritik der reinen Vernunft“ ist das Hauptwerk Kants und darf wohl als eine der entscheidendsten philosophiehistorischen Wendemarken gelten. Sie ist die erste von zwei weiteren Kritiken, der „Kritik der praktischen Vernunft“ (1788) und der „Kritik der Urteilskraft“ (1790), welche zusammen das Fundament seiner kritischen Philosophie bilden. Sie erschien zuerst 1781 (Sigle A), wurde von Kant aber in entscheidenden Abschnitten, insbesondere der sog. Kategoriendeduktion, 1787 in der zweiten Auflage (Sigle B) umgearbeitet, wobei die Grundkonzeption dieselbe blieb. Der Ansatzpunkt der „Kritik der reinen Vernunft“ ist ein Problem, das sich für Kant aus aller vormaligen Philosophie, die sich als Metaphysik versteht, ergibt: Metaphysik ist die Erkenntnis vom Wesen oder von den letzten Gründen der Dinge, die sich nicht durch Erfahrung erlangen läßt, sondern über die Erfahrung hinausgeht. Bei diesem Wissen stellt sich die Frage: Wie läßt sich solche Erkenntnis rechtfertigen? Die Grundfrage der „Kritik der reinen Vernunft“ lautet daher: „Wie ist Metaphysik als Wissenschaft möglich?“ (B 22). Die Antwort ist letztlich: Erkenntnis, die über die Erfahrung hinausgeht, kann es nur geben vom Erkenntnisvermögen selbst. Aber eine theoretische Erkenntnis von einer unsterblichen Seele, von den letzten Gründen des Weltganzen und von der Existenz Gottes kann es nicht geben. Großen Raum nimmt Kants Analyse unseres Erkenntnisvermögens ein, seinen Leistungen und Grenzen. Seine Methode hierbei ist revolutionär und völlig neuartig: Die transzendentale Argumentation, die nach den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis fragt. Doch wie ist Kant auf die neuartige Methode der Transzendentalphilosophie gestoßen?
In der Zeit zwischen seiner Berufung an die Universität Königsberg im Jahre 1770 und der Veröffentlichung der „Kritik der reinen Vernunft“ vergingen zehn Jahre, während derer Kant so gut wie nichts veröffentlichte; dieser Lebensabschnitt Kants wird daher „das stille Jahrzehnt“ genannt. In seiner Dissertation von 1770 hatte Kant bereits eine erste Grundlage seiner neuen Theorie aufgefunden: Raum und Zeit sind subjektive Formen der Anschauung, daher sind die Gegenstände in Raum und Zeit nicht Dinge an sich selbst, sondern nur Erscheinungen. Die in „De mundi sensibilis“ aufgestellten Argumente für diese These übernimmt Kant leicht geändert in die „Kritik der reinen Vernunft“. Entscheidende Neuerung aber gegenüber der Dissertation und Herzstück der „Kritik der reinen Vernunft“ ist die „Transzendentale Deduktion der reinen Verstandesbegriffe“. In ihr zeigt Kant, daß auch der Verstand über subjektive Formen des Denkens verfügt, die Kategorien, und daß diese Formen nur objektiv gültig sind, wenn sie auf Gegenstände der Sinnlichkeit bezogen werden, daher ist Metaphysik als Wissenschaft nicht möglich. Die eigentlich radikale Form dieses Gedankens besteht nun darin, daß Gegenstände nur insofern Objekte sind, als sie durch Kategorien überhaupt erst konstituiert werden. Aus dieser Lehre folgt der Satz „Die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung überhaupt sind zugleich die Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung.“ (B 197). Kant behauptet demzufolge, daß die Kategorien der Natur gleichsam die Gesetze vorschreiben und diese sogar erst möglich machen (B 159). In der Vorrede zur zweiten Auflage der „Kritik der reinen Vernunft“ formuliert Kant diesen Gedanken als Arbeitshypothese: „Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntniß müsse sich nach den Gegenständen richten; aber alle Versuche über sie a priori etwas durch Begriffe auszumachen, wodurch unsere Erkenntniß erweitert würde, gingen unter dieser Voraussetzung zu nichte. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen, daß wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserem Erkenntniß richten, welches so schon besser mit der verlangten Möglichkeit einer Erkenntniß derselben a priori zusammenstimmt, die über Gegenstände, ehe sie uns gegeben werden, etwas festsetzen soll.“ Diese These ist die sog. „Kopernikanische Wende“ Kants.
Im zweiten Teil der „Kritik der reinen Vernunft“, der „Transzendentalen Dialektik“, wird die traditionelle Metaphysik im einzelnen kritisiert. Kant versteht unter „Dialektik“ eine Logik des Scheins und der Fehlschlüsse. Solche Fehlschlüsse und ihre Ursachen, die in der reinen Vernunft selbst liegen, werden von Kant in den drei Bereichen der speziellen Metaphysik, der rationalen Psychologie, Kosmologie und Theologie, systematisch aufgesucht und als scheinhaft widerlegt. Dieser Teil der „Kritik der reinen Vernunft“ verbleibt aber nicht rein negativ: Kant legt hier auch die Grundlagen zu seiner praktischen Philosophie, die er in der „Kritik der praktischen Vernunft“ ausgeführt hat, indem er die theoretische Möglichkeit der Freiheit rechtfertigt. Dies gelingt ihm durch die bereits zuvor erwiesene Unterscheidung von Erscheinung und Ding an sich, mit welcher es möglich ist, die sog. Antinomie der Freiheit zu lösen, die zwischen der Annahme einer universellen Naturkausalität besteht und der Annahme partieller Kausalität aus Freiheit. Die Lösung ist folgende: In den Erscheinungen läßt sich Freiheit nicht erkennen, sondern alles wird als durch Naturkausalität bestimmt betrachtet. Wenn wir aber annehmen, unser Wille sei Ding an sich, so ist es möglich, ihn als frei anzusehen. Doch Erkenntnis von der Freiheit des Willens kann es nicht geben.
Die zweite Auflage der „Kritik der reinen Vernunft“ stellt in einigen wesentlichen Partien eine Umarbeitung der ersten Auflage dar. In heute gebräuchlichen Ausgaben werden beide in den abweichenden Stellen zumeist im Paralleldruck wiedergegeben. Neben zahlreichen geänderten Formulierungen betrifft die Umarbeitung v.a. die sog. Transzendentale Kategoriendeduktion, d.h. die Rechtfertigung ihres Objektivitätsanspruches, sowie die „Paralogismen der reinen Vernunft“, d.h. die Fehlschlüsse der rationalen Psychologie, und die „Widerlegung des Idealismus“. Zudem hat Kant eine neue umfangreichere Vorrede und Einleitung verfaßt.
2 Immanuel Kant: Prolegomena zu einer jeden künftige Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können. Riga 1783.
Mit diesem Werk reagierte Kant auf Kritiker seiner „Kritik der reinen Vernunft“, die die Länge und Schwierigkeit des Textes bemängelten, und versuchte, einen Überblick auf die wesentlichen Inhalte der „Kritik der reinen Vernunft“ zu geben. Die „Prolegomena“ stellen nach Kants eigenen Angaben den „Plan“ der ersten Kritik dar. Hierbei verfolgte er jedoch eine andere Methode als in der „Kritik der reinen Vernunft“: Während Kant in der „Kritik“ synthetisch vorgeht, ist die Methode der "Prolegomena" analytisch.
Dieses Werk wird derzeit von der Kant-Forschuungsstelle Trier im Rahmen der neuen Standardausgabe der erke Kants neu ediert.
Informationen dazu hier.
3 Immanuel Kant: Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf. Königsberg: Nicolovius 1795.
In dieser kleinen Schrift stellt Kant einen Entwurf eines Völkerbundes dar. Kant kann zurecht als einer der geistigen Gründerväter der UNO gelten. Die Abhandlung ist als Friedensvertrag unter Staaten abgefaßt. Daß Kant Republikaner war, wird im ersten Definitivartikel deutlich: „Die bürgerliche Verfassung in jedem Staate soll republikanisch sein.“ Der Titel hat eine humorvolle Vieldeutigkeit, auf die Kant in der Einleitung hinweist: Das Schild eines Wirtshauses habe ihn zu dieser Schrift inspiriert, auf dem ein Friedhof zu sehen war.
4 Brief von Immanuel Kant an Friedrich Nicolovius vom 9. Mai 1798 (Autograph)
Das Autograph wurde der Bibliothek der Stadt Trier von Johann Hugo Wyttenbach, Direktor des Gymnasiums zu Trier, Lehrer von Karl Marx und Gründer der Stadtbibliothek Trier geschenkt.
Transkription:
Ew: Hochedelgebohren
erwiedere ich, auf Ihren Brief vom 2ten Mey 1798, daß ich dem Hrn. Prof. Hufeland, bey Übersendung des philosophisch-medicinischen Stücks für sein Journal, wirklich die Freyheit gegeben habe, es in dieses einzurücken, oder auch nach Belieben abgesondert heraus zu geben; weil ich damals noch nicht den Plan in Gedanken hatte, das Buch »Der Streit der Facultäten« in drey Abtheilungen namlich der p h i l o s o p h i s c h e n mit der Theologischen, der juristen- und der medizinischen Facultät auszufertigen und so in einem System darzustellen; wie ich es auch mit Ihnen vor Ihrer Abreise verabredet habe. — — Zugleich bitte ich dem Hrn. Prof: Hufeland eben dasselbe zu melden und mich, wegen der Einrückung des Ihm |
eigentlich gewidmeten Stücks in jenes Werk, aus der angeführten Ursache zu entschuldigen.
Noch habe ich, was die zweyte Auflage der metaph. Anf. Gr. der Rechtslehre betrifft, anzumerken: daß zweyerley Titel dazu gemacht werden müßten: der eine, welcher nur das Wort »Zweyte Auflage« hinzufügte der Andere aber welcher so lautete: »Erläuternde Anmerkungen zu den metaph. Anfangsgr. d. Rechtslehre von I Kant«: damit die, welche das erstere Buch schon besitzen nur das zweyte zu kaufen nöthig haben.
Sie schreiben mir daß Ihnen noch der Titel des ganzen Werks: Der Streit der Facultäten mangle. Meines Wissens habe ich ihn schon gegeben. Er heißt
Der Streit
der Facultäten
in drey Abschnitten
von Immanuel Kant
Alsdann kommen die Titelblätter für jeden dieser drey Abschnitte, z.B. »Erster Abschnitt der Streit der philosophischen Facultät mit der theologischen: Zweytens der Streit der philos. mit der Jurist. Fac: u.s.w.
Noch bitte ich den Setzer und den Corrector dahin anzuweisen, daß, da ich wohl hin und wieder das c mit dem k abgewechselt haben mocht z.B. practisch mit praktisch er hierin eine Gleichförmigkeit beobachten möchte und sich nach der Schreibart richten möge die er auf den ersteren Blättern antreffen wird; imgleichen daß ich die Drukfehler frühzeitig zugeschickt erhalte.
Gegen Ende dieses Buchs werden sie über einem Abschnitt den Titel finden: »casuistische Fragen« den Sie so abzuändern bitte: »Biblisch-historische Fragen.«
Ich bin Ihr ergebener
Freund und Diener
I Kant
Königsb: den 9ten Maj. 1798
(AA XXII, 243)