01

Mehr als nur ein Bauchgefühl - Zusammenhang von kardiovaskulärer und gastrointestinaler Interozeptiongenauigkeit
Autor*innenDilcher, M.; Eich, K.; Focke, P. & Jakobi, L.
DozentinM. Sc. Kim Opdensteinen
Abstractkein Abstract vorhanden
02Verbesserung der interozeptiven Sensitivität durch 5 tägigen Body Scan
Autor*innenReber, L.; Schmidt H. & Schönfeld, P.
DozentinM. Sc. Kim Opdensteinen
Abstract

Hintergrund: Interozeption beschreibt die afferente Signalübertragung des Körpers zum Gehirn, die zentrale Verarbeitung sowie die neuronale und mentale Darstellung von inneren körperlichen Veränderungen (Pace-Schott, 2019). Die interozeptive Sensibilität (IS) beschreibt dabei die selbstbeobachtende Tendenz, sich internal auf körpereigene Empfindungen zu fokussieren und sich derer bewusst zu sein (Garfinkel & Critchley, 2013). Diese kann mittels Fragebögen oder globalen Selbstberichtsmaßen erfasst werden. Eine gute Fähigkeit eigene Körpersignale bewusst zu erleben, kann positive Einflüsse auf gesundheitliche Parameter haben. Somit stellt die Trainierbarkeit der IS einen wichtigen Forschungsbereich dar. Die Befunde hinsichtlich der Verbesserung von Interozeptionsparametern durch Interventionstrainings sind jedoch gemischt. Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, ob die Fähigkeit zur adäquaten körperinternen Wahrnehmung (IS) durch die Durchführung eines 16-minütigen audiogeleiteten Body-Scans, über ein Zeitintervall von 5-Tagen, verbessert werden kann. Methode: Insgesamt nahmen 112 Versuchspersonen (87,5% weiblich) an der Studie teil. Teilnehmer waren ausschließlich Studierende der Universität Trier (90% Psychologie). Das Alter der Versuchspersonen erstreckte sich von 18-30 Jahren, mit einem durchschnittlichen Alter von 21,4 Jahren. Die gesamte Erhebung erfolgte über die Online-Umfragesoftware „Unipark“. Den Probanden wurden drei verschiedene Erhebungswochen angeboten, die Datenerhebung lief jeweils identisch ab. Zu Beginn wurden die Probanden randomisiert einer Experimental- oder Kontrollgruppe zugeordnet. Beide Gruppen erhielten jeweils für die Teilnahme an den verschiedenen Tagen eine E-Mail mit Informationen und dem Link zur Teilnahme. Montags füllten beide Gruppen demographische Angaben sowie den MAIA (Multidimensional Assessment of Interoceptive Awareness, Mehling et al. 2012) aus. Die Experimentalgruppe absolvierte anschließend, sowie an den darauffolgenden vier Tagen, täglich einen Body-Scan („Im eigenen Körper zu Haus“, Eßwein, 2015) mit anschließenden Reflexionsfragen. Der MAIA wurde erneut am letzten Messzeitpunkt erhoben. Die Kontrollgruppe füllte nur freitags und montags den Fragebogen aus. Zur Berechnung der IS wurden die gemittelten Ausprägungen der Personen auf allen Subskalen des MAIA Fragebogens herangezogen. Ergebnisse: Zur Signifikanzprüfung des Trainingseffekts der Interventionsübung wurde eine zweifaktorielle ANOVA mit Messwiederholung auf dem Faktor Messzeitpunkt gewählt. Es konnte sowohl ein signifikanter Haupteffekt Gruppe, F (1,110) = 8.393, p < .005, als auch Messzeitpunkt, F (1,110) = 28.493, p < .001 nachgewiesen werden.  Außerdem ergab sich ein signifikantes Ergebnis für die hypothesenrelevante Interaktion Gruppe*Messzeitpunkt (F(1,110) = 14.27, p < .001). Es konnte mithilfe von Paarweisen Vergleichen eine signifikante Verbesserung der Experimentalgruppe von Messzeitpunkt 1 zu 2 nachgewiesen werden, während die Kontrollgruppe in ihrer IS vergleichbare Ausprägungen zu beiden Messzeitpunkten zeigte. Diskussion: Es konnte gezeigt werden, dass die selbstberichtete Tendenz, internal fokussiert und bewusst zu sein, durch ein fünftägiges Body-Scan-Intervall deutlich verbessert werden kann. Es wurde versucht, eine möglichst standardisierte online Durchführung zu gewährleisten. Um die Stabilität der Effekte zu prüfen, wird im Rahmen der Folgestudie eine Follow-Up-Untersuchung nach 6 Monaten eingesetzt. Die Ergebnisse lassen sich aufgrund der selektiven Stichprobe (90% Psychologiestudent/innen) schwer generalisieren. In weiteren Untersuchungen sollte darauf geachtet werden, diese heterogener zu wählen. Zudem diente lediglich der subjektive Selbstbericht in Form des MAIAs als Messinstrument. In zukünftigen Studien sollte daher zusätzlich ein objektives Maß zur Erfassung der Interozeptionsfähigkeit genutzt werden.

03Interozeption: Der Spiegel - Eine Brücke zu deinem Inneren?
Autor*innenAlbach, K.; Janata, A.; Ullmann, M.; Kipp, H. & Schweizer, H.
DozentinM. Sc. Kim Opdensteinen
Abstract

Interozeption beschreibt die afferente Signalübertragung des Körpers zum Gehirn, die zentrale Verarbeitung sowie die neuronale und mentale Darstellung von inneren körperlichen Veränderungen. Ziel unserer Studie war es zu prüfen, ob die interozeptive Genauigkeit (IG) durch eine Selbstbeobachtungsaufgabe im Vergleich zu einer Kontrollbedingung erhöht werden kann. Weiterführend haben wir den modulierenden Einfluss des Selbstwertes sowie des Neurotizismus der Probanden auf die Veränderung der IG untersucht. Methodik: Die Stichprobe bestand aus 57 gesunden Studierenden (19-33 Jahre, MW = 21.86; SD = 3.51), davon 50 Frauen. Die Probanden füllten im Labor zunächst die Self-Esteem-Scale (Rosenberg, 2014) und das Big-Five-Inventory 2 (Danner et al., 2016) aus. Im Anschluss wurde die IG mittels Heartbeat Detection Task (Schandry, 1981) erfasst (prä). Die Probanden wurden randomisiert einer Experimental- oder Kontrollgruppe zugeteilt. Probanden der Experimentalgruppe betrachteten sich für 2 min in einem Spiegel, begleitet durch eine auditiv dargebotene Körperreise. Probanden der Kontrollgruppe schauten eine Tierdokumentation. In beiden Gruppen waren die Versuchsleiter während der Aufgabe nicht anwesend. Abschließend wurde in beiden Gruppen erneut die Heartbeat Detection Task (post) absolviert. Ergebnisse: Berechnet wurde zunächst eine messwiederholte Varianzanalyse mit den Faktoren IG (prä vs. post) sowie Gruppe (Experimental- vs. Kontrollgruppe). Entgegen der Hypothese zeigte sich keine Verbesserung der IG in der Experimentalgruppe, sondern in der Kontrollgruppe (F(1;50) = 3.85, p = 0.055, pη² = 0.072). Für die zweite Hypothese wurden zwei weitere Analysen berechnet, indem zusätzlich die Ausprägung des Selbstwertes (Mediansplit) sowie die Neurotizismusausprägung (Mediansplit) herangezogen wurde. Es zeigte sich kein modulierender Einfluss des Selbstwertes auf die Veränderung der IG zwischen den Gruppen (F(1;48) = 0.08, p = 0.773). Wie angenommen zeigte sich aber eine signifikante Wechselwirkung zwischen der Ausprägung des Neurotizismus, der Gruppe sowie der wiederholten Messung der IG (F(1;51) = 6.01, p = 0.018, pη² = 0.105). Post hoc Analysen zeigten, dass Probanden mit hohem Neurotizismus eine signifikante Verbesserung der IG erzielten, entgegen der Erwartung jedoch nur für Probanden in der Kontrollgruppe (F(1;25) = 10.18, p = 0.004, pη² = 0.206), nicht aber für die Experimentalgruppe (F(1;26) = 0.28, p = 0.600).

04Does “the world’s most relaxing song" have an effect on you?
Autor*innenJaschke, S.; Jörgensen, I.; Karallus, N.; Pförtner, C.; Thewes, J. & Spies, J.
DozentinDr. Carolyn Vatheuer (geb. Wu)
AbstractThis study examined the influence of music on stress reduction. More specifically, the effects of the song “Weightless” by Marconi Union on the decrease of measures such as cortisol levels, alpha amylase, heart rate, the amount of rumination and subjective stress perception after stress induction through a virtual reality version of the Trier Social Stress Test (TSST-VR) were assessed. Participants (N=20) – mainly psychology students of Universität Trier – were either exposed to music or to silence during a thirty-minute recovery period after the stressor. It was predicted that the physiological and psychological measures would decline significantly faster in the music intervention group participants and no intergroup differences in the stress response were expected before the music intervention started. The hypotheses were not supported as no group differences were found in stress measures during the recovery period. However, the change of subjective stress response and cortisol levels over time demonstrated that the stressor was successful. There was no group difference in rumination. Furthermore, the music intervention group had a significantly higher heart rate during preparation of the TSST than the control group, and the intervention group reported that they thought the situation was more challenging than the control group. This suggests that perhaps some group differences may have affected the stress recovery results. Even though the hypotheses were not supported, the data descriptively pointed in the expected directions. Due to the pandemic, data collection could not be completed. Consequently, future research should achieve bigger sample sizes.
05Neutral + Ambivalent = Positiv? Evaluative Konditionierung von Ambivalenz
Autor*innenLambrich, A.; Naß, C.; Ettwein, L.; Recktenwald, C.; Röhrig, N.; Krug, S.; Djouahra, N.; Rauer, M.; Karge, T.; Lange Mussons, S.; Scheffing, A.; Nikrandt, A. & Winter, A.
DozentinM. Sc. Lena Hahn
AbstractPlastik, Alkohol, Fleisch und Organspende haben gemeinsam, dass sie zeitgleich positive und negative Bewertungen—Ambivalenz—auslösen. Auch wenn Ambivalenz in vielen Bereichen von zentraler Bedeutung ist, ist über ihre Entstehung bisher wenig bekannt. Zur Erklärung der Entstehung von Einstellungen wird häufig evaluative Konditionierung verwendet. Durch die wiederholte Paarung eines neutralen Stimulus mit einem unkonditionierten Stimulus (US) wird die Valenz des US auf den nun konditionierten Stimulus (CS) übertragen. Im Jahr 2018 fanden Glaser et al. erste Evidenz für die Entstehung von Ambivalenz durch evaluative Konditionierung. In ihren Studien wurden die ambivalenten US aus einem positiven und einem negativen Bild zusammengesetzt. Die Ambivalenz konnte analog zu Univalenz von dem US auf den CS übertragen werden. Diese Ergebnisse sollen in unseren drei präregistrierten Onlinestudien konzeptuell repliziert werden. Jeweils wurden neutrale Stimuli mit positiven, negativen, neutralen und ambivalenten US gepaart. Als ambivalente US wurden in Studien 1 und 2 in sich ambivalente Bilder verwendet, während in Studie 3 die zusammengesetzten Bilder von Glaser et al. verwendet wurden. Wir stellen folgende Hypothesen auf: Ambivalente CS sollten höhere subjektive Ambivalenz im Selbstbericht zeigen als univalente CS. Zudem sollten ambivalente CS im Vergleich zu neutralen CS sowohl positiver als auch negativer bewertet werden (Studie 1); Ambivalente CS sollten eine längere Reaktionszeit zeigen als univalente CS (Studien 2, 3). Entgegen der Hypothesen zeigte sich, dass die ambivalenten CS die niedrigste subjektive Ambivalenz hatten (Studie 1). Zudem war bei den ambivalenten CS die Reaktionszeit nicht signifikant länger als bei univalenten CS (Studie 2, 3). Über alle Studien hinweg wurden ambivalente CS positiver bewertet als positive, negative und neutrale CS. Alternative Erklärungen und Implikationen für zukünftige Forschung werden diskutiert.
06Der Forward-Testing Effekt: Ein Phänomen das die Zeit überdauert?
Autor*innenAlthen, I. H.; Kaiser, M.; Moser, C. M.; Spottke, M. & Thielen, H.
DozentPD Dr. Bernhard Pastötter
AbstractAufbauend auf dem rückwärts gerichteten Testing Effekt, der die Erinnerungsleistung für Materialien durch Testen verbessert und vielfach in der Forschung repliziert wurde, untersucht die vorliegende Studie die Persistenz des vorwärts gerichteten Abrufübungseffektes, den Forward-Testing Effekt, bei komplexen Lernmaterialien. Der Forward-Testing Effekt verbessert durch Testen die Erinnerungsleistung neuer Lernmaterialien. Um die Persistenz dieses Effekts zu testen, setzt sich die Studie aus zwei unterschiedlichen Retentionsintervallen zusammen, einem kurzen Retentions-Intervall von 0 Minuten, sowie einem deutlich längeren von einer Woche. Die zweite Bedingung der Studie wird in Restudy und Testing unterteilt. Als Testmaterial wurden drei unzusammenhängenden und in unterschiedlicher Reihenfolge präsentierte Texte verwendet. Es wurden insgesamt 100 Versuchspersonen mit Durchschnittsalter von 22.7 Jahre erhoben. Im Anschluss an eine Lern-Phase, in der die Probanden die Texte 1, 2 und 3 in den unterschiedlichen Bedingungen lernten, folgte die Final Recall Phase. In dieser werden die Texte in umgedrehter Reihenfolge in einem freien Abruf getestet. Den rückwärts gerichteten Testing Effekt für den Final Recall Test 1 konnte nicht repliziert werden. Dafür konnte der vorwärts gerichtete Abrufübungseffekt nach 0 Minuten für den Final Recall Test 3 repliziert werden. Entgegen unserer Hypothese konnten der Forward-Testing Effekt nach einer Woche im Final Recall Test 3 nicht gefunden werden. Diese Ergebnisse bilden wichtige Grundlagen für theoretische Diskussionen über die Entstehung des Foward-Testing Effekts und sprechen eher für die Abruftheorie.
07Mir persönlich gefällt die Onlinewache! Sagen Persönlichkeitsmerkmale die Nutzungsintention der Onlinewache vorher?
Autor*innenBrust, L.; Decker, S.; Schermuly, M. & Seifert, H.
DozentProf. Dr. Thomas Ellwart
AbstractIm Dezember 2018 wurde von der Polizei in Rheinland-Pfalz die Onlinewache eingeführt, die es Bürger*innen erstmals ermöglicht, Strafanzeigen online aufzugeben. Die Abteilung der Wirtschaftspsychologie der Universität Trier wurde damit beauftragt, diese Anwendung zu evaluieren. In unserer Studie untersuchen wir einen möglichen Zusammenhang zwischen der Intention, die Onlinewache zu nutzen und ausgewählten Persönlichkeitsmerkmalen der Nutzer*innen. Angesichts der zunehmenden Relevanz der Digitalisierung liefert unsere Studie wichtige Erkenntnisse darüber, welche Persönlichkeitstypen welche Form von digitalen Systemen bevorzugen. Ziel der Studie ist es, eine differenzierte Sichtweise für die zukünftige Gestaltung digitaler Anwendungen zu schaffen. In unserer Studie untersuchen wir die Fragestellung, ob die Persönlichkeitsmerkmale Extraversion, Neurotizismus und Offenheit für neue Erfahrungen die Nutzungsintention der Onlinewache der Polizei Rheinland-Pfalz vorhersagen. Durch eine Online-Befragung wurden mit Hilfe der Items des BFI-K für jeden Probanden die Ausprägungen der besagten Persönlichkeitsmerkmale erfasst. In Anlehnung an das UTAUT Modell wurden die Einstellungen bezüglich der Nutzung der Onlinewache getestet und anschließend in Zusammenhang mit den ausgewählten Persönlichkeitsmerkmalen gesetzt. Um den Probanden eine gute Einschätzung der Onlinewache zu ermöglichen, wurde in Zusammenarbeit mit der Polizei Rheinland-Pfalz eine Beta-Version der originalen Website erstellt, mit welcher die Probanden die Möglichkeit hatten, das Erstellen einer Online-Strafanzeige zu simulieren. Es zeigte sich, dass jedes der Persönlichkeitsmerkmale Extraversion, Neurotizismus und Offenheit für neue Erfahrungen positiv mit der Nutzungsintention korreliert. Darüber hinaus ist Neurotizismus der stärkste Prädiktor für die Nutzung der Onlinewache. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Persönlichkeitsmerkmale einen bedeutenden Einfluss auf die Nutzungsintention der Onlinewache haben. Sie sind zwar unveränderbar, jedoch erlauben die gefundenen Ergebnisse eine bessere Anpassung der digitalen Systeme an die jeweiligen Persönlichkeitstypen.
08Solidarisch und sorgfältig: Induzierte Solidarität erhöht Spendeverhalten und Selbstregulation
Autor*innenCöstek, A. C.; Dogala, Z.; Herrmann, M.; Hoppe, H.; Hornig, S.; Kendir, G.; Ntiso, A.; Papageorgiou, P.; Schätzle, J.; Schaulis, M.; Schürmann, I.; Seubert, F.; Welsch, V. & Wiemer, H.
DozentM. Sc. Marc Latz
Abstract

Solidarität zu erfahren ist wohltuend. Darauf deuten einige Studien hin, die zeigen, dass prosoziales Verhalten positive Auswirkungen auf den Wohltäter hat. Prosoziales Verhalten kann als Schutzfaktor dienen, da es hilft, die negativen Auswirkungen von Stress zu reduzieren (Raposa, Laws & Ansell, 2015). Zudem zeigen Studien, dass soziale Unterstützung mit einer erhöhten, belohnungsbedingten neuronalen Aktivität einhergeht und infolgedessen positive Auswirkungen auf den physischen Gesundheitszustand erzielen kann (Inagaki et al., 2016). Nach Arnsperger und Varoufakis (2003) ist das bestimmende Merkmal von Solidarität die Identifikation mit einem negativen Umstand, von dem Dritte betroffen sind. Solidarität ist daher in erster Linie bedingungsspezifisch, unabhängig von persönlichen Charakteristika der Gruppenmitglieder, Erwartungen der eigenen Gruppe oder der Zielgruppe, sowie nicht von instrumentellen Gedanken motiviert. Die vorliegende Studie befasst sich mit der Idee, dass Solidarität eine Ressource darstellen und positive Effekte auf den Spender von Solidarität haben kann. Ein erster Schritt zur systematischen Untersuchung wäre, experimentell Solidarität anregen zu können. Es wurde daher ein Solidaritäts-Priming in Form einer Situationsbeschreibung mit Bezug zur Covid-19 Gesellschaft erstellt. Untersucht wurden die Auswirkungen des Primings auf Spendenverhalten und Selbstregulationskapazität von Versuchspersonen. Solidarität wurde durch das Solidarity-Game (Selten & Ockenfels, 1998) erfasst, in dessen Rahmen Versuchspersonen sich solidarisch mit den Verlierern eines Würfelspiels zeigen konnten. Die solidarische Handlung bestand darin eine Anzahl gewonnener Lose freiwillig an andere, unbekannte, Teilnehmende abzugeben, sollten diese nicht gewinnen. Als Maß für die Selbstregulationskapazität diente eine eigens erstellte, digitale Variante des D2-Aufmerksamkeit-Belastungstest. Der D2-Aufmerksamkeit-Belastungstest wurde in der Vergangenheit z.B. auch als Indikator für Selbstregulation interpretiert (Gröpel, Baumeister & Beckmann, 2014). Die Erhebung fand online über die Software Unipark statt. Es wurden 162 Versuchspersonen erhoben (davon 39 Personen männlich). Die Altersspanne erstreckte sich von 18 bis 33 Jahren. Dabei zeigte sich, dass Versuchspersonen nach einem Solidaritäts-Priming bereit waren, mehr Lose abzugeben als Versuchspersonen einer neutralen Vergleichsgruppe. Dieser Effekt weist darauf hin, dass das Priming erfolgreich solidarisches Verhalten fördert. Außerdem unterschieden sich Versuchspersonen je nach Priming in ihrer Leistung in einem Aufmerksamkeits-Belastungstest: Zwar bearbeiteten Probanden nach dem neutralen Priming mehr Items, allerdings zeigte sich, dass diese im Vergleich zu Versuchspersonen der Solidaritäts-Bedingung dabei signifikant mehr Fehler machten. Das liefert einen ersten Hinweis darauf, dass Solidarität als mentale Ressource wirksam werden kann. Wir konnten zeigen, dass solidarisches Verhalten im Labor erzeugt werden kann, und, dass ein solidarisches Mindset die Leistung in einer üblichen psychologischen Belastungsaufgabe verbessert. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass in Folgestudien die Betrachtung der Unterdrückung von dominanten Reaktionen sinnvoll wäre, da sich der Effekt in dieser Studie dann zeigt, wenn die Primärreaktion Distraktorreizen unterdrückt werden müsste. Schließlich handelt es sich bei der vorliegenden Studie um ein Online Experiment, eine Replikation im Labor wäre wünschenswert.

09Der Einfluss von Kontrollillusion auf Optimismus
Autor*innenBlum, K.; Gallenmiller, L.; Konz, G.; Loberg, R. & Radic, F.
DozentDr. Georg Halbeisen
AbstractDie Corona-Krise ist ein gutes Beispiel dafür, dass Menschen Schwierigkeiten haben Statistiken und Wahrscheinlichkeiten zu verarbeiten. So werden häufig beispielweise Basisraten systematisch ignoriert. Inwiefern diese berücksichtigt werden, kann aber auch von motivationalen Prozessen abhängig sein. Ziel dieser Studie ist es, den Einfluss von Kontrollillusion auf die verzerrte Interpretation von Wahrscheinlichkeiten zu untersuchen. Der Faktor der Kontrollillusion wurde induziert, indem Versuchspersonen mittels Tastendrucks angeben sollten, ob eine Glühbirne aufleuchten wird oder nicht. Dieser Faktor wurde in drei Gruppen unterteilt: eine Kontrollgruppe, bei der die Teilnehmer zu 50% das Aufleuchten der Glühbirne voraussagen, eine Gruppe mit hohem Kontrollerleben, bei der das Licht zu 75% erschien und eine Gruppe mit niedrige Kontrollerleben, bei der das Licht zu 25% erschien. Ferner bekam jede Versuchsperson sowohl positive als auch negative Szenarien in kurzer Textform präsentiert, die in ihren zugrundeliegenden Basisraten miteinander vergleichbar waren. Wichtig ist hierbei, dass die positiven Szenarien sich nicht durch die Abwesenheit des Negativen auszeichnen. Neben dem Faktor Valenz wurde die Höhe der Zahlenwerte und Basisraten variiert. Aufgabe der Versuchspersonen ist es einzuschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass ihnen das präsentierte Szenarium passiert. Zusätzlich wird eine objektive Prozentangabe präsentiert, anhand derer man schätzen kann, in welchem Ausmaß die Einschätzung der Versuchspersonen abweicht. A priori werden zwei Hypothesen aufgestellt. Erfahren die Teilnehmer einen Kontrollverlust, so kommt es zu einer Überschätzung der positiven und zu einer Unterschätzung der negativen Szenarien. Wird hingegen Kontrollerleben induziert, kommt es zu einem kleineren Ausmaß an falschem Optimismus und Pessimismus. Ergebnisse: Das Erzeugen eines Kontrollerlebens gelang nicht, da nur 25% der Items im Manipulation-Check signifikant wurden. Somit liegt eine schlechte interne Konsistenz vor. Da jeder Teilnehmer sowohl positive als auch negative Szenarien präsentiert bekam, konnte ein Stimmungseffekt vermieden werden. Die im Folgenden erläuterten Ergebnisse sind unabhängig von der zugrundeliegenden Bedingung zu betrachten. Alle Interaktionseffekte der Kontrollillusionsbedingung wurden nicht signifikant, jedoch liegt bei den Haupteffekten der Basisraten ein sehr großer Effekt vor. Die Teilnehmer gehen also davon aus, dass das präsentierte Szenarium eher Realität wird, wenn eine hohe Basisrate vorliegt. Des Weiteren ist der Haupteffekt Valenz signifikant. Demnach erwarten die Versuchspersonen, dass ihnen eher positive Ereignisse widerfahren als negative. Außerdem zeigte es sich, dass die Teilnehmer die Unterschiedlichkeit der Basisraten besser erfassen konnten, wenn die Szenarien in Zusammenhang mit großen Zahlenwerten dargeboten wurden.
11Warum Limits nicht immer zielführend sind: Der Limit Violation Effekt bei Zigarettenkonsum
Autor*innenBauer, C.; Dyck, J.; Staudt, K. & Tollmann, L.
DozentM. Sc. Brian Schwartz
AbstractHintergrund: Obwohl sich die Mehrheit der Raucher*innen der gesundheitlichen Gefahr bewusst sind und beabsichtigen, langfristig mit dem Rauchen aufzuhören, verringerte sich diese Zahl, je konkreter und kurzfristiger der Zeitrahmen dafür definiert wurde. So nahmen sich in einer Studie von Mühlig, Hoch & Wittchen (2004) letztendlich nur 13 Prozent der Raucher*innen vor, innerhalb der nächsten 30 Tage mit dem Rauchen aufzuhören. Es gibt viele Faktoren, die einen Einfluss darauf haben. Einer der Faktoren könnte der Limit Violation Effekt sein. Der Effekt, der schon bei Alkohol untersucht wurde, postuliert, dass das Brechen eines selbst gesetzten Limits negativen Stress bezogen auf den eigenen Konsum erzeugt, wenn Personen die Limitüberschreitung auf sich selbst beziehen und sich schuldig fühlen. Auf diesen Stress reagieren Personen wiederum mit einem erhöhten Konsum, um mit dem resultierenden negativen Stress umzugehen (Muraven et al., 2005). Ähnliche empirische Untersuchungen des LVE beim Zigarettenkonsum wurden bisher noch nicht durchgeführt. Zielsetzung: Ziel der Studie ist es, die Auswirkungen des Überschreitens eines selbst gesetzten Limits beim Rauchen auf den anschließenden Zigarettenkonsum näher zu beleuchten. Dadurch sollen mehr Informationen über Mechanismen erlangt werden, die die Aufrechterhaltung und Steigerung des Zigarettenkonsums fördern. Es wird folgendes Mediationsmodell im Voraus postuliert: Das Überschreiten selbst festgelegter Limits gerauchter Zigaretten (Limit Violation) führt zu erhöhtem Zigarettenkonsum, mediiert über gesteigerten negativen Stress, der auf den eigenen Zigarettenkonsum zurückgeführt wird. Methode: Mittels Ecological Momentary Assessment (EMA) wurde das Rauchverhalten der Versuchspersonen im Alltag erfasst. Dazu wurde die Smartphone-App MovisensXS genutzt. Zu Beginn wurden die demografischen Daten der Versuchspersonen sowie die Nikotinabhängigkeit abgefragt, letzteres mithilfe des Fagerström Test for Nicotine Dependence. Danach folgte die eigentliche Erhebung: Die App wurde so programmiert, dass die Versuchspersonen (N = 24) viermal täglich benachrichtigt wurden. Jeden Tag sollte zu jedem der vier Erhebungszeitpunkte jeweils ein Limit an gerauchten Zigaretten bis zum nächsten Erhebungszeitpunkt festgelegt werden. Zum nächsten Zeitpunkt wurde nochmals abgefragt, ob das Limit überschritten wurde. Außerdem sollten Fragen zum Schuld- und Stresserleben beantwortet und jede gerauchte Zigarette per Klick in die App eingetragen werden. Ergebnisse: Die aufgestellten Hypothesen wurden mittels einer Mehrebenenanalyse überprüft. Das Überschreiten der selbst festgelegten Limits gerauchter Zigaretten (Limit Violation) führte bei den Versuchspersonen hochsignifikant zu mehr negativem Stress bezogen auf den eigenen Zigarettenkonsum (b = 16.87, p < .001). Der erhöhte negative Stress führte zu marginal signifikant gesteigertem Zigarettenkonsum (b = 0.01, p = .055) und letztlich führte die Limit Violation zu marginal signifikant erhöhtem Zigarettenkonsum (b = 0.41, p = .06). Diskussion: Da die Ergebnisse in die richtige Richtung weisen, kann die Vermutung aufgestellt werden, dass die Hypothesen bei einem größeren Stichprobenumfang signifikant werden könnten. Neben der Stichprobengröße gibt es weitere Limitationen zu beachten, wie zum Beispiel technische Schwierigkeiten während des Assessments und den veränderten Alltag durch die Situation während der Corona-Pandemie. Die Studie kann als Anstoß gesehen werden, den Limit Violation Effekt als einen Mechanismus, der die Aufrechterhaltung und Steigerung des Zigarettenkonsums fördert, näher zu untersuchen.
13Warum bin ich heute so gut gelaunt? - Ein Ambulantes Assessment von Bedürfnisbefriedigung und Wohlbefinden
Autor*innenAlfter, M.; Kaspari, C.; Götte, A. & Graßmann, T.
DozentM. Sc. Brian Schwartz
AbstractHintergrund: Die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan (2000) stellt die drei menschlichen Grundbedürfnisse Autonomie (das Gefühl eigene Handlungen als selbstbestimmt wahrzunehmen), Eingebundenheit (Zuneigung, die man selbst verschenkt und andere einem geben) und Kompetenz (eigenes Handeln als wichtig, effektiv und erfolgreich zu erachten) in zentralen Zusammenhang mit Wohlbefinden. Wohlbefinden definiert sich hierbei über positiven und negativen Affekt als zwei unabhängige Dimensionen. Befriedigung der Bedürfnisse führt laut der Theorie zu positivem und deren Frustration zu negativem Affekt. Während einerseits die Annahme vertreten wird, dass die Ausgeglichenheit der Bedürfnisbefriedigung bzw. -frustration einen stärkeren Effekt auf das Wohlbefinden hat als einzelne Bedürfnisse an sich, gibt es ebenso Evidenz für die unterschiedliche Wichtigkeit einzelner Bedürfnisse je nach Kontextbedingungen. Fragestellung: Die vorliegende Untersuchung befasste sich mit der Frage, ob die in der Selbstbestimmungstheorie postulierten Zusammenhänge zwischen Bedürfnisbefriedigung bzw. -frustration und psychischem Wohlbefinden im Alltag von Studierenden nachgewiesen werden können. Es wurde angenommen, dass Bedürfnisbefriedigung zu verstärktem positivem Affekt (H1a) und Bedürfnisfrustration zu verstärktem negativem Affekt führt (H1b). Weiterhin wurde untersucht, inwiefern die Balance der Bedürfnisbefriedigung einen Einfluss auf das Wohlbefinden hat (H2). Methode: Diese Fragestellung wurde mithilfe des Ambulanten Assessments untersucht, bei dem die Erhebung der Daten über eine Smartphone-App im Alltag der Studierenden erfolgte. Insgesamt gab es N = 58 Teilnehmende, von denen 85 % Psychologie-Studierende und 75 % weiblich waren. Die Probanden beantworteten zweimal täglich über einen Zeitraum von fünf Tagen (Montag bis Freitag) Fragebögen zur Befriedigung und Frustration der drei Grundbedürfnisse, sowie zu ihrem Erleben von positivem und negativem Affekt. Bedürfnisbefriedigung und -frustration wurden mittels des Balanced Measure of Psychological Needs (BMPN) erfasst, der Affekt mithilfe der gekürzten Version des Positive and Negative Affect Schedule (I-PANAS-SF). Die hierarchischen längsschnittlichen Daten (Messzeitpunkte genestet in Probanden) wurden mit Hilfe von Mehrebenenmodellen ausgewertet, um der Gefahr eines ökologischen Fehlschlusses und der Verletzung der Unabhängigkeit der Daten Rechnung zu tragen. Ergebnisse: Es zeigte sich, dass die Befriedigung gemittelt über die drei Bedürfnisse eine signifikante Vorhersage des positiven (b = .688, p <.001) und die Frustration des negativen Affekts (b = .594, p <.001) erlaubten. Weiterführend zeigte eine getrennte Berechnung der einzelnen Bedürfnisse als Prädiktoren für den Affekt eine höhere Varianzaufklärung (positiver Affekt: R2 = .254; negativer Affekt: R2 = .385) als bei der aggregierten Berechnung. Den besten Prädiktor für positiven Affekt stellte die Befriedigung von Autonomieerleben (b = .321, p <.001), für negativen Affekt die Frustration von Kompetenzerleben (b = .239, p <.001) dar. Dass die Ausgewogenheit der Bedürfnisbefriedigung positiven Affekt bzw. der Bedürfnisfrustration negativen Affekt vorhersagen kann, konnte nur für negativen Affekt (b = .388, p <.001) hypothesenkonform bestätigt werden. Für positiven Affekt zeigte sich kein Einfluss der Ausgewogenheit der Bedürfnisbefriedigung. Diskussion: In ihren zentralen Annahmen konnte die Selbstbestimmungstheorie mit Hilfe von Ambulantem Assessment im Alltag von Studierenden repliziert werden. Der Vorteil dieser Studie liegt darin, dass die Daten im Feld erhoben wurden und so Störeinflüssen durch die Laborumgebung vorgebeugt wurde. Die Studie liefert externe Validität für die Hypothesen der Selbstbestimmungstheorie. Hypothesenkonträre Befunde werden diskutiert und Implikationen für weitere Forschung abgeleitet.
14Der Einfluss von Abstraktion der Sprache auf Vorurteil am Beispiel der Corona-Pandemie
Autor*innenBuhles, N.; Körbes, A.; Krüger, K.; Oberkobusch, D. & Ulusan, M.
DozentDr. Georg Halbeisen
AbstractAktuell gibt es wenige Themen, die die Welt so besorgen, wie die Corona-Pandemie. Das Virus wurde das erste Mal in China gesichtet.  Daher zeigt sich in letzter Zeit gehäuft diskriminierendes Verhalten gegenüber chinesisch aussehenden Personen (Rzymski & Nowicki, 2020). Dies wird möglicherweise durch die in den Medien verwendete Sprache verstärkt. Diese verändert nämlich unter Umständen soziale Kognitionen. Dies beschreibt das Linguistiv Category Model (Semin & Fiedler, 1991) mit seinen vier Abstufungen von Wortkategorien. Diese stellen das Abstraktionsniveau der Sprache dar. Hier wird festgestellt, dass das Abstraktionsniveau in den Medien, bezüglich des LIB, einen Einfluss auf die Verstärkung von Vorurteilen hat. Das Studiendesign wird dem auf optimierte Weise angepasst. Die Forschungsfrage wird zudem auf den Kontext der Corona-Pandemie spezifiziert. Somit wird im Folgenden die Verstärkung von Vorurteilen gegenüber chinesischen Personen bedingt durch das Abstraktionsniveau in den Medien untersucht. Obwohl sich unsere ursprüngliche Hypothese nicht bestätigt hat, fanden wir Tendenzen, die zeigen, dass die Formulierung der Sprache der Medien dazu beitragen kann ein gemeinsames Gruppengefühl aufzubauen, anstatt Vorurteile und Distanz zu schaffen.
15Die Untersuchung von Bindungseffekten bei Detektionsaufgaben zu Gesichtern und Tönen
AutorTörber, T.
DozentM. Sc. Lars-Michael Schöpper
Abstract

Bindungstheorien der Handlungssteuerung gehen davon aus, dass eine Reaktion auf einen Stimulus gemeinsam mit diesem sowie mit weiteren, auch irrelevanten Informationen in einem sogenannten „event file“ gebunden wird. Die Wiederholung aller oder einzelner Komponenten des event files kann einen Abruf des event files verursachen. Hierdurch können z. B. die Reaktionszeiten bei Prime-Probe-Sequenzen (in denen Versuchspersonen auf zwei aufeinanderfolgende Reize reagieren) beeinflusst werden. Eine vollständige Wiederholung oder ein vollständiger Wechsel von Stimulus und Reaktion führt dabei zu einem Vorteil, die partielle Wiederholung jedoch zu einem Nachteil in der Performance. Dies wird als „Bindungseffekt“ bezeichnet. Bei visuellen Detektionsaufgaben (z. B. Schöpper, Hilchey, Lappe & Frings, Attention, Perception & Psychophysics, 82(4), 2085-2097, 2020) wird jedoch keine derartige Interferenz gefunden: Hier findet man einen Vorteil, wenn ein Reiz seine Position wechselt (Inhibition of Return), jedoch keinen Einfluss von anderen Reizmerkmalen. Bei auditiver Detektion scheint jedoch eine Interferenz durch partielle Wiederholung aufzutreten (Mondor & Leboe, Psychological Research, 72(2), 183-191, 2008). In der vorliegenden Studie wurde daher in zwei Experimenten die Performance bei der Detektion von visuellen Reizen (Gesichtern) sowie von Tönen in Prime-Probe-Sequenzen ermittelt; die Experimente unterschieden sich nur in der Modalität der Stimuli. Nur bei der auditiven Detektionsaufgabe konnte ein signifikanter Bindungseffekt festgestellt werden, nicht jedoch bei der visuellen Detektionsaufgabe. Es konnte außerdem festgestellt werden, dass sich die Auswirkung auf die Reaktionszeiten zwischen den Experimenten ebenfalls signifikant unterschied. Das bedeutet, dass die Bindungsmechanismen von der Modalität des Stimulus abhängig sein können, was durch aktuelle Modelle der Handlungssteuerung nicht erklärt wird.

19Ich bin meine erste Priorität: Untersuchung der Lokalisation selbstrelevanter Reize
Autor*innenBegemann, M. & Kirmse, R.
DozentinDr. Sarah Schäfer
Abstract

Folgendes Experiment beschäftigte sich im Wesentlichen mit dem Self-prioritization-Effekt (SPE) und dessen Lokus im Verarbeitungsprozess. Der SPE äußert sich in einem Verarbeitungsvorteil für selbstrelevante Informationen. Da bei Untersuchungen bezüglich des SPEs häufig der Name der Versuchsperson als selbstrelevanter Stimulus genutzt wird, besteht der Verdacht auf eine Konfundierung mit Vertrautheit. Um dem entgegenzuwirken, nutzten Sui, He und Humphreys (2012) ein Paradigma, bei dem Assoziationen zwischen geometrischen Figuren und Personenlabels gebildet werden sollten. Auch unser Experiment beruft sich auf genanntes Paradigma und verknüpft dieses mit dem Psychologischen-Refraktärperioden-Paradigma (PRP). Das PRP zeichnet sich durch die Bearbeitung zweier Aufgaben aus, welche unterschiedliche Stimulusmodalitäten verwenden und verschiedene Reaktionen erfordern. Dabei wird die Stimulus-Onset-Asynchronity (SOA) manipuliert, d.h. das Zeitintervall zwischen den beiden präsentierten Stimuli. Im Zuge dieser Manipulation zeigt sich der PRP-Effekt: die Reaktionszeit auf den zweiten Stimulus ist bei kurzer SOA langsamer als bei langer SOA. Dies lässt sich anhand des Bottleneck-Modells erklären, welches von drei Verarbeitungsstufen ausgeht: der perzeptuellen, der zentralen und der postzentralen Stufe.  Das Modell vertritt die Annahme, dass nur eine zentrale Stufe verarbeitet werden kann, während die anderen beiden Stufen auch parallel ablaufen können. Dies ist der sogenannte Bottleneck. Mittels des PRPs versuchten Janczyk und Humphreys (2019) den SPE in diesen Verarbeitungsstufen zu lokalisieren. In unserem Experiment replizierten wir weitgehend Janczyks und Humphreys Untersuchung, nahmen jedoch einen weiteren Effekt hinzu: den Negative-Prioritization-Effekt (NPE). Dieser ähnelt dem SPE, jedoch wird die verkürzte Reaktionszeit hier durch die negativen Valenzen der Stimuli verursacht. Es wird angenommen, dass dieser Effekt in der perzeptuellen Stufe lokalisiert ist. Da wir jedoch davon ausgehen, dass dies beim SPE nicht der Fall ist, nutzten wir den NPE als „Vergleichseffekt“. Somit stellt sich die Frage, ob die Verarbeitung von Selbstrelevanz auf einer anderen Verarbeitungsstufe stattfindet als die Verarbeitung von negativer Valenz. Unsere Hypothesen sagten voraus, dass der SPE mindestens in der zentralen Stufe lokalisiert ist und der NPE in der präzentralen. Somit wurde bei selbstrelevanten Reizen keine Interaktion mit der SOA vorhergesagt, wohingegen dies bei negativen Reizen der Fall sein sollte. Unser Experiment basiert auf einem 2 (Relatiertheit: Self vs. Negative) x 2 (Matching: match vs. non-match) x 2 (SOA: 100ms vs. 1000) x 3 (Assoziation: assoziiert vs. neutral 1 vs. neutral 2) within-subject Design.  Durch die Nutzung des PRPs ergibt sich die technische Variable Ton (300Hz vs. 900Hz), die für Aufgabe 1 genutzt wird. Zu Beginn des Experiments mussten die Versuchspersonen Formen-Label-Assoziationen lernen. Die Formen Kreis, Dreieck und Quadrat und die neutralen Wörter waren für beide Relatiertheitsbedingungen gleich, lediglich das assoziierte Wort variierte. Im ersten Teil der Aufgabe musste entsprechend der Tonhöhe ein Ton mittels Tastendruckes kategorisiert werden. Abhängig von der SOA wurde 100ms/1000ms später der zweite Reiz präsentiert: die Wort-Figur-Assoziation. Auch sollte match oder non-match durch das Drücken entsprechender Tasten bewertet werden.  Die Hypothesen konnten bestätigt werden. Es ergab sich eine signifikante Interaktion des NPEs mit SOA, was auf eine frühe Verarbeitung hinweist. Es wurde keine signifikante Interaktion des SPEs mit SOA gefunden, was für eine zentrale Verarbeitung selbstrelevanter Reize spricht.

20Bauch vor Kopf: Stützen wir uns bei der emotionalen Differenzierung auf unseren Körper oder unser Wissen?
Autor*innenBalzert, E.; Goette, A.; Goldschmidt, C.; Kottolinsky, L.; Magritz, L.; Menzel, H.; Metzner, F.; Meyerberg, I.; Reichel, H.; Schirra, J.; Teusch, L. & Zentner, S.
DozentProf. Dr. Roland Neumann
AbstractNach der Conceptual Act Theory (Barrett, 2014) beruht die Fähigkeit zur emotionalen Differenzierung auf der Integration von einerseits Körpersignalen und andererseits emotionsspezifischem Wissen. Ziel der vorliegenden Studie war es zu untersuchen, ob der Zusammenhang von emotionaler Differenzierung und emotionsspezifischen Körpersignalen durch eine Achtsamkeitsübung erhöht werden kann bzw. ob der Zusammenhang von emotionaler Differenzierung und emotionsspezifischem Wissen durch eine Wissensübung erhöht werden kann. In unserer Untersuchung beschäftigte sich deswegen eine Hälfte der Proband*innen kurzzeitig mit Wissensdifferenzierung von Emotionen. Die andere Hälfte absolvierte eine Achtsamkeitsübung mithilfe eines Bodyscans. Zur Erfassung emotionaler Differenzierung wurden emotionsauslösende Bilder (International Affective Picture System,  IAPS) präsentiert und die Intensität von Angst, Trauer, Ekel und Ärger erfasst. Zur Erfassung emotionsspezifischer Körpersignale wurden aufbauend auf Nummenmaa, Glerean, Hari, und Hietenen (2014) wiederum die gleichen emotionsauslösenden Bilder gezeigt und die Aktivierung/Deaktivierung in sechs verschieden Körperregionen (bspw. Kopf, Bauch Beine) erfasst. Anschließend wurde emotionsspezifisches Wissen erfasst, indem Vpn bspw. angeben sollten, welche Emotion mit „Verlust“ assoziiert ist. In den Ergebnissen zeigte sich zwar eine tendenziell höhere Korrelation emotionaler Differenzierung mit den Körpersignalen nach dem Bodyscan als nach der Wissensaufgabe, dieser Unterschied war statistisch aber nicht bedeutsam. Außerdem zeigt sich in allen Bedingungen eine tendenziell (nicht signifikant) höhere Korrelation von emotionaler Differenzierung mit Wissen als mit Körperempfindungen. Die unterschiedlichen Muster der Differenzierungen von Körperempfindungen aus den Arbeiten von Nummenmaa et al. (2014) konnten aber weitgehend bestätigt werden.
21The Binding Self: Integrating Information Through Self-Association
Autor*innenHaumann, E.; Ihli, A.; Kunz, J.; Omeirat, H. und Tsesis, N.
DozentinDr. Sarah Schäfer
AbstractBei dieser Studie handelt es sich um einen wissenschaftlichen Beitrag zur Unterscheidung der kognitiven Verarbeitungsprozesse, der einerseits selbstrelevante Stimuli und andererseits Reize negativer Valenz zugrunde liegen. Sowohl Informationen, die wir mit uns selbst in Verbindung bringen, als auch negativen Stimuli liegt ein Aufmerksamkeitsvorteil zugrunde. Bekannt sind diese beiden aufmerksamkeitslenkenden Phänomene als der Self-Preference Effect (SPE) und der Negative Bias. Es stellt sich die Frage, ob diese auch auf gleiche Weise kognitiv verarbeitet werden. Auf unterschiedliche kognitive Verarbeitungsprozesse würde beispielsweise hindeuten, wenn man nur bei einem der beiden Effekte einen Assoziationsvorteil feststellen könnte. Sui & Humphreys (2015) konnten anhand einer Methodik, bei der die Versuchspersonen vormals neutrale geometrische Formen mit dem Selbst oder neutralen Begriffen assoziierten, bereits zeigen, dass selbstrelevanten Stimuli ein Assoziationsvorteil zugrunde liegt. Gemäß unserer Annahme, unterscheidet dieser Assoziationsvorteil den SPE von dem reinen aufmerksamkeitslenkenden Effekt, dem Stimuli negativer Valenz zugrunde liegen. Um dies zu zeigen, werden in dem Experiment die Farben Rot, Blau und Grün  jeweils mit dem Wort „Ich“ in der selbstbezogenen Bedingung, negativen behafteten Begriffen wie „Folter“, „Krieg“ oder „Gewalt“ in der negativen Bedingung und neutralen Wörtern wie „Stuhl“ in der Kontrollbedingung, assoziiert. Werden nun neutrale Sätze in den verschiedenen Farben präsentiert, erhalten diese aufgrund der Färbung unterschiedliche Konnotationen. Unsere Studie setzt sich aus drei Phasen zusammen: Zuerst wird es eine Assoziationsphase geben, in der die ProbandInnen verschiedene Farb-Wort Assoziationen erlernen (bspw. "Der Stuhl wird repräsentiert durch die Farbe Rot."), welche mit dem lateinischen Quadrat ausbalanciert werden. In der darauffolgenden Lernphase werden verschieden gefärbte Sätze, immer bestehend aus einem Namen und einem Fahrzeug (bspw. „Emma fährt mit dem Fahrrad“), präsentiert. Im Rahmen einer Pilotstudie werden wir die ideale Anzahl von neutralen Sätzen für die Lernphase ermitteln. In der letzten Phase gibt es eine Matching Aufgabe, bei der den Versuchspersonen verschiedene Kombinationen aus Name und Fahrzeug präsentiert werden und sie entscheiden müssen, ob es sich um ein „match“ oder „non-match“ handelt. In dieser Phase wird die Reaktionszeit der ProbandInnen gemessen. Wir postulieren einen starken Assoziationsvorteil für die jeweilige Farbe, die die Versuchsperson mit sich selbst assoziiert hat. Das beabsichtigen wir dadurch zu zeigen, dass die Inhalte der Sätze der selbstrelevanten Bedingung besser von den Versuchspersonen erinnert werden können als diejenigen, die mit einem negativen oder neutralen Stimulus assoziiert wurden. Anhand der Matching Aufgabe wird folglich die Stärke der Assoziation gemessen. Wir sagen daher für die „Self“ Bedingung schnellere Reaktionszeiten und weniger Fehler bei der Matching Aufgabe voraus, als in den anderen beiden Bedingungen. Dieses Studienkonzept reichen wir für den Review zu einem Registered Report ein. Nach Annahme des Papers als Registered Report werden wir die Studie über den Rahmen des Seminars hinausgehend durchführen.