Die Geschichte der Polizei soll in der Aus- und Weiterbildung von Polizistinnen und Polizisten in Rheinland-Pfalz zukünftig noch stärker berücksichtigt werden. Das ist eines der Ziele des neuen Kooperationsabkommens der Universität Trier und der Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz. Außerdem ist die Intensivierung der Forschung zur Polizeigeschichte – insbesondere aber nicht ausschließlich – der NS-Zeit geplant.
„In den letzten Jahren gab es zwischen der Universität Trier und der Hochschule der Polizei auf vielfältige Art und Weise Zusammenarbeit. Umso mehr freut es mich, dass wir durch das Kooperationsabkommen die Zusammenarbeit gerade bei diesem wichtigen Thema nun vertiefen können“, sagt Prof. Dr. Michael Jäckel, Präsident der Universität Trier. Im Rahmen eines Projekts zur Geschichte der Gestapo Trier und der Forschungs- und Dokumentationsstelle SEAL forschen Historikerinnen und Historiker der Universität Trier seit einigen Jahren umfassend zur Polizeigeschichte im Nationalsozialismus und speisen die Ergebnisse unmittelbar in die historisch-politische Bildungsarbeit ein.
Gestapo-Akten stehen Studierenden für Forschungsarbeiten zur Verfügung
Für Friedel Durben, Direktor der Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz, ist diese Kooperation von ganz besonderer Bedeutung: „Studierende haben die einmalige Gelegenheit anhand von Originaldokumenten Einzelschicksale mit örtlichem Bezug zu Rheinland-Pfalz erlebbar zu machen. Dabei geht es nicht nur um die Reproduktion von Akteninhalten, sondern um den Transfer. Studierende bringen in diese Arbeiten ihr theoretisches Wissen sowie ihre Erfahrungen aus den diversen Praktika ein. Sie beziehen persönlich Stellung und leisten einen wichtigen Beitrag zur freiheitlich-demokratischen Werteorientierung der rheinland-pfälzischen Polizei.“
Im Rahmen der Kooperation wird die Hochschule der Polizei bereits etablierte Ausbildungsformate auf dem Campus Hahn der Hochschule der Polizei fortführen, an denen Historikerinnen und Historiker der Universität Trier mit Workshops seit 2017 beteiligt sind. „Anhand von Auszügen aus Gestapo-Akten mit ähnlichen Delikten kann sehr gut vermittelt werden, wie willkürlich das Ergebnis einer Ermittlung in der NS-Zeit ausfallen konnte. Die Handlungsspielräume der zuständigen Bearbeiter geraten so in den Blick, aber auch Unterschiede in der normativen Rahmung im Vergleich zu heute“, erläutert Lena Haase. Zusammen mit Dr. Thomas Grotum und Prof. Dr. Lutz Raphael leitet sie die Forschungs- und Dokumentationsstelle SEAL an der Universität Trier. Thomas Grotum berichtet weiter: „Was im zuständigen Erlass als ‚Verschärfte Vernehmung‘ bezeichnet wurde, war in der Praxis nichts anderes als die Legitimation von Folter während eines Verhörs. Das wird deutlich, wenn die harmlos klingende Anweisung mit Aussagen von Betroffenen aus den Nachkriegsprozessen kontrastiert wird.“
Jüdisches Leben in Deutschland & Polizei
Die Forschungs- und Dokumentationsstelle SEAL hat unter anderem 3.533 Gestapo Akten aus Trier in digitaler Kopie. Diese stehen Studierenden der Hochschule der Polizei, die ihre Bachelor-Arbeit zur Polizeigeschichte der NS-Zeit schreiben wollen, ebenso zur Verfügung wie 12.174 Gestapo-Akten aus Neustadt/W., die im Landesarchiv Speyer verwahrt werden. Dieses gemeinsame Forschungsangebot ist in Deutschland bisher einmalig und wird von den Studierenden gerne genutzt. Einer der Studenten beschreibt seine Eindrücke während des Quellenstudiums folgendermaßen: „Erst seit relativ kurzer Zeit befasse ich mich mit Geschichte generell, deswegen ist es jetzt für mich persönlich eine sehr intensive Erfahrung, wirklich hautnah in dieser Akte mitzuerleben, was damals passiert ist. Ich werde daraus extrem viel für mein zukünftiges Berufsleben mitnehmen und generell mein Verständnis für Rechtsstaatlichkeit, aber auch für das Geschichtsbewusstsein.“
Ein weiteres Beispiel für die bisherige Zusammenarbeit der Universität Trier und der Hochschule der Polizei ist ein gemeinsam organisiertes Kolloquium zur Polizeigeschichte. Unter dem Themenschwerpunkt „Die Polizei in Umbruchsituationen“ wurde interdisziplinär die Polizeigeschichte vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart betrachtet. Der Sammelband, der die Ergebnisse der Veranstaltung bündelt, erscheint Ende 2021. Im Rahmen des von der Hochschule der Polizei initiierte Bildungsprogramms für Polizeistudierende „Jüdisches Leben in Deutschland & Polizei“ ist im Oktober wieder ein eigener Hochschulgesprächstag geplant. Andreas Borsch von der Initiative Interdisziplinäre Antisemitismusforschung Universität Trier wird im Herbst einen Beitrag zum Thema „Verschwörungstheorien“ beisteuern.
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Lena Haase
Forschungs- und Dokumentationsstelle SEAL
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