Forschung

Laufende Forschungsprojekte

Antisemitismus in der Antike

Franziska Thurau
Das Forschungsprojekt untersucht, wie Verschwörungserzählungen über ‚die Juden‘ bereits in der Antike konstruiert und verbreitet wurden. Dabei werden verschiedene antike Quellen und Texte einbezogen und die Frage gestellt, wie diese frühesten Formen von Verschwörungsmythen Jüdinnen:Juden als gefährliche, geheime Bedrohung darzustellen, die sich angeblich unter andere Völker mischten, um diese von innen heraus zu zersetzen. Die bisherige Forschung zeigt, dass zentrale antisemitische Stereotype, die später weitreichend wirkten, bereits in der Antike existierten und verbreitet wurden. Kritisch diskutiert wird die Frage, ob und wie solche antiken Narrative bewusst antisemitisch gestaltet wurden oder ob sie eher Ausdruck einer generellen Ablehnung von Fremden waren, die sich in spezifischer Form gegen Jüd:innen richtete. Mit der Untersuchung dieser Fragestellungen leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zum Verständnis historischer Kontinuitäten des Antisemitismus bzw. von Judenfeindschaft.
Publikationen im Rahmen des Projekts
  • Thurau, Franziska (2024): Ein heimtückisches Volk, das sich unter alle Völker der Welt mischte“:  (Antisemitische?) Verschwörungserzählungen in der Antike. In: Zarbock, Luca/Richter, Salome/Seul, Marc/Thurau, Franziska/Borsch, Andreas/Gärtner, Luisa/Schmidt, Lennard/Seiler, Dorothea (Hrsg.), Antisemitismus zwischen Latenz und Leidenschaft. Kommunikations- und Äußerungsformen des Judenhasses im Wandel (= Trierer Beiträge zur interdisziplinären Antisemitismusforschung, Bd. 2). Opladen, Berlin, Toronto: Barbara Budrich, S. 35–50. DOI: doi.org/10.2307/jj.19220214.5.
Vorträge im Rahmen des Projekts
  • 11. Januar 2023: Antisemitismus in der Antike (Vortrag im Rahmen des IIA-Forschungs-Kolloquiums)
  • 13. Dezember 2023: Kontinuitäten antisemitischer Verschwörungsmythen? Israel in der Antike und dem modernen Nahost-Konflikt (Vortrag im Rahmen des IIA-Forschungs-Kolloquiums)

 

Antisemitismus und israelbezogene Polarisierung im deutschen und US-amerikanischen Parteiensystem

Marc Seul, M.A.
FörderungMinisterium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz und Landtag Rheinland-Pfalz
Laufzeit01/2024 - 03/2025

Parteien sind als zentrale Akteure des öffentlichen politischen Diskurses und des parlamentarischen Regierungssystems bislang überraschend selten in den Fokus der Antisemitismusforschung gerückt. Gerade zur Frage des Verhältnisses von (deutschen) Parteien zu Antisemitismus existiert bislang nur ein sehr überschaubarer Literaturfundus, der darüber hinaus auch eine stringente theoretische Fundierung auf Basis der Erkenntnisse sowohl der Antisemitismus- als auch der Parteienforschung vermissen lässt. Im Rahmen des Projekts wurde zunächst eine analytische Herangehensweise für die Analyse politischer Parteien und ihres Verhältnisses zu Antisemitismus entwickelt, die neben der Programmatik/Ideologie auch die öffentliche  Kommunikation von Partei und Funktionsträger:innen sowie den Umgang mit parteiinternen wie -externen antisemitischen Vorfällen miteinbezieht. Empirisch wurden der Bundestagswahlkampf 2025 in Deutschland sowie die Entwicklung der Debatten über die Außenpolitik gegenüber Israel und (israelbezogenen) Antisemitismus im hoch polarisierten politischen System der USA untersucht. Das Projekt baut dabei an die 2023 durchgeführte Konferenz „Politische Parteien und Antisemitismus“ auf und untersucht u.a., wie sich Antisemitismus in (deutschen) Parteien und Parlamenten äußert, wie Parteien mit antisemitischen Vorfällen in der eigenen und in anderen Parteien umgehen und welche Strategien sich für einen antisemitismuskritischen Umgang anbieten. Teil des Projektes ist die Publikation eines Sammelbandes auf Basis der Konferenz, der im Frühsommer 2025 erscheinen soll. Das Projekt legt mit den theoretisch-konzeptionellen Überlegungen den Grundstein für eine intensivere Beschäftigung mit politischen Parteien als wirkmächtigen  Akteuren des öffentlichen Diskurses um und der Verbreitung bzw. Bekämpfung von Antisemitismus in der Antisemitismus- und der Parteienforschung, u.a. für das geplante Promotionsprojekt von Marc Seul zum parteipolitischen Diskurs über Antisemitismus in der BRD.

Publikationen im Rahmen des Projekts 
Vorträge im Rahmen des Projekts
  • 30. März 2025: Partisan Games, Real Stakes: How Polarization and Infighting in Congress Undermine the Fight Against Antisemitism in the USA (Vortrag auf der Tagung "Contemporary Antisemitism London 2025", 30. März — 01. April 2025, London)
  • 30. November 2023: Einleitende Überlegungen zu einer antisemitismuskritischen Typologisierung deutscher Parteien (Eröffnungsrede der Konferenz "Politische Parteien und Antisemitismus — Positionierungen, Umgang, Sensibilität", 30. November 2023, Universität Trier)
Medienecho

 

Fußball im Nationalsozialismus. Die Rolle des FV Saarbrücken bei der Verbreitung von NS-Propaganda

Luca Zarbock
FörderungMinisterium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz und Landtag Rheinland-Pfalz
Laufzeit01/2024 - 03/2025

Um die Leerstellen bei der Untersuchung von Fußballvereinen im südwestdeutschen Raum während der Zeit des Nationalsozialismus zu füllen, wurde im Rahmen des Forschungsprojekts exemplarisch der 1. FC Saarbrücken untersucht. Dafür wurden insbesondere alte Ausgaben des Vereinsnachrichtenblatts des FV Saarbrücken in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig sowie Quellen aus dem Stadtarchiv Saarbrücken zwischen 1933 und 1945 gesichtet und aufbereitet. Ein erster in den Saarbrücker Heften veröffentlichter Artikel führte zu einem großen regionalen Echo und zur Gründung des „Arbeitskreises Blau-Schwarze Geschichte“, in dem neben der IIA auch Vertreter:innen des 1. FC Saarbrücken sowie der Fanszene aktiv sind. In Kooperation mit dem Verein wurde im Januar 2025 eine Vortragsveranstaltung zur Rolle des FV Saarbrücken vor der Saarabstimmung 1935 organisiert, die maßgeblich auf einer weiteren Veröffentlichung in den Saarbrücker Heften basierte.  Für den April 2025 ist darüber hinaus eine eigene Ausstellung auf Grundlage der Forschungsergebnisse geplant. Über einen Aufruf an die Fans des FCS sollen außerdem weitere Primärquellen gesammelt werden, die perspektivisch in einer Monografie gebündelt werden sollen. Das Forschungsprojekt kann und soll als Modell und Anstoß für die Untersuchung anderer kleinerer Vereine in Rheinland-Pfalz und Südwestdeutschland wie Eintracht Trier, TuS Koblenz, SV Waldhof Mannheim oder FK Pirmasens dienen.

Publikationen im Rahmen des Projekts 
  • Zarbock, Luca (2024): Blau-schwarze NS-Propaganda – Die Mobilisierung des FV Saarbrücken vor der Saarabstimmung 1935. In: Saarbrücker Hefte, Nr. 130, S. 14–17.
  • Zarbock, Luca (2023): Blau-Schwarz unterm Hakenkreuz: Der 1. FC Saarbrücken und seine NS-Vergangenheit. In: Saarbrücker Hefte, Nr. 128.
Medienecho

 

Von Wounded Knee nach Gaza? Antizionismus und Palästinasolidarität in nordamerikanischen indigenen Gemeinschaften

Salome Richter
FörderungMinisterium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz und Landtag Rheinland-Pfalz
Laufzeit01/2024 - 03/2025
Das Forschungsprojekt untersucht die Rolle des Antizionismus in postkolonialen Diskursen am Beispiel der Palästinasolidarität der Indigenen Nordamerikas. Insbesondere wird analysiert, wie diese indigenen Gemeinschaften sowohl in der Fremdzuschreibung als auch in der Eigenwahrnehmung mit der palästinensischen Nationalbewegung parallelisiert werden. Dieses Narrativ – nach dem 7. Oktober 2023 verstärkt – stellt Israel als kolonialen Aggressor dar und sieht den Staat in die Tradition des europäischen Siedlerkolonialismus ein. Zentrale Untersuchungspunkte sind vier Kernannahmen im Diskurs um die Vergleichbarkeit der Indigenen Nordamerikas mit den Palästinensern: Erstens, dass beide Opfer einer europäischen Siedlerkolonialmacht seien, die sie entrechtet und sie ihres Landes beraubt habe; zweitens, dass ihre Vertreibung ein anhaltendes Kolonialprojekt sei; drittens, dass ihr Widerstand jederzeit und notwendig legitim sei; viertens, dass die Solidarität untereinander unabdingbar sei. Das Projekt analysiert zudem, wie diese postkolonialen Konzepte nicht primär analytisch, sondern politisch genutzt werden, indem sie Zionismus mit kolonialer Unterdrückung gleichsetzen und jüdische Selbstbestimmung delegitimieren. Diese Rahmung verwischt historische und geopolitische Unterschiede und setzt koloniale Kategorien selektiv ein – jede Handlung wird als Widerstand gedeutet, doch die Gewalt der Hamas bleibt meist ausgeblendet. Resultat ist eine zum Erlösungsantizionismus geronnene Ideologie.
Vorträge im Rahmen des Projekts 
  • 10. Juli 2024: Palästinasolidarität unter Indigenen in den USA (Vortrag im Rahmen des Forschungskolloquiums der IIA)

 

Laufende Promotionsprojekte

Die Organisation des Gestapo-Trier- Ensembles. Personal. Struktur. Organisationsmuster

Andreas Borsch, M.A.
BetreuerProf. Dr. Lutz Raphael, Dr. Thomas Grotum
In dem Promotionsprojekt werden die strukturellen, personellen und ideologischen Muster einer regionalen Dienststelle der Geheimen Staatspolizei untersucht. Ein Fokus liegt hierbei auf der Rekonstruktion und Analyse der Zusammenarbeit mit der kommunalen Verwaltungsebene. Die Studie richtet zudem den Blick über die Grenzen 1933/1945 hinaus, um Wandel und Kontinuitätslinien (geheim-)polizeilicher Logiken, Diskurse, Handlungsmuster, aber auch des Personals herausarbeiten zu können. Dadurch kann nicht allein die Spezifik der Gestapo kenntlich gemacht werden. So vermag es die Studie auch, ein Schlaglicht auf behördliche Logik, Praxis und Personal nach dem Nationalsozialismus zu werfen.
Publikationen im Rahmen des Projekts 
Vorträge zu den Forschungsergebnissen
  • 24. Juni 2021: „11. Politische Einstellung bzw. Funktionen: Jude“. Zur wirklichkeitsorganisierenden Relevanz antisemitischer Topoi in Gestapo-Akten (Vortrag auf der digitalen Tagung „Kommunikative Praktiken im Nationalsozialismus“ des DFG-Projekts "Heterogene Widerstandskulturen" an der Universität Paderborn, 24. Juni 2021, Online)

 

Zum Antisemitismus der Neuen Linken - Eine qualitative Untersuchung linker Zeitschriften

Lennard Schmidt, M.Ed.
BetreuerProf. Dr. Christian Jansen, Dr. Thomas Grotum
FörderungHans-Böckler-Stiftung (2019-2022)

Nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 stellt sich die Frage, inwiefern aktuelle antisemitische Mobilisierungen von links auf Konzepte und Narrative der 68er-Bewegung zurückgreifen. Welche politischen und theoretischen Entwicklungen führten dazu, dass sich zentrale Ideologeme der Neuen Linken – wie antiimperialistische Solidarität oder die Identifikation mit palästinensischen Befreiungsbewegungen – mit antisemitischen Mustern überlagerten? Und inwiefern prägt dieses Erbe bis heute den linken Diskurs über Israel? Das Promotionsprojekt untersucht, inwieweit antisemitische Denkfiguren in der 68er-Bewegung strukturell angelegt waren und welche ideologischen Mechanismen sie begünstigten. Wie entstand das Feindbild Israel in der Neuen Linken, und welche Rolle spielte dabei der antiimperialistische und antikoloniale Diskurs?

Vorträge zu den Forschungsergebnissen
  • 30. März - 01. April 2025: Antisemitism After October 7: The Historical Echo of the 1968 MovementVortrag auf der Tagung "Contemporary ( Antisemitism London 2025", 30.03. — 01.04.2025, London)
  • 17. August 2023: Der Wandel des Israelbildes innerhalb der Neuen Linken (Vortrag im Rahmen der Reihe transfer der Amadeu Antonio Stiftung, Online)

 

Abgeschlossene Forschungsprojekte

Jüdische Repräsentation und Widerstand. Das Beispiel Marianne Baum

Luisa Gärtner, M.Ed.
FörderungMinisterium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz und Landtag Rheinland-Pfalz
Laufzeit01/2024 - 12/2024

Luisa Gärtners Forschung untersucht die bisher weitgehend unerforschte Biografie der jüdisch-kommunistischen Widerstandskämpferin Marianne Baum. Trotz einer äußerst dünnen Quellenlage und unzugänglicher DDR-Archive identifizierte sie entscheidende neue Hinweise, darunter Zeitzeug:innenberichte und bislang unbekannte Fotos. Ihre Ergebnisse, die sie unter anderem im Stadtmuseum Trier präsentiert hat, zeigen, wie stark Perspektiven jüdisch-weiblichen Widerstands marginalisiert wurden. Durch internationale Kooperationen konnten weitere Quellen aufgedeckt werden, u. a. in Prag, deren Auswertung fortgesetzt wird. Die Forschung leistet einen wichtigen Beitrag zur Sichtbarmachung intersektional diskriminierter Akteur:innen und unterstreicht die Notwendigkeit internationaler Vernetzung für historische Gerechtigkeit.

Vorträge im Rahmen des Projekts 
  • 02. Juli 2024: Marianne Baum - zweimal vergessen? Forschungen zu einer jüdischen Widerstandskämpferin (Vortrag im Rahmen der Reihe „Gestapo in Trier" im Stadtmuseum Simeonstift Trier)