Konferenz: "Politische Parteien und Antisemitismus"

CfP Sharepic
CfP

Die Initiative Interdisziplinäre Antisemitismusforschung Trier (IIA) veranstaltet in Zusammenarbeit mit Dr. Anna-Sophie Heinze (Trierer Institut für Demokratie- und Parteienforschung) am 30. November und 01. Dezember 2023 eine Konferenz zum Verhältnis zwischen (deutschen) politischen Parteien und Antisemitismus. Die Konferenz soll dabei insbesondere politikwissenschaftlich geprägt, zugleich aber offen für Zugänge aus anderen Forschungsdisziplinen (pol. Soziologie, Ideengeschichte, Geschichte, etc.) sein. Insbesondere soll ein vertiefter inhaltlicher Austausch zwischen Parteien- und Antisemitismusforschung angeregt werden. Wir freuen uns über theoretisch, methodisch sowie empirisch vielfältige Beiträge von Wissenschaftler:innen aller Karrierestufen.


Anlass und Anliegen der Konferenz

Während in der Antisemitismusforschung (insb. deutsche) Parteien bislang nur spärlich beachtet worden sind, ist Antisemitismus zugleich in der Parteienforschung unterbelichtet geblieben. Bereits 2014 konstatierten Dana Ionescu und Samuel Salzborn, dass sich der Forschungsstand weitgehend auf „anlassbezogene Thematisierungen von antisemitischen Äußerungen“ (2014: 8) aus politischen Parteien und auf die quantitativ-empirische Erhebung von Wähler:innen-Präferenzen in Bezug auf die Zustimmung oder Ablehnung von gegenwärtigen Formen des Antisemitismus beschränkt. Trotz erster Ansätze (s. die Beiträge in ebd.) stellt die Untersuchung des Verhältnisses von politischen Parteien in Deutschland zu Antisemitismus in „systematisierender Weise“ auch gegenwärtig noch eine „Leerstelle der Forschung“ (ebd.: 9) dar. Insbesondere fehlt ein „gemeinsamer Maßstab für die Beurteilung des Antisemitismus in deutschen Parteien“ (Sassmannshausen 2015: 227).

Diesem Desiderat soll sich die Konferenz im Besonderen widmen: der Entwicklung einer wissenschaftlichen Perspektive auf das Verhältnis von (deutschen) Parteien zu Antisemitismus, die den Erkenntnissen der Antisemitismus- wie auch der Parteienforschung Rechnung trägt und eine fundierte Evaluation parteipolitischen Handelns in diesem Themenfeld ermöglicht.


Mögliche Themen für Beiträge könnten sein:

- theoretische/konzeptionelle Fragen:

  • Wie könnte das Verhältnis von Parteien zu Antisemitismus typologisiert werden? Welche Merkmale sollten hierfür sinnvollerweise herangezogen werden?
  • Wie kann ein instrumentelles Bekenntnis zur Antisemitismusbekämpfung (etwa der vermeintliche Pro-Zionismus der AfD; vgl. Kahmann 2017, Schreiter 2022) von einer genuinen Ablehnung des Antisemitismus analytisch sinnvoll unterschieden werden?
  • Wie kann bei programmatischen Positionierungen von Parteien zum israelisch-palästinensischen Konflikt zwischen israelbezogenem Antisemitismus und legitimer Kritik des Handelns israelischer Regierungen unterschieden werden? Können die hierfür existierenden Ansätze (bspw. die IHRA-Definition) auch auf Parteien als kollektive Akteure sinnvoll angewandt werden?

- empirische Untersuchungen:

  • Welche Erscheinungsformen des Antisemitismus lassen sich in Parteien beobachten? Stellen bestimmte Erscheinungsformen blinde Flecken für die Parteien dar?
  • Wie unterscheiden sich die Erscheinungsformen von Antisemitismus je nach Verortung einer Partei im pol. Spektrum bzw. in pol./sozialen Milieus?
  • Wie gehen Parteien mit antisemitischen Aussagen von Mitgliedern/Funktionär:innen um? Welche Disziplinarmaßnahmen werden mit welcher Konsequenz (nicht) angewandt? Wie kommunizieren Parteien den Umgang mit antisemitischen Vorfällen in der eigenen und in anderen Parteien?
  • Wie gehen Parteien mit Bewegungen um, die entweder klar antisemitisch motiviert sind oder aber Antisemitismus tolerieren? Welchen Beitrag kann die Bewegungsforschung zu dieser Frage leisten?
  • Inwiefern ist das von Parteien der politischen ‚Mitte‘ bemühte Narrativ des Antisemitismus als Phänomen der politischen Ränder als Externalisierungsnarrativ zu verstehen?
  • Wie gestalteten bzw. gestalten politische Parteien die Erinnerungspolitik und -kultur an die Shoah? Wie positionierten und positionieren sie sich in Konflikten um deren Ausgestaltung (bspw. „Goldhagen-Debatte“ [vgl. Rensmann 2004, Kap. 7], „Historikerstreit“ und „Historikerstreit 2.0“)?

Konzept der Konferenz

Die Konferenz zielt auf eine intensive inhaltliche Diskussion von vorab eingereichten Arbeitspapieren (s. Zeitplan). Zu diesem Zweck ist sie in Panels aufgeteilt, die jeweils von einer:m Panelleiter:in moderiert werden. Zu Beginn eines jeden Panels erhält jede:r Autor:in, deren:dessen Paper für das jeweilige Panel ausgesucht worden ist, die Möglichkeit, kurz (max. 10 min) die eigenen Thesen zu umreißen. Anschließend wird auf der Basis des Beitrags diskutiert. Die Beiträge gehen den Teilnehmer:innen dabei im Vorfeld in Form eines Readers zu. Im Anschluss an die Konferenz sollen die Konferenzbeiträge vor dem Hintergrund der in den Diskussionen gewonnen Erkenntnissen bzw. weiterhin bestehender Kontroversen überarbeitet werden. Geplant ist, dass die Beiträge abschließend in Form eines Sammelbandes oder als Special Issue veröffentlicht werden.


Form der Einreichungen und Zeitplan

  • Einreichen der Beitragsskizzen (1-2 S.) mit Kurzbiografie bis 07. Mai 2023 (als eine PDF) an iiauni-trierde.
  • Evaluation und Rückmeldung bis Ende Mai 2023
  • Einreichung der fertigen Papers (ca. 10-12 S., Deutsch oder Englisch) bis zum 01. Oktober 2023
  • Austeilung des Konferenzreaders bis 15. November
  • Konferenz: 30. November – 01. Dezember (1,5 Tage)
  • Überarbeitung der Beiträge bis zum Frühsommer 2024

Literatur

Ionescu, Dana/Salzborn, Samuel (Hrsg.) (2014): Antisemitismus in deutschen Parteien. Baden-Baden: Nomos.

Kahmann, Bodo (2017): ‘The most ardent pro-Israel party’: pro-Israel attitudes and anti-antisemitism among populist radical-right parties in Europe. In: Patterns of Prejudice, 51 (5), 396–411.

Rensmann, Lars (2004): Demokratie und Judenbild. Antisemitismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Sassmannshausen, Felix (2015): Buchbesprechung zu Antisemitismus in deutschen Parteien. In: Zeitschrift für Politik, 62 (2), 225–227.

Schreiter, Nikolai (2022): Nicht an Israels Seite, an seiner Stelle wollen sie sein – Der Antisemitismus und ein verändertes Verhältnis von AfD und FPÖ zum jüdischen Staat. Eine psychoanalytisch inspirierte Analyse. In: Schmidt, Lennard/Borsch, Andreas/Richter, Salome/Seul, Marc/Zarbock, Luca/Heudtlaß, Niels (Hrsg.), Antisemitismus zwischen Kontinuität und Adaptivität. Interdisziplinäre Perspektiven auf Geschichte, Aktualität und Prävention. Göttingen: V&R unipress, 243–256.