Vortragsreihe „Kurz gesagt!“

Konzept

Plakat "Kurz gesagt"

Mancherorts heißt es, dass Antisemitismus in Deutschland kein Problem mehr sei. Ist das wirklich so? In vier Veranstaltungen reden junge Wissenschaftler:innen und Autor:innen Klartext und zeigen, wo sich so verschiedene Themen wie die Geschichte der Palästinenser:innen, Impfskepsis und den Skandal um die „documenta fifteen“ überschneiden – und was angesichts dessen die junge jüdische Generation in Deutschland zu politischem Engagement motiviert.

„Kurz gesagt“: Ist Palästinasolidarität antisemitisch? Kann ein Psychiater der „Volkspsyche“ schaden? Was ist der Documenta-Skandal? Was macht Politik jüdisch? Für Antworten lädt die Initiative Interdisziplinäre Antisemitismusforschung (IIA) im Juni und Juli 2023 zur Vortragsreihe „Kurz gesagt“ ein. Die Veranstaltungen finden in der Stadtbücherei Trier und der Wissenschaftlichen Bibliothek der Stadt Trier statt. Ein Stream wird über den YouTube-Kanal der IIA angeboten. Die Veranstaltungen setzen kein Vorwissen voraus.

Die IIA setzt sich zum Ziel, Antisemitismus vorzubeugen und zu bekämpfen. Dazu strebt die Initiative an, das Wissen um Funktionsweise und Wirkung des Antisemitismus von den Universitäten heraus in die Mitte der Gesellschaft zu tragen und unter Mediator:innen zu verbreiten.

Die Veranstaltungen finden in Kooperation mit der Stadtbücherei Trier, der Wissenschaftlichen Bibliothek der Stadt Trier, der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz und dem Arbeitskreis „Erinnerung der Großregion“ e.V. statt. Gefördert wird die Reihe von der Partnerschaft für Demokratie Trier im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“


Nächster Vortrag

27. Juli 2023 | 19 Uhr | Wissenschaftliche Bibliothek Trier | live auf YouTube

Was ist der Documenta-Skandal?

Skandale sind in der Kunstwelt nichts Ungewöhnliches – wer erinnert sich nicht an Andreas Serrano, der 1987 ein Kruzifix in Urin und Blut tauchte, um gegen den Ausverkauf der katholischen Kirche zu protestieren? Kunst hinterfragt Normen, Kunst ist effekthascherisch, Kunst will provozieren.

Logisch, dass auf der documenta – einer der wichtigsten Kunstausstellungen der Welt – auch regelmäßig für Furore gesorgt wird. Die FDP-Abgeordnete Anikó Glogowski-Merten hat diese Denkweise auf den Punkt gebracht: „Fakt ist, die documenta braucht immer einen Skandal!“ Auch die documenta 15 hatte ihren: Mitten auf dem Friedrichsplatz, dem Herz der documenta, befindet sich ein riesiges Kunstwerk, das Juden als Schweine, Teufel, als kaum noch menschliche Karikaturen darstellt – leider kein Einzelfall. Beinahe im Wochentakt finden Besucher:innen neue judenfeindliche Kunstwerke und schon bald hagelt es Vorwürfe und Gegenvorwürfe. Ganz schön schwierig, da den Überblick zu behalten.

Aber ist das auch bloß wieder einer dieser ordinären „Kunstskandale“, der nur die Kunstwelt etwas angeht? Wer sind überhaupt diese Künstler:innen, die in der Kritik stehen und was ist ihre Agenda? Was werfen die Kritiker:innen der documenta vor und warum hat diesen Skandal eigentlich niemand kommen sehen? – Und warum spielt in dieser Debatte über Antisemitismus eigentlich so selten eine Rolle, was Juden und Jüdinnen darüber denken?

Im Vortrag zeigt Lennard Schmidt auf, was an dem sogenannten „Antisemitismusskandal“ auf der documenta 15 so besonders ist und warum Antisemitismus uns alle etwas angeht.

Vortrag "Dammbruch documenta?" verschoben

Lennard Schmidts Vortrag über den “Antisemitismusskandal” auf der documenta 15 muss leider verschoben werden. Der Vortrag findet nun am 27. Juli in der Wissenschaftlichen Bibliothek Trier um 19 Uhr statt.


Alle Veranstaltungen im Überblick

Datum

Ort/Zeit

Titel

Ankündigungstext

13. Juni 2023Wissenschaftliche Bibliothek Trier | 19 Uhr

Die Geschichte der Palästinenser:innen

Tom Würdemann

Ist Palästinasolidarität antisemitisch?

Das palästinensische Volk ist ein erfundenes Volk. Daran ist erst einmal nichts ungewöhnliches - die moderne Wissenschaft geht davon aus, dass alle Völker auf die eine oder andere Art „erfunden“ worden sind. Die Entstehungsgeschichte „der Palästinenser:innen“ ruft dagegen oft ein besonderes Interesse hervor.

Dieser Vortrag stellt die These auf, dass der deutsche Blick auf den Israel/Palästina-Konflikt - insbesondere in den interessierten Kreisen - zu oft durch eine selbstbezogene (man könnte auch sagen, eurozentrische) Brille betrachtet wird. Anstatt ausführlich auf den deutschen „Israeldiskurs“ und seine Untiefen einzugehen, soll ein zentraler Aspekt des Konflikts hier aus einer nahostwissenschaftlichen Perspektive beleuchtet werden:

Die Entstehung und heutige Realität politischer palästinensischer Identitäten. Das beinhaltet Fragen wie die Entstehung dieser Identitäten (wie alt ist eigentlich „Palästina“ als politische Identität, und ist das überhaupt wichtig?), ihre oft wechselseitigen und gegenseitigen Einfluss beziehenden Beziehungen zu Israel und dem Zionismus, oder die Rolle verschiedener religiöser und ideologischer Strömungen der Moderne im palästinensischen Nationalismus.

Zum Abschluss gibt der Referent einige Anmerkungen, wie man das neu gewonnene Wissen dazu nutzen könnte, sich eine informierte Meinung über Israel, Palästina und den Konflikt zu bilden.

27. Juni 2023Stadtbücherei Trier | 19 Uhr

Bonelli - Ein Psychiater wird Youtubestar

Luisa Gärtner

Kann ein Psychiater der "Volkspsyche" schaden?

Raphael M. Bonelli, österreichischer Psychiater, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Volksmassen zu bekehren. Und das mit voller Wucht und einigem Erfolg: Sowohl im von ihm mitgegründet Institut für Religiöse Psychiatrie und Psychopathografie (RPP), wo Onlinekurse wie „die Nadel ruft“ und „kollektive Zwangsneurose“ für nur 99,00 (plus Mehrwertsteuer) angeboten werden, als auch auf seinem YouTube-Account. Zuletzt versuchte er unter Hinzunahme zweier angeblich Mitglieder einer jüdischen Gemeinde die „Fake-News“ zu falsifizieren, dass es auf Corona-Demos zu judenfeindlichen Äußerungen gekommen ist.

Bonelli ist ein wahrer Allrounder. Konservative Geschlechterbilder versucht er ebenso aus Psychiaterperspektive zu legitimieren wie die Querdenker. Im Mittelpunkt von Bonellis Videos steht zur Freude seiner zahlreichen Fans auf YouTube er selbst.

Wird Bonelli kritisiert, beispielsweise weil er einen „Schwulenheiler“ und einen Exorzisten zum wissenschaftlichen Psychiaterkongress eingeladen hat, weiß er sich zu wehren: Er schaltet einfach ein YouTube-Video, indem er von Zensur und Verfolgung durch den Wiener Standard spricht, und schon ist der Graben zwischen „den Mainstream-Medien“ und „der freien Meinungsäußerung im Corona-/Geschlechter-/Impf-/Transgender-/Zensurwahn“ noch größer.

Was macht es mit einer Community von Bewunder*innen im Internet, einen bewundernswürdigen Volkslehrer zu haben? Und wie soll dieser Vortrag aufgebaut sein, damit Bonelli mir keine Zensur vorwirft?

18. Juli 2023Stadtbücherei Trier | 19 Uhr

Zwischen Parlament und Straße, zwischen Ausstellung und Fußballstadion – Junge Jüdinnen*Juden und ihr politisches Engagement

Monty Ott und Ruben Gerczikow

Was macht Politik jüdisch?

Viele junge Jüdinnen*Juden haben in der Vergangenheit immer wieder mutig das Wort ergriffen. Haben dafür gekämpft, was sie für richtig halten und woran sie glauben. Sie haben um ihre Vision einer gerechten Gesellschaft gerungen. Heute leben mindestens 25.000 von ihnen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren in Deutschland. Ihr Engagement in den unterschiedlichsten Bereichen unserer Gesellschaft ist angesichts der virulenten Bedrohung durch den Antisemitismus alles andere als selbstverständlich.

Doch wer sind diese jungen Menschen, die sich zu Wort melden?
Was treibt sie an? Wie steht ihr politisches Engagement im Zusammenhang mit ihrer jüdischen Identität?

Monty Ott und Ruben Gerczikow stellen ein Kaleidoskop jüdischer Identitäten zusammen, das im Widerspruch zu der erinnerungskulturellen Festschreibung von Jüdinnen*Juden als passive Opfer steht. Sie lassen junge und jüdische Menschen zu Wort kommen, bieten ihnen ein Forum, auf dem sie von ihrem vielfältigen politischen Engagement und ihren Kämpfen berichten. Ihre Reportagen erzählen davon, wie eine junge Generation von Jüdinnen*Juden ein starkes Selbstbewusstsein entwickelt hat, mit dem sie diese Gesellschaft verändern wollen.

27. Juli 2023Wissenschaftliche Bibliothek Trier | 19 Uhr

Dammbruch Documenta? Antisemitismus in der Kunst- und Kulturszene

Lennard Schmidt

Was ist der Documenta-Skandal?

Skandale sind in der Kunstwelt nichts Ungewöhnliches – wer erinnert sich nicht an Andreas Serrano, der 1987 ein Kruzifix in Urin und Blut tauchte, um gegen den Ausverkauf der katholischen Kirche zu protestieren? Kunst hinterfragt Normen, Kunst ist effekthascherisch, Kunst will provozieren.

Logisch, dass auf der documenta – einer der wichtigsten Kunstausstellungen der Welt – auch regelmäßig für Furore gesorgt wird. Die FDP-Abgeordnete Anikó Glogowski-Merten hat diese Denkweise auf den Punkt gebracht: „Fakt ist, die documenta braucht immer einen Skandal!“ Auch die documenta 15 hatte ihren: Mitten auf dem Friedrichsplatz, dem Herz der documenta, befindet sich ein riesiges Kunstwerk, das Juden als Schweine, Teufel, als kaum noch menschliche Karikaturen darstellt – leider kein Einzelfall. Beinahe im Wochentakt finden Besucher:innen neue judenfeindliche Kunstwerke und schon bald hagelt es Vorwürfe und Gegenvorwürfe. Ganz schön schwierig, da den Überblick zu behalten.

Aber ist das auch bloß wieder einer dieser ordinären „Kunstskandale“, der nur die Kunstwelt etwas angeht? Wer sind überhaupt diese Künstler:innen, die in der Kritik stehen und was ist ihre Agenda? Was werfen die Kritiker:innen der documenta vor und warum hat diesen Skandal eigentlich niemand kommen sehen? – Und warum spielt in dieser Debatte über Antisemitismus eigentlich so selten eine Rolle, was Juden und Jüdinnen darüber denken?

Im Vortrag zeigt Lennard Schmidt auf, was an dem sogenannten „Antisemitismusskandal“ auf der documenta 15 so besonders ist und warum Antisemitismus uns alle etwas angeht.