Pekingsburg

Doppeljubiläumsjahr 2003: Dreihundert Jahre St. Petersburg fallen zusammen mit genau 600 Jahren, die verstrichen sind, seit der Yongle-Kaiser den Grundstein für den Ausbau seiner neuen Hauptstadt Peking legte. Das kann kein Zufall sein. Denn es liegt auf der Hand, daß der Yongle-Kaiser (Hauptstadterbauer, Entsender riesiger Überseeflotten, Sponsor gewaltiger enzyklopädischer Unternehmungen) der Peter der Große des chinesischen Imperiums war – beziehungsweise umgekehrt.

Chengzu, dritter Kaiser der Ming-Dynastie, bekannter unter seiner Regierungsdevise Yongle (reg. 1403-1425).   Ma, Huan : Ying-yai sheng-lan (1433) = The overall survey of the ocean's shores Transl. from the Chinese text ed. by Feng Ch'eng-Chün with introd., notes and appendices by J. V. G. Mills. London [u.a.]: Cambridge Univ. Pr. , 1970 . - XIX, 393 S. : Ill. (Hakluyt Society: Extra ser.; 42) Signatur: 27 = KA.MA 25/od 10442


„An anderen Orten hat man große Städte zur Erinnerung an große Thaten der Vergangenheit gebaut, ... Petersburg aber mit seiner Pracht und Größe ist eine Trophäe, welche die Russen ihrer künftigen Größe errichteten. ... Und wahrhaft bewundernswerth ist, daß dieses Vermächtniß eines Mannes an sein ehrgeiziges Vaterland von der Geschichte angenommen worden ist. Die Prophezeihung Peters des Großen, die in Granitblöcken im Meere geschrieben steht, geht seit einem Jahrhunderte vor den Augen der ganzen Welt in Erfüllung.“
(Astolphe de Custine: Russische Schatten: Prophetische Briefe a. d. J. 1839. Nördlingen: Greno, 1985. S. 60.)

Obolensky, Chloe (Hrsg.): Das alte Russland: ein Porträt in frühen Photographien, 1850 - 1914 München: Beck, 1980. Getr. Zählung: überw. Ill. Signatur: 38 = PA/sb17993   (Abb.:Bauarbeiten am Newaufer, rechts Eremitage und Winterpalast, um 1870)


„Niemand kann bestreiten,
dass Peking ein Meisterwerk geheimnisvollen Schaffens ist. So richtet sich der dreifache Plan seiner Städte nicht nach den ... Wohnbedürfnissen der Menschen. Die Hauptstadt des größten Reiches unter dem Himmel ist um ihrer selbst willen gewollt worden – gezeichnet wie ein Schachbrett, ganz im Norden der gelben Ebene, umgeben von geometrischen Wällen, durchzogen von breiten Straßen, in rechten Winkeln zerschnitten von Gassen und dann gebaut in einer einzigen monumentalen Anstrengung.“
(Victor Segalen: René Leys [1914]. Frankfurt: Suhrkamp, 1982. S. 9)

Backhouse, Edmund, J. O. P. Bland: Annals & memoirs of the court of Peking: (from the 16th to the 20th century) 2. impr. London: Heinemann, 1914 . X, 531 S.: Ill. Signatur: od 10801 (Abb.: Blick vom Kohlenhügel auf die Verbotene Stadt)


„Aus der Vogelschau, hieß es, erkannte man in der Stadt die achtarmige Gestalt des jungen Gottes Nazha, [des rebellischen „Dritten Prinzen“, mit dem sich der Yongle-Kaiser persönlich identifizierte]: Das Zhengyang-Tor war sein Kopf, zwei Brunnen innerhalb dieses Tores seine Augen, die vier Tore zu beiden Seiten seine Arme, die beiden nördlichen Tore seine Füße, die kaiserliche Palaststadt seine inneren Organe; das Tian’an-Tor führte zu seinem Gehirn, und die Straße dazwischen war seine Speiseröhre.“
(Susan Naquin: Peking: Temples and City Life, 1400-1900. Berkeley: University of California Press, 2000. S. 14)   DuHalde, Jean B. : Description géographique, historique, chronologique, politique, et physique de l'empire de la Chine et de la Tartarie chinoise
Bd. 1. Nouv. éd. La Haye: Scheurleer, 1736. LXXX, 488 S. : Ill., Kt.
Signatur: 99 = od10336-1


„Petropolis, diaphan: hier gehen wir zugrunde,
hier herrscht sie über uns: Proserpina.
Sooft die Uhr schlägt, schlägt die Todesstunde,
wir trinken Tod aus jedem Lufthauch da. Den Helm, den steinernen, jetzt losgebunden,
Athene, meerisch, mächtig, schreckensnah!
Petropolis, diaphan: hier gehen wir zugrunde,
nicht du regierst – hier herrscht Proserpina.“ ([1916] Ossip Mandelstam: Gedichte. Übertr. v. Paul Celan. Frankfurt: Fischer, 1994. S. 33)

Weiß, Evelyn (Hrsg.): Russische Avantgarde im 20. Jahrhundert: von Malewitsch bis Kabakov; die Sammlung Ludwig

[Katalog der Ausstellung in der Josef-Haubrich-Kunsthalle, Köln, vom 16. Oktober 1993 bis 2. Januar 1994] München: Prestel, 1993. 279 S.: zahlr. Ill.
Signatur: 33 = OA.WEI/pb 15145
(Abb.: Boris Ignatovic: Eremitage, 1929)


„Der wahre Stolz Petersburgs ist die Newa mit ihren Brücken und Kaien. Dieses Bild ist so unermeßlich, daß dagegen alles Andere klein erscheint. Die Newa ist ein bis an den Rand gefülltes Gefäß und der Rand verschwindet unter dem Wasser, das überall hinzufließen droht. ... Mir gefällt eine Stadt nicht, welche durch nichts beherrscht wird, und gewiß war die Nähe eines Flusses, der breit ist wie ein See und sein Bett völlig ausfüllt in einer sumpfigen Ebene zwischen dem Nebel des Himmels und den Dünsten des Meeres, die ungünstigste Lage, welche zur Anlage einer Hauptstadt gewählt werden konnte.“
(Astolphe de Custine: Russische Schatten: Prophetische Briefe a. d. J. 1839. Nördlingen: Greno, 1985. S. 57.)

Harnisch, Wilhelm (Begr.): Die Weltkunde in einer planmäßig geordneten Rundschau der wichtigsten neueren Land- und Seereisen ...
Bd. 15. Reisebilder und Skizzen aus dem europäischen Rußland und Polen. Leipzig: Fleischer, 1855. X, 372 S.: Ill.
Signatur: g 23595NE-15/16


„Während einer Unterhaltung mit meinem chinesischen Lehrer fragte dieser mich: „Weißt du, wo Peking steht?“ Ich war bestürzt: „Wir sind doch in Peking.“ „Nein, das meine ich nicht; ich wollte wissen, wo die einzige Stelle ist, an der die beiden Schriftzeichen ,bei’ und ,jing’ geschrieben stehen.“ Da mußte ich passen. Er fuhr fort: „Die einzige Stelle, wo man in Peking die beiden Schriftzeichen sehen kann, befindet sich unter der Houmen-Brücke in der Nähe des Trommelturms. Dort unter dem Brückenbogen sind die beiden Schriftzeichen eingemeißelt.“ Obgleich neugierig, konnte ich seine Behauptung nicht nachprüfen: Ich hätte dazu durch den Schlamm in den Graben vor dem Brückenbogen waten müssen.“
(Ce Shaozhen: Flaneur im alten Peking. Köln: Diederichs, 1987. S. 41f.)

Thomson, John: China and its people in early photographs Unabr. repr. of the 1873/4 work. New York: Dover Publ. [u.a.] , 1982. [256] S.: zahlr. Ill. Signatur: 27 = EDO/od17454 (Abb.: Hauptstraße der “Chinesenstadt”, 1874)

 


„Überall konnte man sich amüsieren, überall war etwas los, gab es etwas für Augen und Ohren. Wie ein göttliches Zeichen verlieh die frühsommerliche Hitze jedem Flecken dieser alten Stadt eine verführerische Kraft. Diese Stadt kümmerte weder Tod, noch Unglück oder Leid. War es an der Zeit, versetzte sie dank der ihr eigenen Kraft Millionen Herzen in Schlaf, sang wie im Traum ihre Hymne. Sie war schmutzig, sie war schön, war altersschwach, lebendig, chaotisch, gelassen, liebenswert, sie war das große frühsommerliche Peking.“
(Lao She: Rikscha-Kuli [1937]. Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1987. S. 295.)   Perckhammer, Heinz von: Peking
Berlin: Albertus-Verl., 1928. XX, 200 S.: überwiegend Ill.
Signatur: od 24832
(Abb.: Das Qianmen-Tor von Süden aus gesehen)


„Den nassen, glitschigen Prospekt schnitt im rechten Winkel von neunzig Grad ein nasser Prospekt; im Schnittpunkt stand ein Polizist...
Und auch dort die gleichen hohen Häuser, die gleichen grauen Menschenströme, der gleiche grüngelbe Nebel.
Doch parallel zu dem schnurgeraden Prospekt verlief ein schnurgerader Prospekt mit der gleichen Reihe von Kästen, den flachen Nummern der Häuser, den gleichen Wolken.
Es gibt unendlich viele schnurgerade Prospekte mit unendlich vielen sie schneidenden schnurgeraden Phantomen. Ganz Petersburg ist Unendlichkeit eines vielfach potenzierten Prospekts.
Hinter Petersburg ist das Nichts.“
(Andrej Bely: Petersburg. [1912/22] Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag, 1999. S. 22)

Miziano, Viktor (Hrsg.): Die zeitgenössische Photographie in der Sowjetunion: Reportagen sozialer Wirklichkeit
Schaffhausen [u.a.]: Stemmle, 1988. 224 S.: überwiegend Ill..
Signatur: a 11725
(Abb.: Grigorij Pinchasov: Leningrad, 1984)