Ein kleines Stück Familiengeschichte kehrt heim

Übergabe eines in der NS-Zeit enteigneten Buches an die rechtmäßigen Besitzer

Max Wolf (links) nimmt das Buch seiner Familie von Dr. Marcell Schorer (UB Trier) entgegen. [Fotos © Peter Kuntz]

Ilse und Max Wolf betrieben in den 1920er und 30er Jahren die Seifenfabrik Victor Wolf, das 1825 gegründete Unternehmen der bis dahin rund 300 Jahre im hessischen Schlüchtern ansässigen Familie. Das Ehepaar machte sich zudem durch soziales Engagement und Förderung der zeitgenössischen Kunst einen Namen. Diese Interessen spiegelten sich in einer umfangreichen Privatbibliothek mit Werken zu Politik, Kultur und Kunst wider.

Als Jude und aufgrund seiner sozialistischen Überzeugungen wurde Max Wolf 1934 von den Nationalsozialisten inhaftiert. Nach der Entlassung wurde das Unternehmen zwangsenteignet. Familie Wolf ließ sich daraufhin in Manchester nieder. Die Produktion in Schlüchtern lief ab dann und bis heute unter dem Namen „Dreiturm“ weiter. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte Max Wolf die zerstörte Fabrik 1948 zurück, die in den 50er Jahren durch seinen Sohn Gerald wieder in Betrieb genommen und ab den 80er Jahren sukzessive verkauft wurde.

Im Zuge der Enteignung wurde auch die Privatbibliothek der Familie aufgelöst. Ein Teil der Bestände gelangte in den sekundären Buchhandel. In den 70er Jahren erwarb die junge Universitätsbibliothek Trier zahlreiche antiquarische Titel: Zufällig wurde durch einen ehemaligen Bibliotheksmitarbeiter im 1926 erschienenen Buch „Menschen in China“ der britischen China-Expertin Dorothea Hosie, der Besitzvermerk (Exlibris) der Familie Wolf gefunden. Der Enkel des enteigneten Firmenleiters – der ebenfalls Max heißt – besuchte nun die Universitätsbibliothek Trier und nahm das Buch aus der Sammlung seiner Familie entgegen. In einem ähnlichen Fall wurden bereits im Jahre 2001 mehrere Exemplare aus den Beständen der UB Marburg an die Familie restituiert.

Der von seinem Wohnsitz in Paris angereiste Max Wolf zeigte sich überaus dankbar über die Einladung der Universitätsbibliothek. Es berühre ihn, einen kleinen Teil seiner Familiengeschichte wieder in den Händen zu halten. Um seinem Großvater näher zu kommen, werde er schon auf dem Heimweg mit dem Lesen beginnen, so Wolf.