Geschichte des Fachbereich VI
Der Fachbereich VI Raum- und Umweltwissenschaften vereint heute ein breites geistes- bzw. gesellschaftswissenschaftliches und naturwissenschaftliches Fächerspektrum.
Die Geschichte des Fachbereich VI beginnt mit der Gründung der Universität Trier im Jahr 1970. Die hier skizzierte Entwicklungsgeschichte des FB VI liefert damit einen Beitrag zum 50-jährigen Bestehen der Universität Trier und versteht sich als eine Würdigung der Universität und die fortwährenden Entwicklungsbemühungen für den Fachbereich VI.
Geographie 1970 - 1977: Lehre und Forschung für Schule und Lehrerfortbildung
Bei der Gründung der Universität Trier-Kaiserslautern 1970 wurde die Lehreinheit Geographie mit den drei Fachgebieten Physische Geographie, Kulturgeographie und Didaktik der Geographie eingerichtet. Im Jahr 1973 wurden das Fach Wirtschafts- und Sozialgeographie und die beiden Abteilungen für Geologie und Luftbildauswertung/Fernerkundung etabliert. Bereits in den 70er Jahren hatten diese geographischen Fächer und die beiden angegliederten Fachabteilungen mit ihren damals einzigen Ausbildungsschwerpunkten in der Lehramts- und Magisterausbildung, die zu diesem Zeitpunkt noch in den Fachbereich III integriert waren, einen recht beachtlichen Stellenwert an der Universität Trier mit einem Anteil von 7-8% der Studierenden.
Im Rahmen der Forschungsaktivitäten des Faches Physische Geographie wurde 1972 unter Gerold Richter im Ruwertal die wissenschaftliche Einrichtung Forschungsstelle zur Bodenerosion der Universität Trier (Mertesdorfer Lorenzberg) mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft aufgebaut. Über einen Zeitraum von 20 Jahren wurden in einem Weinbergsareal auf 13 Plots Erosionsmessungen unter natürlichen Bedingungen durchgeführt. – Mit dieser Einrichtung hat die Bodenerosionsforschung in den Weinbaugebieten an Mosel, Saar und Ruwer einen bedeutenden Aufschwung erfahren und eine der längsten Erosionsmessreihen, die es in Europa bis zu diesem Zeitpunkt gab, hervorgebracht.
1977 – 1990 Umorientierung vom Lehramt zu Diplomstudiengängen
Zum Ende der siebziger Jahre wurde – als Reaktion auf einen sich verschlechternden Berufsmarkt für Lehrerinnen und Lehrer – das Studienangebot im Bereich der Diplomausbildung erweitert. Mit der Neueinrichtung des Faches Fremdenverkehrsgeographie wurde der Diplomstudiengang Angewandte Geographie mit dem Schwerpunkt Fremdenverkehrsgeographie (AGF) eingerichtet. Ergänzend dazu konnte 1980 die Diplomausbildung mit einer stärker geographisch/geowissenschaftlichen Ausrichtung durch den Diplomstudiengang Angewandte Physische Geographie (APG) etabliert werden. Diese neue fachwissenschaftliche und methodische Konzeption eines geographisch-geowissenschaftlich integrierten Studiums, dessen Blick auf die immer dringlicher werdenden Umweltprobleme gerichtet war, führte zu Beginn der achtziger Jahre zu einer Erweiterung geowissenschaftlicher Fächer (Geobotanik, Bodenkunde und Kartographie). Gleichzeitig rückte damit die Umweltforschung immer stärker in das Zentrum der Lehr- und Forschungsaktivitäten. Aus dieser Bedeutung heraus konnte 1982 das Spektrum der geowissenschaftlichen Fächer durch die Fächer Hydrologie sowie Anorganische und Analytische Chemie (später umgewidmet in Analytische und Ökologische Chemie) ergänzt werden. 1988 wurde das Fach Klimatologie (heute: Umweltmeteorologie) eingerichtet. Damit hatte sich der Lehr- und Forschungsbereich der Physischen Geographie mit den umweltwissenschaftlichen Fachkompetenzen ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber ähnlich ausgerichteten Studiengängen anderer Hochschulstandorte geschaffen.
1990 – bis heute: Gründung des Fachbereichs VI - Raum- und Umweltwissenschaften
Der anhaltende Anstieg der Studierendenzahl sowie der stetige Ausbau der geographischen und geowissenschaftlichen Fächer führte 1990 zur Teilung des Fachbereichs III. Die wissenschaftlich verzahnten geographischen und geowissenschaftlichen Fachgebiete wurden mit Beginn des WS 1989/90 zu einer eigenen Funktionseinheit im neu gegründeten Fachbereich VI Geographie/Geowissenschaften zusammengeführt. 1992 erhielt der Fachbereich VI die beiden neuen Fächer Angewandte Geographie/Raumentwicklung und Quantitative Methoden/Geomathematik. Die bestehende Abteilung Luftbildauswertung/Fernerkundung wurde 1993 in das eigenständige Fach Fernerkundung im FB VI umgewandelt.
Im Zuge der Integration der geowissenschaftlichen Fächer wurde zum WS 1996/97 als weiterer Studienschwerpunkt in der Diplomausbildung der Studiengang Angewandte Umweltwissenschaften (AUW) eingeführt. Mit der Umsetzung des Faches Biogeographie und der Umweltprobenbank als Forschungseinrichtung des Bundes von der Universität des Saarlands an die Universität Trier wurde das geowissenschaftliche Fachspektrum um biowissenschaftliche Kompetenzen erweitert, was im WS 2001/2002 in die Eröffnung des bio-geowissenschaftlichen Studiengangs Angewandte Biogeographie mündete. In enger Zusammenarbeit mit der Fachrichtung Biogeographie wurde im Jahr 2000 die Stiftungsprofessur Ökotoxikologie/Toxikologie eingerichtet, die 2008 in eine etatisierte Professur überführt wurde. Im Rahmen des Hochschulpaktes konnte eine Professur für das Fach Fernerkundung und Geoinformatik eingerichtet und im Jahr 2010 besetzt werden. Zur Unterstützung der seit 2009 angebotenen Lehramtsausbildung im Fach Biologie konnte 2010 das Fach Biologie und ihre Didaktik eingerichtet werden.
Die Visionen der Gründungsväter der Lehreinheit Geographie haben dazu geführt, dass bis in die frühen 90er Jahre ein Paradigmenwechsel von der reinen Lehrerausbildung zu einem vielfältigen geographisch/geowissenschaftlichen Berufsfeld vollzogen wurde und weiterhin konsequent verfolgt wird. Diese Ausdifferenzierung des Fächerspektrums hat sich bis heute als erfolgreiches Modell für den Standort Trier erwiesen.
Mit rund 1.720 eingeschriebenen Studierenden zum WS 2008/09 (= 11,7% an der Gesamtzahl der Studierenden) und rund 1.660 Studierenden zum WS 2009/2010 (= 11,4 %), acht geographisch und elf geo-biowissenschaftlich ausgerichteten Fächern (mit insgesamt 21 Professuren und über 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) sowie einer hohen Abschlussdifferenzierung durch elf Studiengänge nach der Umstellung des Studienangebotes auf die gestuften Bachelor- und Masterstudiengänge zum WS 2007/2008 zählt der Fachbereich VI zu einem der größten geographisch/geowissenschaftlich ausgerichteten Fachbereiche / Hochschulorte in Deutschland. Die hohe Anzahl an Promotionen zeigt das besondere Engagement in der Nachwuchsförderung. Die Leistungsbilanz des an der Universität Trier drittmittelstärksten Fachbereichs ist als überaus positiv zu bewerten.
Durch die vielfältigen und spezifischen Fachkompetenzen bei gleichzeitig intensiver Zusammenarbeit der einzelnen Fächer wird ein hohes Maß an Interdisziplinarität in Forschung und Lehre gewährleistet und damit eine praxis- und forschungsorientierte Lehre ermöglicht. Damit hat sich der Fachbereich VI als ein Zentrum der interdisziplinären Umweltforschung an der Schnittstelle von Mensch-Umweltbeziehungen bis heute ein Alleinstellungsmerkmal in Rheinland-Pfalz und über die Grenzen des Landes hinaus geschaffen.
Die grundlagen– und anwendungsbezogene Forschung des Fachbereich VI orientiert sich an der Beantwortung von drängenden Fragen, die sich angesichts anthropogen verursachter, einschneidender Veränderungen der natürlichen Lebensgrundlagen und der sich daraus ergebenden veränderten Rahmenbedingungen der gesellschaftlichen Entwicklung stellen. Die human-, umwelt- und informationswissenschaftlich orientierten Forschergruppen des Fachbereiches VI ergänzen damit das überwiegend geistes- und kulturwissenschaftlich ausgerichtete Profil der Universität Trier in hervorragender Weise.
Im Jahr 2012 hat der FB VI seine ehemalige Namensbezeichnung "Geographie/Geowissenschaften" durch die Bezeichnung "Raum- und Umweltwissenschaften" geändert, um den inhaltlichen Potenzialen und Entwicklungskonzepten im Bereich der Umweltforschung zur Mensch-Umwelt-Interaktion besser Rechnung zu tragen.
Die Leistungsfähigkeit des Fachbereiches VI steht in direktem Zusammenhang mit dem Engagement aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von der Gruppe der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer bis hin zu den nicht wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Studierenden und der Fachschaft des FB VI. Allen gebührt dafür der anerkennende Dank.