Wissenschaftler warnen: Ein durch den Menschen eingeschleppter Pilz könnte den einheimischen Amphibien erheblich schaden. Der letztes Jahr in den Niederlanden entdeckte hautfressende Pilz Batrachochytrium salamandrivorans wird als Auslöser von Massensterben der dortigen Feuersalamander-Populationen vermutet. In dem Wissenschaftsjournal Science (erscheint am 31. Oktober 2014) warnen Experten nun vor einem Massensterben der in Europa vorkommenden Salamander und Molche (Schwanzlurche).
Die beteiligten Wissenschaftler untersuchten über 5000 Amphibien von vier Kontinenten, um die Gefahr zu untersuchen, die von dem Pathogen ausgeht. Die Ergebnisse sind alarmierend: Batrachochytrium salamandrivorans ist sehr gefährlich für weltweit fast alle Salamander und Molche. Nicht jedoch für andere Amphibien: Fröschen und den wurmartig aussehenden Blindwühlen kann er nichts anhaben.
Die Untersuchungen zeigen, dass der Pilz bei Arten aus Thailand, Vietnam und Japan nachweisbar ist, diese aber keine Krankheitssymptome zeigen. Das gilt auch für solche, die bereits Ende des vorletzten Jahrhunderts in Naturkundemuseen hinterlegt worden sind. Salamander und Molche in anderen Teilen der Welt sterben fast immer wenn sie befallen sind. Die Forscher gehen daher davon aus, dass Batrachochytrium salamandrivorans natürlicherweise in Asien vorkommt und die Schwanzlurche dort immun sind. Infizierte Molche treten im Tierhandel auf und vermutlich gelangte der Pilz kürzlich über diesen Weg nach Europa.
Bislang konnte Batrachochytrium salamandrivorans, außer im Süden der Niederlande, auch im angrenzenden Bereich Belgiens nachgewiesen werden. Die Wissenschaftler halten es für sehr wahrscheinlich, dass er sich weiter ausbreitet und zu dramatischen Populationseinbrüchen bei Salamandern und Molche führen kann.
Federführend bei den Untersuchungen waren Professor Dr. An Martel und Professor Dr. Frank Pasmans von der Universität in Gent in Belgien. Die Forschung erfolgte in Zusammenarbeit mit zahlreichen international anerkannten Kollegen, so auch Dr. Stefan Lötters vom Institut für Biogeographie der Universität Trier.
In Deutschland kommen zwei Salamander- und fünf Molcharten vor, darunter der Feuersalamander und der Kammmolch. Für den Feuersalamander hat Deutschland im internationalen Artenschutz eine „besondere Verantwortung“. Der Kammmolch steht in den meisten Bundesländern bereits als „gefährdet“ bis „stark gefährdet“ auf der Roten Liste bedrohter Tierarten. Zudem gilt die Art nach der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie der EU von gemeinschaftlichem Interesse (Anhang II).
Lötters untersucht derzeit in Zusammenarbeit mit der Biostation Aachen Salamander und Molche auf Batrachochytrium salamandrivorans in dem Teil Deutschlands, der an die bekannten Krankheitsherde in Belgien und den Niederlanden angrenzt. „Bisher konnten wir den Pilz nicht nachweisen, doch ist dies kein Grund zur Entwarnung. Wir sind in höchster Alarmbereitschaft“, so Lötters. Unterstützt werden die Forscher und Naturschützer derzeit von der Stiftung Artenschutz und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen. Professor Dr. Michael Veith, Leiter des Trierer Instituts, forscht seit über 30 Jahren an Salamandern: „Es besteht im Moment ein dringender Forschungsbedarf, denn wir wissen nicht, wie sich der Pilz ausbreitet, ob von Amphib zu Amphib, über Vektoren oder gar direkt über die Umwelt. Auch wissen wir nicht, wie Batrachochytrium salamandrivorans in Wechselwirkung mit anderen Pathogenen wirkt.“
„Wenn der Pilz sich ausbreitet, ist er nur schwer aufzuhalten. Wir müssen daher vor allem unser Bestes geben, dass die gefährdeten Schwanzlurche wenig sonstigem Stress, etwa durch Lebensraumzerstörung und den Straßenverkehr, ausgesetzt werden“, sagt Lötters.
Kontakt
Stefan Lötters
Universität Trier
Biogeographie
Tel.: 0651 / 201 – 4174
E-Mail: <link>loetters@uni-trier.de
Der Aufsatz erscheint am 31. Oktober 2014 im Wissenschaftsmagazin Science:
A. Martel et al.: Recent introduction of a chytrid fungus endangers Western Palearctic salamanders. Science, 2014.
<link http: www.sciencemag.org lookup doi science.1258268 _blank>www.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.1258268