Häufigere Verhaltensauffälligkeiten beim Triple-X-Syndrom

Biologen und Psychologen der Universität Trier weisen in einer Studie nach, dass Mädchen mit Triple-X häufiger als andere Kinder in ihrem Verhalten auffallen. In Deutschland wurde das Dreifach-Chromosom bei etwa 60.000 Mädchen und Frauen festgestellt. Tatsächlich dürften es weit mehr sein.

Biologen und Psychologen um den Verhaltensgenetiker Jobst Meyer und die Doktorandin Petra Freilinger von der Universität Trier haben jetzt eine groß angelegte Studie vorgestellt, in der sie besonders die sozialen Aspekte des Triple-X-Syndroms untersuchten. Die Studie weist nach, dass Mädchen mit Triple-X häufiger als andere Kinder in ihrem Verhalten auffallen. In Deutschland wurde das Dreifach-Chromosom bei etwa 60.000 Mädchen und Frauen festgestellt. Tatsächlich dürften es weit mehr sein, da bislang vermutlich nur zehn Prozent der Fälle diagnostiziert sind.

Die aus der Studie gewonnenen Ergebnisse unterstützen die Diagnostik. Sie dienen darüber hinaus zur besseren Information von Betroffenen und sind hilfreich für die genetische Beratung und für die behandelnden Ärzte. Sie versetzen Kliniker in die Lage, die Ausprägung des Triple-X-Chromosomensatzes besser zu verstehen, mögliche Auswirkungen richtig einzuordnen und rechtzeitig adäquate Maßnahmen zu ergreifen.

Bei der Hälfte treten Probleme auf

Etwa eines von tausend Mädchen kommt mit einem zusätzlichen X-Chromosom zur Welt. Das klinische Erscheinungsbild wird Triple-X-Syndrom, auch Trisomie X genannt. Es stellt die häufigste Störung der Chromosomenverteilung im weiblich Geschlecht dar. Im Vergleich zu anderen Chromosomen-Verteilungsstörungen wie etwa dem Down-Syndrom (Trisomie 21) ist es nicht gravierend. So zeigen viele Mädchen und Frauen mit Triple-X keine oder nur geringe Auffälligkeiten. Bei etwa der Hälfte der Mädchen treten jedoch Probleme auf, insbesondere können die sprachliche und die motorische Entwicklung verzögert sein. Viele Mädchen haben auch eine überdurchschnittliche Körpergröße. In der Schule leiden Mädchen mit Triple-X häufiger unter Lernschwierigkeiten. Das Erscheinungsbild des Triple-X-Syndroms ist jedoch variabel und die Ausprägung kann sehr unterschiedlich sein.

Eltern berichteten häufig auch von Kontaktschwierigkeiten ihrer Töchter besonders in der Schule, die psychosozialen Stress auslösen können. Dies kann in Einzelfällen bis hin zum Mobbing durch Mitschülerinnen führen und dazu, dass die Mädchen in der Folge den Schulbesuch verweigern.

Kontaktgruppe eingerichtet

In der Studie von Jobst Meyer und Petra Freilinger wurden erstmals Mädchen und Frauen aus drei Alterskohorten befragt. Mit Unterstützung einer von Petra Freilinger initiierten und langjährig begleiteten Triple-X-Kontaktgruppe (www.triplo-x.de) konnten 71 betroffene Mädchen und Frauen für eine Teilnahme an der Studie gewonnen werden. Diese Gruppe hat sich institutionalisiert und bietet Informationen und regelmäßige Treffen an.

Ziel der Studie war es, herauszufinden, ob bei Mädchen und Frauen mit Trisomie X mehr psychische Probleme und Verhaltensauffälligkeiten auftreten als bei Frauen und Mädchen mit zwei X-Chromosomen. Die Ergebnisse der Studie belegen unter anderem, dass bei Mädchen mit Triple-X häufiger als bei anderen Kindern Verhaltensweisen wie etwa Ängste, sozialer Rückzug und Aufmerksamkeitsprobleme auftreten. Sie haben oft einen Mangel an Selbstvertrauen, außerdem wurden eine verstärkte Empfindlichkeit und erhöhte Anfälligkeit für Probleme im Sozial- und Beziehungsverhalten festgestellt. Frauen mit Triple-X sind in ihrem täglichen Leben eher durch allgemeine körperliche und psychische Symptome beeinträchtigt.

Bessere Information

Im Zuge der Ausweitung der nichtinvasiven Pränataltests aus mütterlichem Blut (NIPT) ist zu erwarten, dass in Zukunft häufiger vorgeburtlich die Diagnose „Trisomie X“ gestellt wird. Die Studie hilft, Schwangere mit einem entsprechenden Befund besser über zu erwartende Probleme zu informieren. Im Übrigen hat die Diagnose des Syndroms keine Auswirkungen auf die spätere Fortpflanzung. Trisomie X wird nicht vererbt.

Die in Kooperation mit dem genetikum in Neu-Ulm, einem privat geführten Institut für genetische Diagnostik und Beratung, sowie der Humangenetik der Universität des Saarlandes (Professor Wolfram Henn) erstellte Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift „American Journal of Medical Genetics“ veröffentlicht.

 


Kontakt

Prof. Dr. Jobst Meyer
Verhaltensgenetik
Tel. 0651 201-3713
E-Mail: meyerjo@uni-trier.de