Bei der Geldanlage machen Vietnamesen und Deutsche die gleichen Fehler

Eine Studie an der Universität Trier bestätigt: Freunde und Verwandte sind schlechte Berater

Wenn Vietnamesen Geld anlegen, verhalten sie sich kaum anders als Deutsche oder Amerikaner. Das haben Prof. Dr. Marc Oliver Rieger und Thuy Chung Phan von der Universität Trier herausgefunden. Diese Erkenntnis überrascht, wäre doch zu vermuten, dass sich wirtschaftliche, soziale und kulturelle Unterschiede auch auf das Anlageverhalten auswirken. „Letztlich ist bei der Geldanlage weniger der kulturelle Unterschied als die Psychologie der ausschlaggebende Faktor. Die psychologischen Motive sind bei den Menschen gleich – ob im Westen oder in einem sich entwickelnden Land wie Vietnam“, sagt Marc Oliver Rieger, Professor für Bank- und Finanzwirtschaft.

Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Wirtschaftssystemen machen die gleichen Fehler bei der Geldanlage. Das ist ein weiteres Ergebnis der Studie von Marc Oliver Rieger, Thuy Chung Phan und Professorin Mei Wang (WHU – Otto Beisheim School of Management), in der sie den sogenannten „social transmission bias” erstmals empirisch belegen. Dahinter verbirgt sich folgender Zusammenhang: Geldanleger, die sich von Freunden, Verwandten oder Bekannten beeinflussen lassen, gestalten ihr Aktien-Portfolio überproportional risikoreich. Statt das Anlagevermögen auf viele verschiedene Aktien zu streuen und die Gefahr von Verlusten zu minimieren, setzen sie zu sehr auf eine einzelne Aktie.

Grund ist ein Nachahmer-Effekt. Wird im Bekanntenkreis über Geldanlagen gesprochen, neigen die Gesprächspartner dazu, nur von ihren erfolgreichen Aktiengeschäften zu berichten und Fehlschläge zu unterschlagen. Das verleitet die Zuhörer, selbst konzentriert in diese vermeintliche Erfolgsaktie zu investieren. Marc Oliver Rieger rät dazu, die Einzelaktien-Strategie den Profis zu überlassen. „Mit einem gestreuten Anlagenportfolio erreicht man die gleiche Durchschnittsrendite bei einem geringeren Risiko.“

In einigen Aspekten unterscheiden sich Geldanleger in Vietnam und im Westen aber doch. „In Vietnam investiert man auch vergleichsweise kleine Summen in Aktien. Außerdem sind Vietnamesen beim Kaufen und Verkaufen von Aktien deutlich aktiver“, hat Thuy Chung Phan herausgefunden, die für die Studie 620 vietnamesische Investoren befragt hat. Sie erklärt den Unterschied mit geringeren Vermögen und damit, dass in Vietnam die Geldanlage als eine seltene Möglichkeit für einen Zusatzverdienst genutzt wird.

Gegenüber vorhergehenden Untersuchungen verfolgt die Studie den neuen Ansatz, sich nicht nur auf einen Aspekt der Entscheidungsfindung von Anlegern zu konzentrieren. Sie betrachtet vielmehr das Zusammenspiel verschiedener Variablen und deren Bedeutung.  

Die Studie ist auch für Bankberater interessant, denn die Ergebnisse legen nahe, dass über Länder und Kulturen hinweg gleiche Muster in der Geldanlage-Beratung angewendet werden können. Dank der dynamischen und zuletzt konstanten wirtschaftlichen Entwicklung dürfte sich Vietnam für die internationale Finanzwirtschaft zu einem stetig interessanteren Markt entwickeln.

Die Studie

Die Studie „What leads to overtrading and under-diversification? Survey evidence from retail investors in an emerging market“ von Thuy Chung Phan, Marc Oliver Rieger und Mei Wang ist im „Journal of Behavioral and Experimental Finance“ erschienen

Journal of Behavioral and Experimental Finance“

Kontakt

Prof. Dr. Marc Oliver Rieger
Finanzwirtschaft
Tel. +49 651 201-2722
E-Mail: mriegeruni-trierde