Wirtschaftssanktionen können positive Auswirkungen auf Frauenrechte haben
Eingefrorene Vermögen und Einreisesperren – nicht erst seit der politischen Eskalation des Ukraine-Konflikts verhängt die US-Regierung Wirtschaftssanktionen gegen andere Staaten. Zwischen 1981 und 2011 waren mehr als 30 Länder betroffen. Die Sanktionen reichen von Waffenembargos bis zum kompletten Abbruch von Handelsbeziehungen. Welche Auswirkungen die US-Wirtschaftssanktionen auf die Menschenrechtssituation vor Ort hat, analysierten Wirtschaftswissenschaftler der Universitäten Trier und Hamburg sowie des ifo Instituts München. Dabei kamen die Forscher zu erstaunlichen Ergebnissen.
„Eine weitverbreitete These lautet, dass sich Wirtschaftssanktionen zwar gegen Regierungen beziehungsweise Eliten des Landes richten, aber hauptsächlich die breite Bevölkerung und insbesondere die unterprivilegierten sozialen Gruppen die Kosten dafür tragen, da die Regierungen infolge der Sanktionen die Menschenrechte in ihrem Land weiter einschränken“, sagt Prof. Dr. Matthias Neuenkirch von der Abteilung für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Trier. „Unsere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass durch Wirtschaftssanktionen Frauenrechte sogar gestärkt werden können.“ Die Wissenschaftler erklären sich diesen Befund unter anderem damit, dass Frauen bessere Chancen haben, am Arbeitsmarkt sowie am sozialen und politischen Leben zu partizipieren, wenn die männliche Bevölkerung durch Sanktionen, Kriege oder Repression geschwächt ist.
Aber: negative Effekte auf politische Partizipationsrechte
Für eine andere Dimension von Menschenrechten konnten die Autoren in ihrer Studie dagegen einen negativen Effekt belegen, nämlich politische Partizipationsrechte. Hierzu zählen die Wissenschaftler beispielsweise die Versammlungs- und Redefreiheit sowie das Recht, an freien Wahlen teilzunehmen.
Keine Auswirkungen von Wirtschaftssanktionen konnten auf die „grundlegenden Menschenrechte“ wie körperliche Unversehrtheit und auf ökonomische Rechte wie dem Recht auf Eigentum nachgewiesen werden.
Komplexer statistischer Ansatz
„Eine Herausforderung für uns war es, sicherzustellen, dass die Unterschiede in der Menschenrechtssituation nur durch die Wirtschaftssanktionen verursacht wurden“, sagt Neuenkirch. In dem von ihnen gewählten statistischen Ansatz haben die Studienautoren ebenfalls berücksichtigt, dass die Situation der Menschenrechte typischerweise in den sanktionierten Ländern vor den Wirtschaftssanktionen bereits schlechter ist als in nicht-sanktionierten Ländern.
„Ob sich unsere Ergebnisse auch auf andere Sanktionsgeber, wie zum Beispiel die EU, übertragen lassen, können wir nicht mit Sicherheit sagen. Aber es gibt Indizien, die diese These stützen“, sagt der Trierer Volkswirt.
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Studie
Jens Gutmann, Matthias Neuenkirch und Florian Neumeier (2019): Precision-guided or blunt? The effects of US economic sanctions on human rights. In: Public Choice, S. 1-22.
Kontakt
Prof. Dr. Matthias Neuenkirch
Empirische Wirtschaftsforschung
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