Nach fast 90 Jahren kehrt ein Buch zu seinen Besitzern zurück

Die Universitätsbibliothek übergab einen Band an den Enkel eines in der NS-Zeit enteigneten Unternehmer-Ehepaars.

Einem aufmerksamen ehemaligen Mitarbeiter der Universitätsbibliothek (UB) Trier ist es zu verdanken, dass nun ein Buch aus deren Bestand restituiert und an die rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden konnte. Dem Mitarbeiter war in dem ausgeliehenen Buch „Dorothea Hosie: Menschen in China“ ein Exlibris „Ilse und Max Wolf“ aufgefallen.

Übergabe eines restituierten Buchs.
Max Wolf (links) nimmt in Trier das Buch aus der Bibliothek seiner Großeltern aus den Händen von Dr. Marcell Schorer, Mitarbeiter der Universitätsbibliothek, entgegen. Auf dem Buch links unten ist das Exlibris zu sehen.

Dieser Besitzervermerk gehörte zur Bibliothek des Unternehmer-Ehepaars Max und Ilse Wolf, das im hessischen Schlüchtern eine von ihren Vorfahren gegründete Seifenfabrik führte. Als jüdische Unternehmer wurden sie schon in den Anfangsjahren des Nationalsozialismus enteignet und ihre Bibliothek zerschlagen.

Das nun zurückgegebene Buch hatte die Trierer Universitätsbibliothek 1979, neun Jahre nach der Wiedergründung der Universität, von einem Antiquar erworben. Bei dem Versuch, Kontakt zu Nachfahren der Familie Wolf herzustellen, wurde UB-Mitarbeiter Dr. Marcell Schorer auf den Geschichtsverein Schlüchtern aufmerksam, der im vergangenen Jahr einen „Stolperstein“ im Heimatort der Familie Wolf verlegt hatte. Mit Unterstützung des Vereins konnte Marcell Schorer Kontakt zu Max Wolf aufnehmen.

Der Enkel des gleichnamigen enteigneten Unternehmers reiste am 28. September eigens aus Paris an, um das Buch seiner Großeltern in der Trierer Universitätsbibliothek entgegenzunehmen. „Ich bin sehr berührt, dass ich auf diese Weise etwas von meinem Großvater zurückerhalte. Daher war es mir wichtig, persönlich nach Trier zu kommen. Dafür bedanke ich mich sehr“, sagte Max Wolf bei der Übergabe des Buches.

Bereits 2001 waren aus der Universitätsbibliothek Marburg mehrere Bücher mit dem Exlibris „Ilse und Max Wolf“ restituiert worden, die Enkel Max Wolf damals mit seinem Vater Gerhard Wolf entgegennahm. Weitere Bücher aus der geschätzt 1.000 Bände umfassenden Bibliothek seines Großvaters fanden bisher allerdings nicht den Weg zu ihm. „Mein Großvater hat sich sehr für Politik und Kunst interessiert und junge Künstler unterstützt“, erinnerte sich Max Wolf, der selbst nur kurze Zeit in Deutschland lebte und seine Kindheit in Manchester verbrachte. Die längste Zeit war Schottland seine Heimat, bis er vor wenigen Jahren nach Paris umzog. Dort will er auch gleich nach seiner Rückkehr aus Trier das restituierte Buch lesen.

Kontakt
Dr. Marcell Schorer
Universitätsbibliothek
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