China untergräbt westliche Wirtschaftssanktionen

Eine Studie hat die Auswirkungen von US- und EU-Sanktionen auf internationale Handelsströme untersucht und kommt dabei auch zu einem überraschenden Ergebnis für Russland.

Der Handel zwischen Staaten, gegen die von den USA und der EU Wirtschaftssanktionen verhängt wurden, und China hat unter dem Einfluss der Sanktionen zugenommen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Trier, der Universität Hamburg und des ifo Institut München. Insbesondere der Handel mit Rohstoffen und Bauteilen sowie der Import „kritischer Güter“, wie Waffen, Sprengstoff und Nukleargüter, aus China haben sich verstärkt.

„Mit unserer Studie erfassen wir mit Sicherheit nur die Spitze des Eisbergs,“ sagt Prof. Dr. Matthias Neuenkirch. „Unsere Datenbasis beinhaltet ausschließlich offizielle bilaterale Handelsströme und erfasst auch nicht die Umgehung von Sanktionen durch Handel über Drittstaaten.“ Für die gerade in der Fachzeitschrift Review of International Economics erschienene Studie hat der Trierer Ökonom mit seinen Kollegen Prof. Dr. Jerg Gutmann (Hamburg) und Dr. Florian Neumeier (München) analysiert, wie sich US- und EU-Sanktionen zwischen 2002 und 2019 auf den Handel mit 83 sanktionierten Ländern ausgewirkt haben. „Leider konnten wir in der Studie die jüngsten Sanktionen gegen Russland nicht berücksichtigen, da die verwendeten Daten aktuell nur bis 2019 verfügbar sind“, erklärt Neuenkirch.

Untergräbt Russland ebenfalls Sanktionen?

Handelssanktionen zielen darauf ab, ein Zielland daran zu hindern bestimmte Güter ein- oder auszuführen. Somit ist ein negativer Effekt westlicher Sanktionen auf den Handel mit den USA und den EU-Mitgliedstaaten zu erwarten. Es ist ebenso erwartbar, dass der Handel mit Drittstaaten abnimmt. Sanktionierte Staaten fragen aufgrund der geringeren Wirtschaftsleistung weniger internationale Güter nach und benötigen selbst produzierte Güter vermehrt zur Deckung des heimischen Bedarfs. Dieser in der Summe negative Effekt westlicher Sanktionen auf den Außenhandel zeigt sich in den Handelsdaten: Exporte aus sanktionierten Ländern sinken um zehn Prozent, Importe immerhin um sieben Prozent.

Häufig heißt es jedoch, dass geopolitische Schwergewichte wie China oder Russland systematisch westliche Sanktionen untergraben. Dass sich China in der Vergangenheit sanktionsuntergrabend verhalten hat, belegt die nun veröffentlichte Studie. Überrascht hat dagegen, dass in den Handelsströmen zwischen Russland und den vom Westen sanktionierten Staaten keine sanktionsuntergrabenden Bemühungen zu erkennen waren. „Wir können nur spekulieren, warum bei Russland nicht ein vergleichbares Ergebnis wie bei China zutage tritt“, sagt Neuenkirch. „Es lässt sich gegebenenfalls damit erklären, dass Russland im Gegensatz zu seinem politischen Einfluss kein wirtschaftliches Schwergewicht ist. Trotz Ressourcenreichtums ist Russlands jährliche Wirtschaftsleistung vergleichsweise gering.“ Die Studien-Autoren gehen jedoch davon aus, dass durch die jüngsten westlichen Sanktionen gegen Russland das sanktionsuntergrabende Verhalten einzelner Länder noch einmal zugenommen hat. Das kann beispielsweise am Export russischen Öls nach China oder dem zum Teil dramatisch gestiegenen Handel zwischen EU-Mitgliedstaaten und russischen Anrainerstaaten, wie Kirgistan, Armenien oder Kasachstan, beobachtet werden.

Die Studie

Gutmann, Jerg; Neuenkirch, Matthias; Neumeier, Florian: Do China and Russia Undermine Western Sanctions? Evidence from DiD and Event Study Estimation. In: Review of International Economics (2023). https://doi.org/10.1111/roie.12716.

Kontakt

Prof. Dr. Matthias Neuenkirch
Empirische Wirtschaftsforschung
Mail: neuenkirchuni-trierde
Tel. +49 651 201-2629