Kinder, die sich stundenlang mit Computerspielen beschäftigen, gelten bei Lehrern nicht gerade als schulbegeistert. Umso erstaunlicher mutet der Vergleich an, mit dem Prof. Dr. Michaela Brohm, Bildungswissenschaftlerin an der der Universität Trier, das Trainingsprogramm schildert, das nächste Woche an Schulen in der Verbandsgemeinde Konz startet: Die Herausforderung, das nächste Level zu schaffen, die unmittelbare Rückmeldung, etwa durch Punkte, die ständig mehr werden, das völlige Abtauchen und Einswerden mit dem Spiel – solche positiven Gefühle könnten auch Matheaufgaben bei Kindern auslösen, ist die führende deutsche Motivationsforscherin für den Schulbereich überzeugt.
Wie das gelingen kann, lernen etwa 150 Lehrerinnen und Lehrer sowie 1.700 Schülerinnen und Schüler an sechs Grundschulen, der Realschule Plus und dem Gymnasium Konz in dem völlig neuartigen Bildungsprojekt „Motivation lernen“ in den kommenden sechs Monaten. „Es gab bisher kein Projekt, das alle Schularten in einer Gemeinde erfasst, und auch nicht mit einem derartigen wissenschaftlichen Design“, betont Brohm. Gemeinsam mit ihrem wissenschaftlichen Mitarbeiter Benjamin Berend und Wolfgang Endres, einem bundesweit gefragten Experten für Lehrerfortbildung, will sie die Effekte ihres Programms auf die Leistungsmotivation und auf das Lernverhalten von Schülern untersuchen. Gleichzeitig soll das Training dazu beitragen, Lehrer zu entlasten und langfristig das soziale Schulklima zu verbessern.
Denn – das spüren Lehrer und Schüler nicht nur im täglichen Unterricht, sondern das ist wissenschaftlich belegt: Sowohl Schüler als auch Lehrer leiden zunehmend unter Angst und Stress, seelische und körperliche Beschwerden nehmen immer mehr zu. Keine Berufsgruppe ist so häufig von Burn-Out betroffen wie Lehrer. Und unter Schülern herrscht immer mehr Aggressivität und Mobbing. Kurzum: „Die psychosoziale Gesundheit ist an deutschen Schulen beeinträchtigt“, resümiert Brohm.
Die Lösung sucht die Bildungswissenschaftlerin aber nicht in erster Linie in der Veränderung des Schulsystems, sondern an den Punkten, die Lehrer und Schüler selbst ändern können. Lehrer setzten immer noch viel zu sehr bei den Defiziten der Schüler an, was jegliche Motivation zerstöre. Vielmehr müssten sie ihren Schülern ein „Aufblühen“ ermöglichen, indem sie ihnen Sinn und Bedeutung des Stoffes und das Gefühl vermitteln, damit etwas bewirken zu können. Voraussetzung dafür ist eine aufbauende Beziehung zwischen Lehrer und Schüler und gegenseitige Unterstützung innerhalb der Klassengemeinschaft.
Verankert ist diese Herangehensweise in der Theorie der Positiven Psychologie, die in Deutschland allerdings noch wenig bekannt ist. Gerade erst hat sich derdeutschsprachige Dachverband für Positive Psychologie gegründet, Michaela Brohm leitet dort die Abteilung Bildung und Hochschule. Das Konzer Projekt hat schon vor dem Start Wellen geschlagen: So wird sich der nächste Landeselterntag in Rheinland-Pfalz mit dem Thema beschäftigen, auch eine Diskussionsrunde mit Bildungsministerin Doris Ahnen und Michaela Brohm ist geplant.
Dass sich die Schulen in Konz so offen zeigen für das Trainingsprogramm, liegt auch an der Kooperation mit der Konzer-Doktor-Bürgerstiftung. Diese hat sich durch zahlreiche erfolgreiche Projekte das Vertrauen der Schulen erworben und ist zum festen Bestandteil der Bildungsarbeit in der Verbandsgemeinde geworden. Dass es nun gelungen ist, ein solch großes Programm in Konz umzusetzen, erfüllt den Vorsitzenden Hartmut Schwiering mit besonderem Stolz: „‘Motivation lernen‘ ist ein revolutionäres Projekt, das Impulse setzen wird.“
Kontakt:
Prof. Dr. Michaela Brohm
Universität Trier
Tel.: 0651/201-2377
E-Mail: <link>brohm@uni-trier.de
Internet: <link http: www.brohm.uni-trier.de _blank>www.brohm.uni-trier.de