In der Industrie, insbesondere in Gießereien, in großen Rechenzentren, in Supermärkten und in vielen anderen Betrieben und Einrichtungen werden enorme Wärmemengen produziert oder eingesetzt. Nach der Erstverwertung geht die als Abwärme vorhandene Energie bislang ungenutzt verloren. Durch deren Weiterverwertung könnten deutlich größere Wärmemengen durch die Netze befördert und damit mehr Verbraucher versorgt werden, ohne dass ein höherer Energieverbrauch erforderlich wird.
Enorme Herausforderungen
Bislang mussten die Betreiber von Fernwärmenetzen lediglich den Transport der meist in Müllverbrennungsanlagen erzeugten Wärme zu den Verbrauchern und den Rücktransport des abgekühlten Wassers gewährleisten. Um Abwärme effizient zu nutzen, müsste deren Einspeisung an einer Vielzahl von Stellen, in unterschiedlichen Mengen und Temperaturen sowie zu verschiedenen Zeiten ermöglicht werden. Zudem wäre künftig ein Transport in wechselnden Richtungen erforderlich. Für die Netzbetreiber, die eine zuverlässige und stabile Versorgung der Kunden gewährleisten müssen, sind diese Szenarien mit enormen Herausforderungen und Risiken verbunden.
Bei der Umsetzung dieser diffizilen Aufgaben erhalten die Netzbetreiber, häufig kommunale Einrichtungen, Unterstützung aus der Wissenschaft. In Ergänzung zur bereits angestoßenen Forschung und Entwicklung an der technischen Infrastruktur wollen die an dem Projekt „ElAN“ beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mathematisch-algorithmische Grundlagen für einen optimalen Betrieb der Netze unter Nutzung von Abwärme erarbeiten. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Vorhaben „Effiziente lokale Abwärmenutzung in Niedertemperaturnetzen (ElAN)“ arbeiten neben Prof. Dr. Nicole Marheineke Beteiligte der Universitäten Konstanz und Stuttgart sowie des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik zusammen.
Vom statischen zum dynamischen System
„Für die effiziente Nutzung von Abwärme ist die Weiterentwicklung der Wärmenetze von einem statischen zu einem dynamischen System erforderlich, das die durch die dezentralen Einspeisungen entstehenden permanenten Veränderungen bewältigt“, erklärt Nicole Marheineke. Die mathematische Aufgabe besteht darin, eine Vielzahl von Szenarien in dynamischen Simulationen abzubilden. Die Berechnung eines optimalen Netzbetriebs unter Berücksichtigung aller relevanten Parameter in kurzer zeitlicher Taktung würde nicht zu bewältigende Mengen an Daten produzieren. Daher arbeitet die Trierer Mathematikerin daran, wie Modelle so reduziert werden können, dass die Daten verarbeitet werden können und gleichzeitig ein möglichst hoher Qualitätsmaßstab erreicht wird.
Bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit kann die Forschungsgruppe „ElAN“ auf Erfahrungen aus Vorgängerprojekten zur Reformierung des Stromnetzes zurückgreifen. Nach dem Aufkommen von Photovoltaikanlagen standen die Betreiber von Stromnetzen vor der ähnlichen Aufgabe wie nun die Anbieter von Fernwärme, die von einer Vielzahl von Produzenten erzeugte Energie zuverlässig in einem stabilen Netz zu transportieren.
Kontakt
Prof. Dr. Nicole Marheineke
Mathematik
E-Mail: marheineke@uni-trier.de
Tel. +49 651 201-3470