Die Handzeichnung gilt, insbesondere in Gestalt der schnell dahin geworfenen Skizze, als das persönliche Signum eines Künstlers bzw. einer Künstlerin schlechthin. Sie scheint damit unwiederholbar. Der Versuch ihrer Vervielfältigung nun stellt eine der großen Unternehmungen und einen Motor technischer Innovationen in der Druckgrafik des 18. Jahrhunderts dar, einer Zeit, in der das theoretische wie sammlerische Interesse an der ‚Zeichnung‘ enorm an Bedeutung gewann.
Aus den Beständen der Graphischen Sammlung der Universität Trier zeigt die Ausstellung Werke bedeutender Druckgrafikerinnen und Druckgrafiker auf diesem Feld. Die dabei auftretende Bandbreite druckgrafischer Verfahren – Radierung, Camaieu-Schnitt, Mezzotinto, Punktiermanier, Crayonmanier, Aquatinta und weitere, weniger bekannte Techniken – lässt den Einfallsreichtum erkennen, der nötig war, um vor der Erfindung der Lithografie 1797/98 die besondere Charakteristik von Handzeichnungen zu imitieren.
Die Ausstellung versammelt Blätter aus einschlägigen Mappenwerken nach Handzeichnungen der Zeit, darunter auch welche aus den 1734 postum erschienenen „Impostures innocentes“ des Radierers Bernard Picart. Anders als der Titel – etwa: „Unschuldige Betrügereien“ – vermuten lässt, zielte Picart jedoch nicht auf Täuschung. Vielmehr sollten Gemälde und Zeichnungen verschiedener Meisterinnen und Meister in der Reproduktion dem direkten Vergleich zugänglich gemacht werden. Auf diese Weise begründeten Mappenwerke wie die „Impostures innocentes“ oder der etwa zeitgleich entstandene, ungleich berühmtere „Recueil Crozat“ (1729) ein Publikationsformat, das dem Studium von Malerei und Zeichnung neue Wege ebnete. Die Ausstellung wirft somit auch Schlaglichter auf die Kunstkennerschaft des 18. Jahrhunderts und ruft einmal mehr in Erinnerung, wie sehr man lange Zeit auf Bilder angewiesen war, für die zwar unisono „Originaltreue“ in Anspruch genommen wurde, die jedoch ihre Vorlagen mitunter recht eigensinnig wiedergaben.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
Die Ausstellung war vom 15. Februar bis 31. März 2023 im Zentralinstitut für Kunstgeschichte zu erkunden und ist nun vom 9. Juni bis 17. August 2023 in der Universitätsbibliothek Trier während der Öffnungszeiten zu sehen. Der Eintritt ist frei.