Medien beeinflussen Wahrnehmung von Inflation

Medien beeinflussen, wie das Preisniveau eingeschätzt wird. Das wirkt sich wiederum auf wirtschaftliche Entscheidungen von Privathaushalten aus.

Wie das aktuelle Preisniveau und die Inflation eingeschätzt werden, hängt nicht zuletzt von den Medien ab. Indirekt beeinflussen unterschiedliche Medientypen, wie sinnvoll Leser oder Zuschauer ihre wirtschaftlichen Entscheidungen treffen. Zudem erschwert die Berichterstattung der Medien die Informationspolitik der Zentralbanken. Dieser Zusammenhang lässt sich aus einer Studie von Volkswirtschaftlern der Universität Trier und der Niederländischen Zentralbank ableiten.

Juniorprofessor Matthias Neuenkirch (Universität Trier) und David-Jan Jansen (Niederländische Zentralbank) haben untersucht, ob die Nutzung bestimmter Printmedien einen Effekt auf die Wahrnehmung des Preisniveaus in den Niederlanden hat. Aufgrund der Vergleichbarkeit von Mediensystemen und Gesellschaft vermutet Matthias Neuenkirch, dass sich die Ergebnisse auf Deutschland übertragen lassen.

Die beiden Forscher fanden heraus, dass Leser von Boulevardzeitungen und regionalen Zeitungen die Inflation ungenauer einschätzen. Der gleiche negative Effekt tritt auch bei Fernsehzuschauern auf. Dagegen nehmen Nutzer von qualitativ höherwertigen Zeitungen und der Finanzpresse die Inflation präziser wahr.

Ungünstige Entscheidungen

Neuenkirch und Jansen halten diese Ergebnisse aus zweierlei Hinsicht für sehr ernüchternd. In der Forschung sei anerkannt, dass ein besseres Verständnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen zu sinnvolleren wirtschaftlichen Entscheidungen führt, insbesondere im Hinblick auf die private Verschuldung. Im Umkehrschluss könnten falsche Einschätzungen von Preisniveau und Inflation dazu führen, dass Haushalte ungünstigere wirtschaftliche Entscheidungen treffen.

Zum anderen erschwert der teils negative Einfluss der Medien die Bemühungen von Zentralbanken, der breiten Öffentlichkeit die Absichten ihres Handelns zu vermitteln. So hat die Bank of England Ende des Jahres 2017 einen ersten Anlauf zu einer direkteren Kommunikation unternommen. Die britische Zentralbank versucht seitdem systematisch, leichter verständlich zu kommunizieren, so dass die Öffentlichkeit diese Informationen auch ohne die Hilfe des „Filters“ Medien verstehen kann.

Die von Neuenkirch und Jansen in der Studie ermittelten Effekte berücksichtigen Unterschiede in der Leserschaft der verschiedenen Typen von Zeitungen etwa in Bezug auf Bildung, Einkommen oder politische Einstellung. Die Untersuchung basiert auf eigens angepassten Umfragen im Dutch Household Survey für die Jahre 2014 bis 2017.

Die Studie mit dem Titel „Does the Media help the General Public in Understanding Inflation?“ ist im Oxford Bulletin of Economics and Statistics erschienen. Der Aufsatz kann hier abgerufen werden:  https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/obes.12252

Kontakt

Junior-Prof. Dr. Matthias Neuenkirch
Volkswirtschaftslehre
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