Flussfunde spielen im archäologischen Fachgebiet eine wichtige Rolle, sind aber bisher in ihrer Gesamtheit wenig erforscht: „Meist haben Archäologinnen und Archäologen die Geschichte einiger weniger und besonderer Stücke publiziert, aber die römerzeitlichen Flussfunde kaum als Gesamt-Phänomen im größeren Kontext untersucht“, erklärt das Team den Forschungsbedarf. Wie und warum die Gegenstände in die Mosel gelangten, ist dabei eine der Fragen, die auch Ferdinand Heimerls Team umtreibt: „Während Forschende in England bisher eher davon ausgegangen sind, dass die Objekte im Zusammenhang mit Ritualen oder kultischen Weihungen in die Gewässer gelangten, standen im deutschsprachigen Raum meist rationale Erklärungen wie gesunkenes Beutegut, Hochwasser, Müllentsorgung oder Hangerosionen im Vordergrund.“ In Deutschland und England bestehen unterschiedliche Forschungstraditionen, sowohl in den archäologischen Theorien als auch bei der Methodik. Mit dem internationalen Kooperationsprojekt sollen die Stärken der britischen und deutschsprachigen Ansätze zusammengeführt werden.
Die Trierer Flussfundkollektion
Mit zur Trierer Flussfundkollektion zählen Alltagsgegenstände aus der Römerzeit, wie Teile von Gürtelschnallen, Pferdegeschirr, Waagen, Schlüssel, Griffel, Schmuck oder Haarnadeln. Auch mittelalterliche, neuzeitliche oder moderne Funde, wie zum Beispiel eine Anstecknadel eines Trierer Karnevalsvereins, sortierte das Team um Heimerl aus den Kisten. Militärische Ausrüstungsgegenstände und unzählige bleierne Netzsenker sowie weitere Buntmetall-, Blei-, und Eisenreste liegen ebenfalls zahlreich vor. „Strömungen, Flussbettverlagerungen, Erosionsprozesse aber auch künstliche Einflüsse wie Baggerarbeiten für die Schifffahrtsrinne oder Baumaßnahmen am Ufer könnten Objekte im Fluss ebenfalls verlagert haben“, erklärt Ferdinand Heimerl.
Die Forschungsarbeit für das Trierer Team besteht zunächst daraus, die gefundenen Objekte zu bestimmen. Sind es römische Militaria, Werkzeuge, Abfälle oder doch moderne Metallreste? Dann vergleicht man die Art der Funde aus dem Gewässer mit Grabungsfunden an Land. So haben die Forschenden in Piercebridge signifikante Unterschiede bei den Münzen im Fluss und an Land gefunden. Dazu erklärt Ferdinand Heimerl: „Im Fluss Tees gibt es beispielsweise deutlich mehr Silbermünzen, kleine Bleimünzen und Miniatur-Objekte als an Land. Unsere englischen Kolleginnen und Kollegen haben daraus geschlossen, dass diese Gegenstände wohl aufgrund von Ritualen in den Fluss gelangten.“
Privatsammlungen und Puzzleteile
Viele Funde in der Mosel kamen durch Ausbaggerungen für die Schifffahrtsrinne oder durch Privatsammler bei Niedrigwasser zu Tage, weshalb es dazu oft keine genaue Dokumentation gibt. Eigentlich greift hier der länderspezifische Denkmalschutz. Allerdings trat das Gesetz in Rheinland-Pfalz erst nach dem sogenannten „Goldrausch von Trier“ 1978 in Kraft. Durch die Goldgräber-Stimmung sind viele der Objekte bis heute in Privatsammlungen und sorgen dafür, dass die Kollektion der Trierer Flussfunde einige Lücken aufweist. Hier ergibt sich ein weiteres Forschungsfeld. Interviews, Zeitzeugenberichte und Foto- sowie Video-Archivmaterial sollen den Forschenden Aufschluss über die Motive und Techniken der Privatsammlerinnen und -sammler geben. Das Forschungsteam der Universität zu Köln konzentriert sich darauf, die privaten Kollektionen als Stichproben des ursprünglichen Gesamtbestandes im Vergleich mit den Museumsbeständen zu untersuchen und dem zeitgeschichtlichen Phänomen des „Goldrausches“ nachzuspüren.