Besonderheiten digitaler Lehre
Ziel des Einsatzes digitaler Lehr-Lernformate
Beim Einsatz digitaler Lehre stellt sich zunächst die Frage nach dem Ziel, das man damit erreichen möchte. Grundsätzlich lassen sich unterscheiden:
- ein Problem beheben (Ersetzung)
- einen Prozess effizienter gestalten (Ersetzung)
- ein Vorgehen reichhaltiger gestalten (Erweiterung)
- ein neuartiges Konzept realisieren (Änderung/Neubelegung)
So erlauben es Onlineveranstaltungen, Personen zu erreichen, die nicht vor Ort sein können (Problem der Distanz wird gelöst). Elektronische Klausuren reduzieren den Korrekturaufwand (Effizienzsteigerung). Tools für Live Votings ermöglichen die Durchführung von Umfragen in Echtzeit (reichhaltigere Informationen als z. B. bei Rückmeldung durch Handsignale). Blended Learning Formate erlauben es, Lehrveranstaltungen neu zu konzipieren, indem Aneignungsphase und Vertiefungsphase neue Rollen zugewiesen werden (neue Unterrichtskonzeption). Ein häufig herangezogenes Modell, um den Einsatz digitaler Elemente zu beschreiben, ist das SAMR Modell von Puentedura.
Im Grunde Beschreibt das Modell den Einfluss, den der Einsatz von Technik auf unser Verhalten möglicherweise hat. Neben der leichteren oder effektiveren Ausübung von Verhaltensweisen, die auch ohne den Einsatz von Technik möglich sind (Ersetzung, Erweiterung), besteht auch das Potential, etwas gänzlich Neues zu realisieren (Änderung, Neubelegung).
E-Learning
Die Besonderheiten der Onlinelehre ergeben sich aus der räumlichen und oft auch zeitlichen Distanz. Ein Präsenzformat eins zu eins zu übertragen wird sehr wahrscheinlich zu keinem guten Ergebnis führen. Folgende Hinweise können als erste Orientierung dienen:
Grundlagen zur Konzeption von E-Learning Formaten
- Distanz überbrücken und Kommunikation ermöglichen sind Schlüssel zu erfolgreichem E-Learning.
- Asynchron vor synchron: ermöglicht Lernenden zeitliche Flexibilität und intensivere Auseinandersetzung mit den Inhalten; geringere Anfälligkeit für technische Probleme.
- Videos werden geschätzt: hohe Anschaulichkeit, Anpassen an Lerntempo und Komplexität der Inhalte (Pausieren; wiederholtes Ansehen; Abspielgeschwindigkeit einstellen).
- Klare Struktur: sowohl des gesamten Kurses als auch der einzelnen Einheiten; Bereitstellung der Inhalte zu festen Zeiten (Planbarkeit).
- Abwechslungsreiche Gestaltung: z. B. Videos ergänzt durch interaktive Übungsaufgaben oder Handout und wöchentliche Onlinesprechstunde.
- Aufgaben zur Lernerfolgskontrolle unterstützen das Verständnis und fördern nochmaliges Durcharbeiten des Stoffes.
- Anregung zu Austausch und Interaktion durch die Nutzung entsprechender Plattformen (Gruppenchat, Forum, Wiki, Etherpad).
Letztlich ist die Konzeption abhängig von den zu vermittelnden Inhalten, der Zusammensetzung und Anzahl der Teilnehmenden sowie den persönlichen Präferenzen und Fähigkeiten. Hier gilt also dasselbe wie in der Präsenzlehre. Zusätzlich müssen aber Kommunikationsmöglichkeiten geschaffen und die Studierenden gezielt aktiviert werden. Vieles von dem, was durch die Kopräsenz im Hörsaal oder Seminarraum unbewusst, spontan oder durch Gepflogenheiten unserer Wissenschaftskultur erfolgt, muss in der Onlinelehre aktiv, explizit und gezielt umgesetzt werden. Mit dem Ziel, Distanz zu überbrücken und Kommunikation zu ermöglichen sind Sie in der Konzeption von E-Learning Formaten in jedem Fall auf dem richtigen Weg.
Grundlagen zur technischen Umsetzung von E-Learning Formaten
- Mediendateien müssen nicht perfekt sein. Mit einem handelsüblichen Mobiltelefon oder einer Webcam, einem guten Mikrofon und passender Beleuchtung lassen sich bereits relativ hochwertige Produktionen durchführen.
- Die technische Umsetzung darf den Lernerfolg nicht behindern, etwa durch schlechte Audioqualität oder sehr lange, unstrukturierte Formate.
- Alle Informationen und Verlinkungen auf andere Plattformen (Zoom, Panopto, etc.) sollten gebündelt an einem Ort wie Stud.IP zu finden sein.
- Videos lieber kürzer: in der Regelnicht länger als 20 Minuten. Mehrere, nach Thema sortierte Videos mit klarer Kennzeichnung der Inhalte lassen sich einfacher erstellen und später leichter austauschen. Sie sind deutlich angenehmer zu rezipieren.
- Aufzeichnung von Live-Formaten und wenigstens zeitlich begrenzte Bereitstellung, um technische Probleme zu umgehen.
- Verwenden Sie plattformunabhängige Dateiformate wie PDF.
Das Wichtigste in Bezug auf die Medienqualität ist es, Nachteile beim Lernen zu vermeiden. Wenn Sie viele Monate Zeit haben, ein E-Learning Projekt zu planen und umzusetzen, dann lohnt es sich auch, eine hochwertige Medienqualität anzustreben. Hierfür stehen die Universitätsvideoabteilung und das Medienzentrum Sprachen zur Verfügung. Bei weniger Zeit oder kleineren Einheiten lassen sich auch im eigenen Büro Produkte mit ausreichender Qualität erstellen. Die Medien müssen nicht perfekt sein, schließlich sind die zu vermittelnden Inhalte und der Lernerfolg der Studierenden die oberste Priorität. Es darf durch die Qualität aber kein Nachteil beim Lernen entstehen. Ziel ist es also, unnötigen „cognitive load“ zu vermeiden.
Checkliste für E-Learning Formate
Sie haben bereits ein Konzept für eine Onlineveranstaltung? Mit dieser Checkliste können Sie es auf Vollständigkeit überprüfen.
Blended Learning
Blended Learning erlaubt es, die Vorteile von Präsenzlehre und Onlinelernen zu nutzen und gleichzeitig die meisten Nachteile zu umgehen. Welche Anteile in Präsenz abgehalten werden und wieviel online stattfindet, lässt sich flexibel wählen. So könnte beispielsweise der Großteil online abgehandelt werden, jedoch die Einführungsveranstaltung und die Prüfung in Präsenz stattfinden. Umgekehrt ließe sich eine Präsenzveranstaltung um ein oder zwei Onlineeinheiten zu spezifischen Themen ergänzen. Wird beides in etwa in der gleichen Größenordnung angeboten, spricht man von „flipped“ oder „inverted classroom“. Hier können die Studierenden sich flexibel in Online-Lerneinheiten Wissen aneignen, was dann gemeinsam in einer Präsenzveranstaltung besprochen und diskutiert wird.