Mit zufriedenen Mitarbeitern dem Fachkräftemangel vorbeugen

Wirtschaftspsychologen der Universität Trier haben ein Instrument entwickelt, das in rheinland-pfälzischen Handwerksbetrieben getestet wird - mit guten Erfahrungen.

Julian Kröschel (links), Elektromeister und Geschäftsführer der Elektro Kröschel GmbH in Trier, im Gespräch mit Mitarbeiter Pascal Behnke unter Mithilfe von „MotivSORT“.

250.000 Stellen sind im Handwerk nach einer Einschätzung des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks deutschlandweit unbesetzt. Angesichts dieses Fachkräftemangels ist es umso wichtiger, Mitarbeiter im Unternehmen zu halten. Wirtschaftspsychologen der Universität Trier haben hierzu ein praxistaugliches Instrument entwickelt, das die Zufriedenheit von Mitarbeitern ermittelt. Derzeit läuft in Betrieben aller vier rheinland-pfälzischen Handwerkskammern (HWK) ein Praxistest. Die Erfahrungen sind vielversprechend.

Mithilfe von „MotivSORT“, so der Projekttitel, lassen sich Mitarbeitergespräche einfach strukturieren. Die zentrale Frage, die dabei geklärt werden soll: Was ist dem Mitarbeiter in seinem Beruf wichtig? Schließlich sind die Zufriedenheit und die Erfüllung seiner beruflichen Erwartungen maßgeblich für die Bindung an das Unternehmen - oder eben auch für Kündigungsabsichten. „Am Ende des Gesprächs lässt sich ablesen, wie die Motive des Mitarbeiters und die Gegebenheiten im Betrieb zusammenpassen“, erklärt Christian Jaster. Er hat MotivSORT in seiner Masterarbeit an der Universität Trier bei Prof. Dr. Thomas Ellwart entwickelt und dafür den Ökonomiepreis der HWK Trier erhalten.

Gespräch als Wertschätzung

Schon das Gespräch selbst stellt für den Mitarbeiter eine Wertschätzung dar. Der Führungskraft wird damit eine Grundlage bereitgestellt um zu prüfen, ob und wo Diskrepanzen zwischen Mitarbeiter-Erwartungen und Betriebsalltag ausgeglichen werden können. Welche konkreten Maßnahmen in der Firma zu ergreifen sind, überlässt Jaster den Führungskräften. „Generelle Empfehlungen auszusprechen, ist schwierig. Die Umsetzungsmöglichkeiten sind in den Betrieben sehr unterschiedlich. Häufig haben die Betroffenen aber schnell eine Lösung parat. In vielen Fällen helfen bereits einfache Mittel.“

Die Sorge, dass die Gespräche stets in höhere Lohnforderungen münden, kann Christian Jaster den Chefs ebenfalls nehmen. „Das Thema Verdienst rangierte bei bisherigen Befragungen eher im mittleren Bereich. Sehr wichtig ist den Mitarbeitern hingegen eine hohe Kollegialität sowie regelmäßiges Feedback durch die Vorgesetzten.“

Prioritäten nennen

Zur Gestaltung der rund 15- bis 20-minütigen Gespräche haben die Trierer Wissenschaftler eine Box entwickelt. Auf den darin enthaltenen Karten sind berufliche Motive wie Arbeitsweg, familiäre Atmosphäre oder abwechslungsreiche Tätigkeit gedruckt. Indem sie diese Karten auf einer Vorlage an unterschiedlichen Stellen platzieren, legen die Mitarbeiter fest, wie wichtig ihnen der jeweilige Aspekt ist.

Zusätzlich markieren sie mit einem Kreuz auf den Karten, in welchem Umfang der Punkt im eigenen Betrieb erfüllt ist. Die Auswertung spiegelt den Chefs wider, wie ihr Unternehmen gesehen und wahrgenommen wird. Diese Informationen könnten auch bei der Personalgewinnung eingesetzt werden, etwa um zu prüfen, ob die Erwartungen eines Bewerbers zur Unternehmensstruktur und -kultur passen.

„MotivSORT“ kann in großen und kleinen Betrieben gleichermaßen eingesetzt werden. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass es Hemmschwellen für einen Austausch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter abbaut. In einem Kooperationsprojekt mit den vier Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz wenden HWK-Betriebsberater MotivSORT derzeit in Unternehmen an.

Was ist einem Mitarbeiter am wichtigsten, was ist ihm unwichtig? Auf dem „MotivSORT“-Plan kann ein Mitarbeiter bestimmte Begriffe seiner Arbeitsumgebung diesen Kategorien zuordnen. Dieses beliebige zusammengestellte Beispiel steht nicht in Zusammenhang mit dem beigefügten Foto des Mitarbeitergesprächs.

 

„Wir stehen zwar noch am Anfang, aber bisher war jeder Inhaber sehr daran interessiert, `MotivSORT´ in den Mitarbeitergesprächen anzuwenden. Auch die ersten Erfahrungen auf Seiten der Mitarbeiter waren sehr positiv“, gibt HWK-Betriebsberaterin Claudia Steil ein erstes Feedback der Einführungsphase. Die dabei gesammelten Erfahrungen und Daten werden wissenschaftlich ausgewertet und dienen auch der Weiterentwicklung des Werkzeugs. Die im Handwerk gewonnen Erkenntnisse könnten in einer späteren Phase auch anderen Branchen zugutekommen.

„In Zeiten von Fachkräftemangel ist es genau das richtige Instrument, in wirklich engem Kontakt mit dem Mitarbeiter zu sein und auf die Bedürfnislage adäquat reagieren zu können. Auch der Einstieg über das Karten legen und nicht über einen Dialog ist ein Vorteil von `MotivSORT´“, ist Claudia Steil bereits jetzt von dem Instrument überzeugt.

Das Projekt „MotivSORT“ wurde in der Abteilung Wirtschaftspsychologie der Universität Trier entwickelt. Es wird von der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz und dem Wirtschaftsministerium im Programm „Handwerk attraktiv“ gefördert.

► Mehr Infos zum Projekt

Kontakt

Christian Jaster
Wirtschaftspsychologie
Mail: jasteruni-trierde
Tel.: +49 (0)651 201-2606