Und es gibt sie doch noch

Studierende haben eine verschollene Heuschrecken-Art auf Gran Canaria wiederentdeckt. Wie es zur ersten Sichtung der Tüpfelschrecke nach mehr als 50 Jahren kam.

Heuschrecke ausgestorben, aber nun Wiederentdeckt
Bis vergangene Woche galt die Tüpfelschrecke (Evergoderes cabrerai) als ausgestorben.

Es war gerade dunkel geworden auf Gran Canaria. Die Heuschrecken hatten ihr Zirp-Konzert angefangen. Drei Personen hörten ganz genau hin: Lisa Mahla, Lukas Knob und Jann Kolmsee. Und dann war da auf einmal ein Heuschrecken-Gesang, den die Studierenden der Umweltbiowissenschaften nicht kannten. Mit ihren Taschenlampen liefen sie querfeldein durch die Graslandschaft und kletterten schließlich einen Hang hoch. Dort saß auf einem Grashalm das langbeinige Insekt mit dem besonders geformten Halsschild, nach dem sie fast zwei Monate gesucht hatten.

„Wir hätten nicht gedacht, dass wir noch in der letzten Woche unserer Feldforschung fündig werden“, sagt Lukas Knob. Seit mehr als 50 Jahren hatte niemand mehr ein lebendes Exemplar der Tüpfelschrecke Evergoderes cabrerai gesehen. Die Heuschrecken-Art, die nur auf der kanarischen Insel Gran Canaria vorkommt, galt daher laut der Roten Liste auch als „vermutlich ausgestorben“ – eine Klassifikation, die nach der Entdeckung der Trierer Studierenden nun geändert werden muss.

„Jede Art, die ausstirbt, ist ein Verlust für die biologische Vielfalt.“ (Prof. Dr. Axel Hochkirch)

„Ich bin sehr gespannt darauf, von den Studierenden nach ihrer Rückkehr mehr über den Fund zu erfahren“, sagt Axel Hochkirch. Die Freude ist dem Professor für Biogeographie an der Universität Trier deutlich anzumerken. „Jede Art, die ausstirbt, ist ein Verlust für die biologische Vielfalt.“

Lukas Knob, Lisa Mahla und Jann Kolmsee
In der letzten Woche ihres Praktikums fanden die Trierer Studierenden Lukas Knob, Lisa Mahla und Jann Kolmsee (v. l.) die Heuschrecken-Art, die seit mehr als 50 Jahren niemand mehr gesehen hatte.

Für die Studierenden ist es ein toller Abschluss ihres Erasmus-Praktikums am spanischen Instituto de Productos Naturales y Agrobiología. Während manch einem das Zirpen gewisser Heuschrecken-Arten beim Einschlafen eher auf die Nerven geht, faszinieren sie Lukas Knob: „Mir hat das Forschen in der Natur viel Spaß gemacht.“

Heuschrecken aufgeschreckt

Da die Tüpfelschrecke so lange nicht gesichtet wurde, lag die Vermutung nahe, sie könnte nachtaktiv sein – sollte es sie überhaupt noch geben. Die Studierenden hatten sich von anderen Forschern bereitgestellte Audioaufnahmen von Heuschrecken-Gesängen eingeprägt und waren durch das Gebüsch gelaufen, um die Heuschrecken aufzuschrecken. „Vom Wort Schrecken [= Springen] stammt auch der Name des Insekts“, erklärt Professor Axel Hochkirch.

Das von den Studierenden gefundene Exemplar ist im Übrigen ein Weibchen. Da nur die Männchen singen, muss es irgendwo zumindest ein männliches Exemplar der Art geben. „Wir werden den Fund den örtlichen Naturschutz-Behörden melden, um zu vermeiden, dass die vermutlich trotzdem sehr seltene Art durch Unwissenheit über ihr Vorkommen doch noch ausstirbt“, so Hochkirch, „die Bedingungen, die die Art braucht, müssen soweit möglich erhalten werden.“

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Kontakt

Prof. Dr. Axel Hochkirch
Biogeographie
E-Mail: hochkirchuni-trierde
Tel.: 0651 201-4692