Hunderttausende Aufnahmen von fernen Galaxien hat das Radioteleskop MWA (Murchison Widefield Array) in der australischen Wüste bisher aufgenommen. Von den Aufnahmen erhoffen sich die Wissenschaftler unter anderem mehr Erkenntnisse über den Urknall und die Entstehung von Leben auf fremden Planeten. Doch für die Forscher heißt die Menge an Daten auch mühselige Auswertungsarbeit. Denn einige der aufgenommenen Fotos sind unbrauchbar. Durch elektromagnetische Funkstörungen, die beispielsweise durch Radio-Frequenzen oder die Kommunikation in der Luftfahrt auftreten, ist ein Teil der Aufnahmen mit Linien durchzogen. Man kann schlichtweg nicht wirklich etwas auf ihnen erkennen. Die Trierer Studentin Tabea Rettelbach hat hier einen großen Fortschritt erreicht.
„Die verwendbaren Fotos herauszufiltern, war für die Astrophysiker Strafarbeit. Die Projektleiterin Dr. Natasha Hurley-Walker saß stundenlang am Schreibtisch und hat Foto um Foto durchgesehen“, erzählt Tabea Rettelbach. Umso größer war die Freude, als die Studentin der Universität Trier vor einem knappen Jahr nach Perth (Australien) ans International Centre for Radio Astronomy Research kam. Für ihre Masterarbeit wollte sie ein neuronales Netzwerk – quasi eine künstliche Intelligenz entwickeln – das den Wissenschaftlern diese Arbeit abnimmt. „Jetzt fast am Ende meines Aufenthalts in Australien kann ich sagen, dass ich erfolgreich war“, berichtet die Master-Studentin der Geoinformatik nicht ohne einen Hauch von Stolz in ihrer Stimme. 20 Sekunden pro Bild haben die Wissenschaftler bisher gebraucht, um ein Foto manuell auf seine Nutzbarkeit zu begutachten. Tabea Rettelbachs Programm schafft es in 0,2 Sekunden.
In Zukunft wird ihr selbstlernendes Programm noch hilfreicher sein, nämlich dann, wenn demnächst das SKA Teleskop noch mehr Fotos vom Weltraum liefern wird. Es wird dann das größte Radioteleskop der Welt sein und sowohl in Südafrika als auch in Australien stehen. Das Programm von Tabea Rettelbach wird auch für die Analyse der Bilder von SKA anwendbar sein.
„Eine Herausforderung für mich bei der Entwicklung des neuronalen Netzwerks war, dass es die Bilder nicht auswendig lernt, sondern tatsächlich nach Kriterien, die es selbst lernt, entscheidet, welche verwendbar sind und welche nicht“, sagt Tabea Rettelbach. Knapp 30.000 Fotos, die im Rahmen des astronomischen Projekts GLEAM aufgenommen wurden, standen ihr zur Verfügung, um ihr Netz zu testen.
In ihrem Studium an der Universität Trier hatte sie zuvor wenig Schnittpunkte mit Astronomie, lediglich ein populärwissenschaftliches Interesse hatte sie schon immer dafür. „Für mich sind die Bilder des Radioteleskops nur weiße Pixel auf schwarzem Grund. Aber es ist sehr spannend, an etwas Größerem mitzuarbeiten.“ Erst zusammengesetzt und bearbeitet entstehen aus den Aufnahmen faszinierend farbgewaltige Fotos des Weltalls.
Aus persönlichen Gründen hatte Tabea Rettelbach gezielt nach einer Möglichkeit gesucht, ihre Masterarbeit in Australien zu schreiben. Von der Universität Trier und speziell ihrem Betreuer Prof. Dr. Thomas Udelhoven und Studienberater Dr. Johannes Stoffels hat sie, wie sie sagt, bei ihrem Vorhaben viel Unterstützung erhalten.
Und wie geht es bei Tabea Rettelbach weiter? „Ich würde sehr gerne beruflich weiter in der Weltraum-Forschung arbeiten.“ Entsprechende Bewerbungen schreibt sie gerade.