Das Unwort durch das Kameraobjektiv betrachtet

In einer Ausstellung wird der in Sprache sich äußernde zynische Umgang mit gesellschaftlichen und politischen Themen interpretiert.

Eine der Fotoarbeiten zum Unwort des Jahres 2021 „Pushback“, gestaltet von Stefan Daub, die in Trier zu sehen sein werden.

Sprache ist ein mächtiges Werkzeug, das auch verletzend oder diskriminierend wirken und in die Irre führen kann. Für diese Folgen des Sprachgebrauchs sensibilisiert die Initiative „Unwort des Jahres“, indem sie jedes Jahr einen besonders kritikwürdigen sprachlichen Ausdruck kürt. Daraus entstanden ist eine weitere Aktion, in der es sich neun Fotografinnen und Fotografen aus Darmstadt zur Aufgabe machen, das jeweilige „Unwort des Jahres“ fotografisch umzusetzen. Die Ausstellung „Pushback - Unwort des Jahres 2021“ wurde nun auf dem Konstantinplatz vor der Basilika in Trier eröffnet. Sie ist dort bis zum 30. November 2022 installiert.

Mitveranstalter der Ausstellung ist die Universität Trier, deren Präsident Prof. Dr. Michael Jäckel sich zur Eröffnung mit der Verbindung von Sprache und künstlerischen Ausdrucksformen auseinandersetzte. „In einem bekannten Roman findet sich sinngemäß der Satz: `Wenn Du es nicht sagen kannst, dann tanze es.´ In der Ausstellung verbünden sich nun Sprache und Bild. Mal sehen, welche `Unwort´-Lesarten nun aufeinandertreffen. Der Ort der Ausstellung ist schon einmal gut gewählt.“

Weiteres Element

Dem schließt sich der Trierer Kulturdezernent Markus Nöhl gerne an. „Trier ist eine Kulturstadt. Wir vereinen zeitgenössische Künste mit Weltkulturerbe. Die Foto-Ausstellung ‚Pushback‘ ist ein weiteres Element hier. Kunst und Kultur sind inmitten unserer Stadt erfahrbar. Beeindruckende Fotografien vor der Konstantinbasilika konfrontieren uns, regen uns zum Verweilen, Nachdenken, aber auch Genießen an. Auch bringen wir mit der Ausstellung die Arbeit der Universität ins Herz der Stadt und machen damit auch die Universitätsstadt Trier erfahrbar.“

Zur Universität Trier hat die Aktion „Unwort des Jahres“ eine besondere Verbindung. 16 Jahre lang war Linguistik-Professor Martin Wengeler Mitglied der Jury. Seinen Sitz in dem Auswahlgremium hat inzwischen sein Fachkollege und früherer Mitarbeiter der Universität Trier, Prof. Dr. David Römer, übernommen. Die Jury aus Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftlern sowie Medienleuten kürt das „Unwort des Jahres“ nunmehr seit über 30 Jahren. Damit soll exemplarisch auf problematische Wörter verwiesen werden, die zum Beispiel gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder Sachverhalte verschleiern. So wurden etwa vor zwei Jahren „Corona-Diktatur“, 2019 „Klimahysterie“ und schon 2013 „Sozialtourismus“ gewählt.

Verharmlosend ausgedrückt

„Im letzten Jahr wurde `Pushback´ zum Unwort des Jahres gekürt. Die illegale Praxis, Flüchtende an Europas Grenzen auf dem Meer und an Land mit Gewalt zurückzudrängen, wird damit verharmlosend ausgedrückt. `Deportation´ wäre eine Alternative, die das Unmenschliche und Unrechtmäßige dieser Praxis eher hervortreten lässt“, erläutert Prof. Dr. Martin Wengeler die Gründe für die Auswahl dieses Begriffs.

Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Jäckel
Markus Nöhl, Kulturdezernent der Stadt Trier
Prof. Dr. Martin Wengeler, Universität Trier, Germanistik
Andreas Zierhut, Fotograf
(von links) Markus Nöhl, Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Jäckel, Prof. Dr. Martin Wengeler, Andreas Zierhut und Albrecht Haag (Fotograf)

Als beteiligter Fotograf und Vertreter des Unwort Bilder e.V. hofft Andreas Zierhut auf eine lebhafte Resonanz in Trier: „Immer spiegeln die Unworte einen zynischen Umgang mit aktuellen gesellschaftlichen und politischen Themen. Diese nehmen wir als Aufgabe an. Wir suchen, jede und jeder für sich, eine Position dazu, setzen sie fotografisch um und nehmen damit an eben diesem Diskurs teil. Indem wir das öffentlich tun, hoffen wir – und erleben das auch immer wieder – dass unsere neun Statements auch in der Breite zur Reflexion anregen. Wir freuen uns, wenn es gelingt, nicht nur Bilder, sondern ebenfalls den Diskurs auf den Konstantinplatz und in die Stadt Trier zu tragen.“

Ihre persönliche Auseinandersetzung und ihre subjektiven Ansichten zu der mit dem Unwort verbundenen Thematik drücken die neun beteiligten Fotografinnen und Fotografen jeweils in einem Bild-Paar aus. Die daraus entstandenen 18 Fotoarbeiten der Ausstellung „Fotografische Ansichten zum Unwort des Jahres `Pushback´“ sind bis zum 30. November 2022 auf dem Konstantinplatz zu sehen und jederzeit zugänglich.

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