Was waren Ihre ersten Erfahrungen mit ChatGPT?
Wie vermutlich viele Nutzerinnen und Nutzer waren wir im Team zunächst fasziniert von den Möglichkeiten, die ChatGPT eröffnete. Viele Vorschläge für die Gliederung von Hausarbeiten, Definitionen für bestimmte Fachbegriffe oder Ideen für Forschungsvorhaben waren gar nicht schlecht. Blamabel schien es für uns zu werden, als ChatGPT einschlägige Quellenangaben von Kolleginnen und Kollegen benannte, die wir bei unseren Recherchen bisher offenbar übersehen hatten. Dass diese die KI frei erfunden hatte, zeigte sich dann allerdings schnell. Für die Suche nach Wahrheit, der sich Wissenschaft verpflichtet fühlt, ist ChatGPT damit nur begrenzt geeignet.
Ist ChatGPT Fluch oder Segen?
Diese Frage erscheint mir zu fatalistisch. ChatGPT birgt vielfältige Möglichkeiten, unser Leben zu verbessern. Es kann aber auch zu einer erheblichen Gefahr für die demokratische Gesellschaft werden, wenn es beispielsweise als Motor für Fake News den demokratischen Diskurs untergräbt oder soziale Ungleichheiten vergrößert. Es kommt daher entscheidend darauf an, neben den technischen Möglichkeiten auch die gesellschaftlichen Herausforderungen, die Macht- und Kapitalkonzentration, die mit der digitalen Transformation bisher einhergeht, Diskriminierungsrisiken von Algorithmen oder Fragen der demokratischen Kontrolle und Gestaltung in den Blick zu nehmen. Letztlich liegt es an uns, was wir aus ChatGPT machen.
Wie wird ChatGPT Studium und Lehre an der Universität Trier verändern?
Wir sind noch in einem Experimentierstadium. Künstliche Intelligenz stellt die Frage nach dem sozial geteilten Wissen neu. Sie verändert Arbeitswelt und Forschungsmethoden und wird entsprechend auch die hierfür notwendigen Kompetenzen, die wir im Studium fördern, und die curricularen Inhalte verändern. Aber auch für die methodische Gestaltung der universitären Lehre und das Prüfungswesen birgt ChatGPT vielfältige Chancen und Herausforderungen. ChatGPT ermöglicht uns beispielsweise, neue individualisierte Lernprozesse oder simulative Lernsettings zu gestalten. Zugleich werden wir Studienleistungen und Prüfungsformate wie Hausarbeiten überdenken müssen, um eine chancengerechte Bewertung sicherzustellen.
Haben Sie ein Beispiel aus der Lehre, wo ChatGPT bereits zum Einsatz kommt?
Ich nehme wahr, dass Kolleginnen und Kollegen ChatGPT auf vielfältige und kreative Weise in ihren Lehrveranstaltungen einsetzen und mit der neuen Technik kritisch reflexiv experimentieren. Beispielsweise gibt es Versuche, ChatGPT für die Unterrichtsplanung einzusetzen, um damit Lehrkräfte zu unterstützen, bestimmte didaktische Qualitätsstandards besser umzusetzen. Es gibt erste Erprobungen, mit ChatGPT Gesprächssimulationen und Rollenspiele zu gestalten, in denen Studierende spezifische fachliche Kommunikationssituationen üben können und durch die KI individuelle Feedbacks erhalten. Zugleich analysieren Kolleginnen und Kollegen in ihren Seminaren die Eignung des Chatbots für bestimmte Forschungsvorhaben, beispielsweise in der Datenanalyse.